Harka der Sohn des Haeuptlings
zogen sich alle bis auf Untschida zurück. Mattotaupa kam herein, und seine Mutter briet ihm den zweiten, den kleinen Fisch, den er schnell verspeiste.
Es war bei den Dakota nicht Sitte, die Kinder ins Bett zu schicken. Sie mußten mit Sonnenaufgang aufstehen; auf diese Weise wurden sie von selbst müde genug, um abends in die Decken zu kriechen. So war es auch heute. Die Frauen und Kinder suchten ihre Schlafstätte auf.
Harka sorgte dafür, daß am Eingang ein Schlitz blieb, durch den er noch auf ein Stück mondbeschienenen Wiesenboden und bis zum nächsten Zelt auslugen konnte. Hinter dem Zelt rauschte der Fluß dahin. Die Späher hatten den fremden Mann, von dessen Spur Tschetan berichtet hatte, immer noch nicht ins Lager gebracht.
Mattotaupa verließ sein Tipi wieder, und Harka sah ihn noch eine Minute lang draußen stehen. Der Häuptling stand ruhig, als warte er auf irgend jemand, mit dem er verabredet war. Er hatte das Gewicht auf den rechten Fuß gelagert; das linke Bein mochte ihm noch von dem Messerstich schmerzen, den er aus dem Kampf davongetragen hatte. Er hatte außer den Gamaschenhosen auch den ledernen Rock angelegt, also erwartete er keinen Kampf. In den Kampf zogen die Männer immer mit nacktem Oberkörper. Im Nacken hingen die Adlerfedern, die mit ihrem Kiel an der um den Kopf gelegten Schlangenhaut befestigt waren. Harka schaute nach dem Vater. Wie groß und stark er war! Größer als die anderen Männer, die doch alle lang gewachsen waren; kaum einer maß weniger als 1,90 Meter. Die Schultern des Häuptlings waren etwas breiter, seine Arme, das wußte Harka, geübter und muskulöser als die der meisten Krieger. Es fand sich nicht so leicht ein Mann, der Mattotaupa im Kampf übertreffen konnte, denn der Häuptling zielte auch sicher mit dem Pfeil und warf den Speer mit Kraft. Der Häuptling der Pani und dessen Krieger waren ihm unterlegen. Harka liebte seinen Vater und war sehr stolz auf ihn. Er vergaß die Atemzüge Schonkas und Scheschokas hinten im Zelt und schlief ein. Er wollte schlafen, um mit frischen Kräften zu erwachen, wenn die Kundschafter den fremden Mann, den Besitzer der seltsamen Muscheln, endlich bringen würden. Harka schlief fest.
Als er gewohnheitsgemäß mit der Morgendämmerung wach wurde, war der Häuptling noch nicht ins Zelt zurückgekehrt. Harka huschte sofort aus dem Tipi und lief zu den Mustangs, um sich zu unterrichten, wer von den Männern noch zu Pferde unterwegs war. Dabei traf er wie erwartet Tschetan, der bei seinem Pferd geschlafen zu haben schien. Die beiden begrüßten sich, schauten sich in der Morgenstille um und beobachteten den Wachenwechsel.
»Du dachtest«, sagte Harka dann, »daß unsere Späher den fremden Krieger noch zur Nacht zu unseren Zelten bringen. Das haben sie aber nicht getan.«
Tschetan zuckte ein wenig mit den Mundwinkeln. »Sie haben es nicht getan. Weil sie es nicht konnten.«
»Wer hat sie daran gehindert?«
»Du fragst aber klug. Wer soll sie wohl daran hindern?«
»Die Pani?«
»Niemand anders. Sie haben uns den fremden Mann weggefangen.«
»Haben unsere Männer es gesehen?«
»Die Fährten haben sie gesehen.«
»Und jetzt?«
»Eine Bande Pani lagert südwärts von hier. Ohne Frauen und Kinder. Sie tanzen den Büffeltanz. Wir werden auch den Büffeltanz tanzen.« Tschetan räusperte sich.
»Und wenn die Büffel kommen?«
»Werden wir mit den Pani um das Jagdrecht kämpfen.«
»Hau.«
Mit dem Morgen, an dem Harka und Tschetan dieses Gesprach geführt hatten, begann eine Reihe von harten Tagen für die Bärenbande. Ein Teil der Männer war abwechselnd im Spähdienst, die anderen rief Hawandschita nacheinander zum »Büffeltanz«, der die Büffelherden beschwören sollte, ihren Weg in diese Gegenden einzuschlagen.
Die jeweils als Tänzer Bestimmten versammelten sich auf dem Platz vor dem Häuptlings- und dem Zauberzelt, sie trugen den Schmuck erbeuteter Büffelhörner und bewegten sich stampfend im Kreis, während sie unaufhörlich sangen:
»Guter Geist, gib uns Büffel, Büffel, Büffel
Büffel, Büffel, Büffel gib uns, guter Geist!«
Der Tanz war anstrengend. Der monotone, immer gleichmäßige Gesang drang in das Hirn der Zuhörer ein, so daß sie nichts anderes denken konnten als »Büffel, Büffel, Büffel!«, und die hungrigen Mägen knurrten dieselbe Melodie. Die Luft rings schien »Büffel« zu schreien, und der Fluß schien dasselbe Lied zu rauschen.
So setzte sich das einen Tag fort, eine Nacht und
Weitere Kostenlose Bücher