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Harka der Sohn des Haeuptlings

Harka der Sohn des Haeuptlings

Titel: Harka der Sohn des Haeuptlings Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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Junge!« fuhr Harka fort. »Er ist zu uns entflohen und hat uns von seinem Vater berichtet. Die Krieger der Bärenbande werden den Vater Kraushaars befreien!«
    »Hau, hau, hau!« riefen die Jungen rings in der Runde.
    Dann fragte einer: »Kann Kraushaar schwimmen?«
    »Selbstverständlich!« antwortete Harka, obgleich er es nicht wissen konnte. Aber es war für ihn unvorstellbar, daß ein Junge nicht schwimmen konnte. Er winkte Kraushaar, ihm zu folgen, sprang ins Wasser und kraulte flußaufwärts. Kraushaar sprang sofort hinterher und schwamm Harka nach. Doch er kraulte nicht, sondern machte ganz andere Schwimmbewegungen, wie sie die Jungen noch nie gesehen hatten. Erstaunt schauten sie zu.
    »Wie ein Frosch, wie ein Frosch schwimmt er!«
    »Aber schaut, er kommt schnell vorwärts!« »Laßt uns versuchen, ob wir auch so schwimmen können.«
    Die Jungen hatten ihren Spaß. Es wollte ihnen nicht gleich gelingen, auf die neue Art im Fluß voranzukommen. Einige gerieten mit der Nase ins Wasser, spuckten und lachten. Andere machten absichtlich komische Bewegungen und tauchten dann, als ob sie ersaufen müßten. Alle waren sehr vergnügt.
    Harka hatte eine seichte Stelle im Fluß erreicht, faßte Grund und beobachtete genau, wie Kraushaar zu ihm heranschwamm. Auch dieser ging mit den Füßen auf den sandigen Grund und watete zu Harka hin. Harka verständigte den fremden Knaben durch Gesten, daß sie nun voneinander lernen wollten. Kraushaar sollte kraulen wie Harka und Harka schwimmen wie Kraushaar. Nach einigen mißglückten Versuchen ging es ganz gut.
    Als es den Jungen zu kalt wurde, verließen sie den Fluß, rieben sich tüchtig mit Bärenfett ein und eilten zu den Zelten. Harka nahm Kraushaar wieder mit sich. Dem fremden Jungen gefiel es offenbar bei Harka und den Jungen Hunden. Er lächelte jetzt zum erstenmal, und wie hübsch lächelte er! Seine schwarzen Augen strahlten. Er hatte größere Augen als die Dakotajungen, das fiel Harka auf. Der schwarzhäutige Junge hatte bisher nicht auf den Prärien gelebt, auf denen die Menschen ihre Augen vor Wind und Sand und gleißender Sonne schützen und meist bis auf einen schmalen Schlitz mit den Lidern bedecken mußten.
    Die Kinder – Kraushaar, Harpstennah, Uinonah erhielten von Untschida getrocknete Beeren als Frühmahlzeit. Harka verschmähte stolz, etwas zu sich zu nehmen; hatte er doch erklärt, daß er wie die Männer nur am Abend essen wollte! Er begann sich anzuziehen, fuhr in die Gamaschenhosen, die er am Gürtel befestigte, und sah gleichzeitig zu, wie Kraushaar nach der kurzen Hose und dem zerschlissenen Hemd griff. Harka ging hin und befühlte den Stoff, aus dem diese schlechten Kleidungsstücke gefertigt waren. Er wunderte sich, denn gewebtes Zeug kannte er nicht.
    Aus dem Hintergrund des Zeltes war Schonka herbeigekommen. Der Bursche betrachtete die zerschlissenen Kleider des Fremdlings mit einem verächtlichen Blick. Harka beobachtete diesen Blick und war einen Moment wie starr. Dann ließ er sich von Untschida, die ihn sofort verstand, seine Festkleider geben, die gestickten Mokassins, Leggings und den Rock, und hielt diese dem fremden Jungen hin. Als der kraushaarige Knabe ihn verständnislos anschaute, legte Harka die Kleider noch einmal beiseite, zog den fremden Jungen aus und gab ihm dann die neue Kleidung wiederum mit dem Bedeuten, er solle sie anlegen. Der Fremdling verstand jetzt, gehorchte und bestaunte stumm sich selbst. In Harkas Festkleidern sah er trotz seiner Magerkeit stattlich aus; er war fast ebenso groß wie Harka und mochte im gleichen Alter stehen. Er sagte etwas, was Harka nicht verstehen konnte, aber in dem Ausdruck seines Gesichts lag ein solches Glück und so viel Dankbarkeit, daß auch Harka von neuer Freude erfaßt wurde.
    Schonka hatte das Zelt unterdessen verlassen. Scheschoka schien betrübt zu sein.
    Harka führte seinen neuen Gefährten wieder zum Fluß, und sofort war auch die Horde der Jungen Hunde wieder zur Stelle.
    Harka hatte aber nicht die Absicht, schon wieder zu baden, sondern strebte einer Stelle etwas weiter oben am Ufer zu, an der sich nasser Sand graslos ausbreitete. Viel wichtiger als jedes Spiel schien ihm jetzt die Frage, wie die Bärenbande Kraushaars Vater befreien könne. Die Männer wollten heute darüber beraten. Das würde vielleicht stundenlang dauern, und die Jungen konnten ruhig diese Zeit nutzen und sich selbst ihre Gedanken machen.
    Harka erklärte den umstehenden Jungen Hunden, daß sie sich jetzt

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