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Harka der Sohn des Haeuptlings

Harka der Sohn des Haeuptlings

Titel: Harka der Sohn des Haeuptlings Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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dieser rätselvollen Fährte wegen haben wir haltgemacht?«
    »Ja.«
    »So ist es also.«
    Da Tschetan das Gespräch als beendet zu betrachten schien, erhob sich Harka. Er beschloß auf die erhaltene Nachricht hin, sich bis zum Abend nicht mehr im Zelt sehen zu lassen, sondern sich anderweitig zu beschäftigen, bis der Fremde eingefangen und ins Dorf gebracht war.
    Bis zum Einbruch der Dunkelheit waren es noch etwa sechs Stunden. Harka rief die Jungen Hunde zusammen und ließ sich mit ihnen am Flußufer im Kreis nieder. Als die braunhäutigen Jungen alle Platz genommen hatten, gab Harka bekannt, daß sie beraten sollten, was in den verbleibenden Stunden des Tages noch getan werden könne. Die Lust zu spielen war nicht mehr groß. Die Jungen waren hungrig, manche waren vom Hunger müde, und einige hatten im Kampf ihre Väter oder Brüder verloren. Harka machte den Vorschlag, Fische zu fangen, und dem stimmten alle zu. Angeln herzustellen, war nicht schwierig, denn am Fluß wuchs genug Weidengesträuch, aus dem die Jungen mit ihren Messern lange Gerten herausschnitten; da die Ufer überschwemmt waren, mußten sie dazu ins Wasser waten. Drei liefen zur Pferdeherde und holten von den Mustangs, die die längsten Schweife hatten, lange Haare, die zu Angelschnüren aneinandergeknüpft wurden. Zehn Jungen suchten Köder, Insekten und Würmer. Als diese Vorbereitungen getroffen waren, wurden von Harka und seinen beiden »Unterhäuptlingen« die Angelplätze ausgewählt und besetzt.
    Für die nächsten Stunden wurden die Jungen Hunde zu ernsthaften, schweigenden Fischern, die die Angeln geschickt schwangen und die Köder über das Wasser streichen ließen. Hin und wieder sprang und schnappte ein Fisch. Die Krieger und Frauen, die es beobachteten, lächelten beifällig.
    Als die Sonne hinter der fernen Bergkette versank und der Abendwind über den Fluß und die Wiesen strich, wurde es schnell kalt und dunkel. Harka rief seine Schar mit einem Pfiff zusammen. Die jungen Angler kamen und brachten die Ausbeute. Die Fische wurden auf einen Haufen zusammengeworfen, große und kleine. Es waren nicht sehr viel, aber für die kurze Zeit, die die Jungen auf Fang gewesen waren, auch nicht zuwenig. Kleine Beute gehörte üblicherweise dem, der sie gemacht hatte, aber da die Nahrung so knapp war, betrachteten die Jungen es als selbstverständlich, daß der Häuptling auch über die Verteilung der Fische entscheiden sollte. Harka machte sich auf, um den Vater zu suchen. Als er zu den Zelten kam, erblickte er ihn schon. Mattotaupa, der selbst auf Kundschaft gegangen war, war eben zurückgekommen und hatte die Waffen im Zelt abgelegt, ein Zeichen, daß keinerlei unmittelbare Gefahr drohte. Er befand sich jetzt vom Zelt aus auf dem Weg irgendwohin, jedenfalls in Richtung des Flusses, und vielleicht hatte er die Absicht, nach den jugendlichen Fischern Ausschau zu halten. Als Harka ihm mit wenigen Worten berichtete, kam er gleich mit, um den Haufen Fische zu besehen. Er überlegte, wahrscheinlich rechnete er, ob jedes Zelt etwas bekommen könne, und da dies der Fall war, ordnete er an, daß die Beute gleichmäßig verteilt werden sollte. Die Jungen waren stolz, daß ihr Fang wichtig genug genommen wurde, um ausgeteilt zu werden wie sonst nur die Beute einer großen Büffeljagd.
    Harka kam mit zwei Fischen ins väterliche Zelt. Er bemerkte dabei, daß sich einiges verändert hatte. Der Boden war doppelt mit Decken belegt, und es standen mehr Schüsseln als bisher aufgestapelt im Hintergrund. In der Zeltmitte leuchtete rötliche Glut, von Asche sorgfältig gedeckt. Der Dreifuß von Harkas Schlafgestell stand links am Eingang, da, wo er ihn selbst hingerückt hatte. Er stellte das mit Befriedigung fest und ließ die leisen Geräusche im Zelt nun an sein Ohr dringen: das Geflüster zwischen Uinonah und Harpstennah und zwischen Untschida und Scheschoka. Untschida verstummte und kam an die Feuerstelle, um sich von Harka die beiden Fische aushändigen zu lassen. Sie ging damit hinaus und putzte sie, und die Hunde stritten sich um das kärgliche Gedärm. Dann briet die Großmutter den größeren Fisch am Spieß, und als es im Zelt nach gebratenem Fisch zu duften begann, kam auch Schonka herein. Die beiden Frauen, das Mädchen und die drei Jungen setzten sich um das Feuer, und jeder bekam ein Stück Fisch und einige Beeren, die Untschida und Scheschoka aus ihren Vorräten zusammengeworfen hatten. Als abgegessen und alles sauber beiseite geräumt war,

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