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Harka der Sohn des Haeuptlings

Harka der Sohn des Haeuptlings

Titel: Harka der Sohn des Haeuptlings Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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nahmen ihn abermals weiße Männer gefangen, solche, die an dem Pfad für das Ungeheuer arbeiten. Diese gehören zwar auch zu dem Nordstamm, aber fern und einsam in den Prärien können sie tun, was ihnen gefällt. Sie nahmen den Vater dieses Knaben gefangen und zwangen ihn, sie zu bedienen wie eine Squaw einen Krieger. Darum entfloh er wiederum mit seinem Kind, aber die weißen Männer bemerkten es und schossen mit Mazzawaken nach ihm.«
    Harka fuhr auf. Mazzawaken! Das Wort ging ihm wieder durch und durch.
    »Die weißen Männer verwundeten den Vater dieses Knaben hier, aber er konnte weiterlaufen«, setzte Mattotaupa seinen Bericht fort. »Er suchte Schutz bei den roten Männern und geriet in die Hände der Pani. Die Pani sind Brüder der weißen Männer, die den Weg für das Ungeheuer bauen, und nahmen den Vater dieses Kindes hier zum drittenmal gefangen. Nun liegt er in Fesseln, und die Pani wollen ihn bei den weißen Männern gegen noch mehr Fleisch eintauschen. Der Knabe hier hat sich nachts zu seinem gefesselten Vater geschlichen. Dieser sagte dem Kinde, es solle zu uns laufen und uns alles berichten. So ist es.«
    »So ist es«, sprach auch Sonnenregen.
    »Wir sollten den Vater des Kindes befreien«, meinte Mattotaupa. »Auch darüber werden wir morgen beraten.«
    Hawandschita und Sonnenregen stimmten dem zu, und da alles Wesentliche besprochen schien, verabschiedeten sie sich.
    Mattotaupa wies den kraushaarigen halbverhungerten Knaben zu den Frauen, und Untschida und Scheschoka ließen den Jungen von den letzten kärglichen Vorräten essen. Als er gegessen hatte, nahm Harka ihn bei der Hand und führte ihn zu seiner eigenen Schlafstatt, um sich mit ihm zusammen in die Decken einzuwickeln und den vor Erschöpfung Frierenden mit seinem Körper zu wärmen. Harka war stolz, weil er einen tapferen und klugen Gefangenen gemacht hatte. Er wollte ihn die Sprache der Dakota lehren und ihn für den Bund der Jungen Hunde gewinnen.
    Der letzte Gedanke aber, den Harka beim Einschlafen hatte, war der: Die weißen Männer vom Nordstamm, die den Pfad für das büffelmordende Ungeheuer bauen wollen, haben Mazzawaken! Mazzawaken haben sie!
    Dann schlief der müde Junge mit dem Fremdling zusammen ein. Aber er träumte in dieser Nacht, und in seinem Traum erschienen immer wieder das Ungeheuer in fürchterlicher Gestalt und die Männer mit Mazzawaken, die den Pfad für das Ungeheuer in der Prärie schufen, einen Pfad wie einen Büffelpfad, der jedes Jahr von Abertausenden von Hufen kahl- und festgetrampelt wurde. Andere Pfade kannte Harka nicht. Aber er quälte sich in seinem Traum mit der Frage, warum das Ungeheuer denn einen eigenen Pfad brauchte auf diesen Wiesen, auf denen jedes Pferd mühelos dahinstürmte. Harka träumte, daß ein riesengroßer Zaubermann ihn danach frage und daß er sterben müsse, wenn er die Frage nicht beantworten könne.
    Der Junge erwachte in Schweiß gebadet.
    Er bemerkte, daß der fremde Knabe neben ihm auch wach geworden war. Die beiden konnten nicht miteinander sprechen, aber sie schmiegten sich enger aneinander, und als ob einer dem anderen Ruhe geben könne, so fühlten sie etwas Wohltuendes durch ihre Nerven strömen und sanken in einen Schlummer, der nun traumlos blieb und sie beide erfrischte.
    Mit dem ersten Morgengrauen, dessen Schimmer sich ins Zelt schlich, erwachten die Jungen und warfen die Decken ab. Harka nahm den anderen wieder an der Hand und lief mit ihm zum Fluß. Dort hatte sich schon eine Anzahl Junger Hunde eingefunden, etwa zehn oder zwölf … nun waren es schon vierzehn. Es wurden ihrer immer mehr, sobald Harka mit seinem neuen Gefährten erschien, und es dauerte nicht lange, da hatte sich die ganze Schar von einunddreißig Jungen versammelt. Es waren die gewandtesten und kräftigsten oder auch die geschicktesten und klügsten im Alter von neun bis zwölf Jahren. Harpstennah zum Beispiel war in den Bund aufgenommen worden, weil er sehr gut zielen konnte.
    Harka stellte seinen neuen Gefährten vor: »Das ist Schwarzhaut Kraushaar. Er ist mein Bruder und wohnt in meinem Zelt. Die Jagdgründe seines Stammes sind weit, weit fort von hier, jenseits des großen Wassers. Die weißen Räuber und Langmesser haben seinen Vater gefangen und fortgeschleppt, und jetzt befindet sich dieser gefesselt in den Zelten der Pani!«
    Die Jungen Hunde erhoben ein Geschrei des Abscheus gegen die Pani, die mit den weißen Räubern verbündet waren.
    »Schwarzhaut Kraushaar aber ist ein tapferer

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