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Harka der Sohn des Haeuptlings

Harka der Sohn des Haeuptlings

Titel: Harka der Sohn des Haeuptlings Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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nicht viel.« Er öffnete die Hände.
    Schwarzhaut Kraushaar schien diese Geste zu begreifen. Immer noch verlegen, aber doch entschlossen, trat er an Harka heran, griff in dessen Gürteltasche und holte einen kleinen Gegenstand heraus, mit dem Harka beim Erwachen in der Morgenfrühe einmal gespielt hatte, um ihn dann beim Ankleiden in die Tasche zu stecken. Es war der sonnenglänzende Kiesel, den Harka am Fluß bei den Black Hills gefunden hatte. Schwarzhaut Kraushaar zeichnete ihn als »Punkt« auf dem Sand ein als Tauschobjekt für seinen Vater und hielt den eigenartigen Kiesel dabei mit zwei Fingern in die Höhe.
    Er zeichnete mit dem spitzen Zweig noch weiter; der merkwürdige Kiesel würde von den Pani nach Süden zu dem Weg des Ungeheuers wandern, und von dort konnten die Pani Fleisch dafür erhalten. Darum war ihnen der Kiesel sicher wertvoll, wertvoll genug, um einen verwundeten Gefangenen dafür herzugeben.
    Harka war diesen Mitteilungen von Schwarzhaut Kraushaar bis zum Schluß aufmerksam gefolgt, aber jetzt bemerkte er auf einmal, wie sich die Haltung seines Vaters veränderte. Der Häuptling hatte die Brauen plötzlich zusammengezogen, sein ganzer Körper spannte sich.
    Und nun geschah es …
    Mattotaupa riß dem fremden Jungen das Goldkorn aus den Fingern und schleuderte es vor aller Augen mit kaum mehr beherrschter Erregung in den Fluß.
    »Fort damit, fort fort!« schrie er. »Es ist ein böser Stein, Stein böser Geister, und er zieht die weißen Feinde und ihr Ungeheuer in unser Land! Das Wasser möge ihn zerwaschen, nie soll er mehr zutage kommen! Ich habe gesprochen, hau!«
    Alle waren tief erschrocken, auch Harka.
    »Woher hattest du diesen Stein?« fragte ihn der Vater, schnitt dem Jungen aber dann selbst die geforderte Antwort ab. »Komm sofort mit mir ins Zelt.«
    Harka gehorchte und wandte sich zum Gehen. Dabei sah er seinem neuen Gefährten einen Moment ins Gesicht. Schwarzhaut Kraushaar war aschfahl geworden, es zuckte hilflos um seinen Mund wie bei einem Kind, das zu weinen anfängt, aber im gleichen Augenblick veränderte sich auch sein Ausdruck schon, und aus seinen dunklen Augen blitzte Haß auf.
    Harka hätte den Knaben am liebsten mitgenommen; Schwarzhaut Kraushaar hatte nicht die geringste Schuld daran, daß der Unglücksstein ins Dorf gekommen war, und es mußte sich alles aufklären. Aber Harka blieb keine Zeit mehr, mit dem fremden Knaben zu sprechen, denn er mußte dem Vater folgen, der schnell voranschritt.
    Unter dem schweigenden Erstaunen der Dorfbewohner führte Mattotaupa seinen Sohn ins Tipi. Alle dort anwesenden Frauen und Kinder wies der Häuptling hinaus.
    Harka blieb allein mit seinem Vater. Mattotaupa suchte seine Erregung zu bezwingen und setzte sich mit betonter Bedachtsamkeit an die Feuerstelle. Dorthin rief er auch den Knaben, der zögernd beim Eingang stehengeblieben war.
    Aber der Häuptling begann nicht gleich zu sprechen, sondern rauchte erst eine Pfeife, während Harka die letzten Vorgänge in Gedanken immer wieder an sich vorbeiziehen ließ und auf die Erklärung des Vaters wartete.
    »Harka Steinhart Nachtauge Wolfstöter«, begann Mattotaupa endlich, »wo hast du diesen Stein gefunden, oder wer hat ihn dir gegeben?«
    Harka berichtete kurz mit trockener Kehle, wie er den »gelben Kiesel« zufällig gefunden und zu sich gesteckt hatte, weil er ihm gefiel.
    Mattotaupa starrte in die aschebedeckte Feuerstelle. »Niemals dürfen weiße Männer von diesem Fund erfahren«, sprach er fast drohend. »Niemals! Hörst du, Harka? Hast du meine Worte verstanden?«
    »Ich habe verstanden, mein Vater. Niemals.«
    »Was du gefunden hast, nennen die weißen Männer Gold, und dieses Gold wollen sie haben, und sie sind bereit, uns alle zu erschlagen und unsere Wälder zu rauben, nur um es zu besitzen. Noch wissen sie die Stellen nicht, wo sie es in unseren Jagdgründen finden können, aber ich fürchte, sie beginnen schon zu suchen. Unsere Zungen müssen unverbrüchlich schweigen. Verstehst du das?«
    »Ja, Vater.«
    »Und wenn sie dich mit Feuer brennen und dir das Herz aus dem Leibe reißen und dir die Haut vom Leibe ziehen – so wirst du dennoch schweigen?« »Ich werde schweigen, Vater, und ich werde lernen, alle Schmerzen zu ertragen. Hau.«
    »Gut. Gut. Ich weiß, daß du ein tapferer Krieger werden wirst. Darum wollte ich dir jetzt schon ein Geheimnis anvertrauen, das ich noch keinem Manne offenbart habe. Weißt du, warum ich dich in den Wald rief in der Nacht, als

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