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Harka der Sohn des Haeuptlings

Harka der Sohn des Haeuptlings

Titel: Harka der Sohn des Haeuptlings Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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mit dem Plan zur Befreiung von Kraushaars Vater beschäftigen wollten, so, wie es auch die Krieger in der Beratung tun würden, und die Mitglieder des Bundes waren einverstanden. Gleich wollten sie den fremden Jungen über alles befragen, ehe er vielleicht zur Beratung der Männer gerufen wurde, um dort weitere und genaue Auskunft zu geben.
    »Wir sprechen in Bildern miteinander«, gab Harka bekannt. »Hier, im nassen Sand, können wir gut zeichnen und jedes Bild, das wir nicht mehr brauchen, leicht verwischen!«
    Harka schnitt sich einen Zweig spitz zu, zeichnete auf den Sand eine Gruppe von Zelten, einen Mann mit kahlem Schädel und der Skalplocke am Wirbel – also einen Pani –, dazu dann einen zweiten Mann, der dem kraushaarigen Jungen glich und dessen Hände gefesselt waren. Darauf wies er mit seinem Schreibstock fragend auf den Mann und die Zelte.
    Der Fremdling verstand. Er ließ sich von Harka den Zweig geben, verwischte die Striche, die die Handfesseln bedeuteten, zeichnete Fußfesseln, die kleine Schritte erlaubten, ordnete die Zelte auf der Zeichnung ein wenig anders an und ließ Harka dann durch Strich und Punkt wissen, in welchem der im Sand aufgezeichneten Zelte sich der Gefangene befand. Außerdem gab der fremde Junge auf der Zeichnung an, wo die Späher der Pani rings um das Zeltlager postiert waren. Das war eine wichtige Mitteilung für die Bärenbande.
    Die beiden Jungen waren so eifrig in das Briefschreiben vertieft, daß sie kaum bemerkten, wie sich außer den Jungen Hunden auch einige Krieger und endlich sogar der Häuptling selbst bei ihnen einfanden. Verlegen traten sie beide zurück, als sie Mattotaupa wahrnahmen.
    Der Häuptling hatte sich schon für die geplante Ratsversammlung vorbereitet. Er trug seinen reichgestickten Rock, die Adlerfederkrone und die lange Adlerfederschleppe. Er lächelte.
    »Nun«, sagte er zu Harka, »wissen wir, wo sich der Vater unseres kleinen schwarzen Sohnes befindet. Wie können wir den Vater befreien? Was würde Harka Steinhart Nachtauge Wolfstöter uns raten?«
    Harka schoß das Blut in die Wangen. Die Frage war schwer zu beantworten. Es hörten viele zu, was er sagen würde, und er wollte nicht etwas Dummes vorbringen und dann getadelt werden. Er überlegte und ließ sich von seinem kraushaarigen Gefährten zunächst noch den Fluchtweg bezeichnen, auf dem dieser entkommen war. Auf das Kind hatten die Späher wohl wenig geachtet. Gegen Westen zu war der Späherkreis um das Panilager nach den Angaben des Knaben auch nur dünn besetzt.
    »Wir wollen den Vater meines schwarzen Bruders nicht mit Gewalt, sondern heimlich und durch List befreien«, begann Harka schließlich.
    »Glaubt Harka, daß die Männer der Bärenbande sich vor einem zweiten offenen Kampf mit den Pani fürchten?«
    »Nein!« erwiderte der Junge unbeirrt. »Aber ehe wir zu kämpfen beginnen, sollten wir soviel wie möglich über unsere Feinde erfahren, und ehe sie zu kämpfen beginnen, soll Kraushaars Vater schon frei sein. Denn wenn ein Kampf in Gang kommt, werden die Pani zuerst ihren Gefangenen töten. Das müssen wir verhüten. Darum rate ich zur List.«
    »Gut!« Der Häuptling war zufrieden. »Und zu welcher List willst du uns raten?«
    Harka wich geschickt aus. »Der einzige, der das Panilager genau kennt und in den Zelten war, ist mein Bruder Schwarzhaut Kraushaar. Er mag also zuerst sprechen und uns einen Rat geben, wie wir seinen Vater heimlich befreien können!«
    Mattotaupa lachte. »Du gibst meine Frage also weiter? Schwarzhaut Kraushaar mag sprechen!«
    Es war nicht schwierig, dem fremden Jungen die Frage klarzumachen. Harka holte sich zwei Junge Hunde; der eine mußte den gefangenen und verwundeten Vater, der andere einen feindlichen Pani darstellen.
    Kraushaar Schwarzhaut begriff sofort, wiegte aber dann nachdenklich den Kopf und rollte seine großen dunklen Augen.
    »Nun sprich!« forderte ihn Harka auf.
    Schwarzhaut zeichnete seinen Vater in den Sand und machte ein liegendes Kreuz daneben. Ein solches Kreuz bedeutete »tauschen«, das verstanden auch die Dakota. »Tauschen«, sagte Harka, »aber gegen was? Fleisch haben wir nicht.«
    Schwarzhaut Kraushaar schien in großer Verlegenheit zu sein. Immer wieder schaute er Harka an, als ob dieser die Gedanken, die er nicht aussprechen mochte, erraten könne.
    »Was schaust du mich an?« fragte der Häuptlingssohn seinen neuen Gefährten. »Was ich auch besitze, ich will es gern geben, um deinen Vater zu befreien. Aber ich besitze

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