Harka der Sohn des Haeuptlings
Pferde, die sich von den Mustangs der Dakota unterschieden; sie waren größer und nicht so struppig wie die Wildpferde.
Die Jungen verhielten sich ganz ruhig. Auch als der fremde Weiße und sein indianischer Begleiter nahe vorbeiritten und sie die beiden genau mustern konnten, sagte nicht einmal ein Junge zum anderen ein Wort. Harka schaute auf das Gesicht des Weißen unter dem breitkrempigen Hut. Es war sonnenverbrannt und die Hautfarbe dadurch von der eines Indianers nicht so sehr verschieden. Aber was Harka besonders auffiel, waren die blauen Augen und der Bart. Harka war noch nie einem Menschen mit blauen Augen begegnet. Barthaare wuchsen auch den indianischen Kriegern, wenn auch sehr spärlich. Sie pflegten sie mit scharfkantigen Muscheln wie mit einer Pinzette zu fassen und auszureißen.
Warum der weiße Mann das nicht auch tat? Vielleicht, weil er so viele Haare um den Mund und am Kinn hatte und die Schmerzen beim Ausreißen fürchtete. Aber ein Bart war wirklich nicht schön. Zudem waren die Haare nicht schwarz, sondern gelb. Kraushaar hatte Harka schon berichtet, daß die weißen Männer Haare verschiedener Farbe hatten, schwarze, gelbe, braune, weiße. Für gelb sagten sie »blond«. Gelbe Haare! Wie das aussah! Wenn der Fremde nur im Zelt seinen Topf vom Kopfe nehmen würde, kam wahrscheinlich zutage, daß sein ganzer Schädel mit gelben Haaren bewachsen war. Vielleicht trug er den Topf über dem Kopf, weil er sich schämte. Wozu sollte solch ein Ding sonst nützlich sein? Der Rand hing halb über die Augen und mußte die Sicht behindern.
Die weißen Männer hatten offenbar einige törichte Sitten. Vom Reiten verstanden sie auch nichts. Wie konnte man die Füße in Ringe stecken, wenn man zu Pferde saß! Das störte doch nur beim Auf- und Abspringen. An den Fersen seiner hohen Mokassins hatte der Weiße scharfe, glänzende Rädchen angebracht. Wollte er damit den Mustang kitzeln? Wenn man ein Pferd antreiben wollte, schlug man ihm die Fersen in die Seite, aber doch nicht dieses Spielzeug!
Während Harka solche Erwägungen anstellte, kamen die beiden Reiter mit ihren Begleitern am Fuße des Hügels vorbei. Harka wandte seine Aufmerksamkeit jetzt dem Indianer zu. Dieser schien bedeutend jünger zu sein als der Weiße, den Harka auf vierzig Jahre schätzte. Der Indianer ritt nach Harkas Vorstellungen zweckmäßig ohne Sattel, ohne Steigbügel, ohne Sporen. Er war schwarzhaarig und bartlos, wie es sich für einen richtigen Menschen gehörte. Um den Hals trug er eine Kette, die Harka sehr gut gefiel. Sie bestand aus glänzenden, zum Teil durchsichtigen kleinen Steinen verschiedener Farbe. Harka hatte in Gedanken sofort Namen dafür: Morgenrot, Blauwasser, Teichgrün, Mittagsstrahl. Der Indianer gefiel dem Jungen. Sein Gesicht war schmal, von ernstem Ausdruck. Auch er besaß ein Mazzawaken. Vielleicht konnten die Jungen mit diesem Krieger einmal sprechen?
Die Reiter hatten nun den Fuß des Hügels passiert. Harka gab den Jungen Hunden ein Zeichen, daß sie sich alle zusammen zurückziehen wollten. Ohne viel Geräusch zu verursachen, eilten die Jungen die Anhöhe auf der für die Ankömmlinge nicht sichtbaren Seite hinab und waren schon bei den Zelten, als die Gruppe der Fremden und ihrer Begleiter dort eintraf.
Das ganze Dorf verhielt sich still, alle Mienen waren ruhig und zurückhaltend, wie es sich beim Empfang unbekannter Männer geziemte.
Die kleine Schar hielt auf dem Dorfplatz. Mattotaupa stand vor seinem Zelt. Die Reiter sprangen alle ab, und Fremde Muschel geleitete den weißen Mann und seinen indianischen Begleiter zum Häuptling. Mattotaupa gab einen Wink, daß Fremde Muschel zu sprechen beginnen möge.
»Der Name dieses weißen Kriegers ist Weitfliegender Vogel, Geschickte Hand, Geheimnisstab«, berichtete Fremde Muschel. »Seine weißen Brüder aber nennen ihn Dan Morris. Wie sein Name Weitfliegender Vogel uns sagt, ist er weit umhergekommen. Er hat viele Städte der weißen Männer und viele Stämme der roten Männer gesehen und ist Gast in den Zelten vieler Häuptlinge gewesen. Er hat ein Mazzawaken, mit dem er jeden Feind töten kann, aber er liebt den Frieden. Er ist hierhergekommen, weil er gehört hat, daß bei der Bärenbande die kühnsten Jäger und die größten Krieger zu finden sind. Den Weg hat ihm dieser junge Krieger und Häuptling gewiesen, der schon seit fünf Jahren sein Bruder ist.«
Mattotaupa betrachtete den Fremden aufmerksam. »Hau … gut«, sagte er dann. »Der
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