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Harka der Sohn des Haeuptlings

Harka der Sohn des Haeuptlings

Titel: Harka der Sohn des Haeuptlings Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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Weitfliegende Vogel mag in unserem Zelte rasten und uns berichten, wessen Zunge zu ihm von den Männern der Bärenbande gesprochen hat.« Damit waren die Fremden als Gäste ins Häuptlingszelt geladen. Harka erfaßte sofort die Lage und trat an den Mustang des fremden Indianers heran, um ihn zur Herde zu führen, während Fremde Muschel dem Weißen den gleichen Dienst anbot.
    Aber es zeigte sich, daß die Fremden die Gewohnheiten der Prärie kannten, und obgleich sie es nicht ablehnten, sich helfen zu lassen, gingen sie doch selbst mit, um zu sehen, wo ihre Pferde weiden und nächtigen sollten. Der fremde Indianer hobbelte die beiden Tiere an.
    Dann begaben sich die Gäste in das Zelt. Mit Harka und Fremde Muschel hatten sie bei dem Gang zur Pferdeherde und zum Häuptlingszelt nicht gesprochen, aber Weitfliegender Vogel, Geheimnisstab, dieser Mann mit dem gelben Bart, hatte Harka freundlich angelächelt, während der Indianer mit der schönen Halskette so ernst und zurückhaltend blieb wie die Dakota selbst.
    Wenn Mattotaupa angedeutet hatte, daß er zu erfahren wünsche, woher die Fremden von ihm gehört hatten, so war er doch weit entfernt davon, sie sogleich auszufragen. Das hätte jeder Regel der Gastfreundschaft widersprochen. Untschida und Scheschoka begannen zunächst, von Uinonah flink unterstützt, die Gastgedecke – mehrere Schüsseln für einen jeden – um das Feuer aufzustellen und Fleisch an den Spieß zu stecken. Als das schweigend erwartete Mahl beginnen konnte, rauchte Mattotaupa zunächst eine Pfeife mit Tabak aus roter Weide an und ließ sie im Kreis gehen, dann teilte er Fleisch an seine Gäste aus, zu denen auch Fremde Muschel gehörte. Er selbst aß noch nichts, sondern war nur aufmerksamer Gastgeber. Erst als die Gäste sich gesättigt hatten, griff auch Mattotaupa zu. Im Hintergrund des Zeltes saßen Harka und Harpstennah, etwas abseits auch Schonka.
    Nach dem Essen zog der weiße Mann etwas aus der Tasche, was wie ein kleiner brauner Stengel aussah, und begann dies zu rauchen. Die Indianer griffen zu ihren eigenen Pfeifen, Fremde Muschel aber nahm gern einen Glimmstengel aus der Hand des Weitfliegenden Vogel als Geschenk.
    »Der weiße Mann Weitfliegender Vogel, Geschickte Hand, Geheimnisstab hat einen weiten Ritt gemacht«, eröffnete jetzt Mattotaupa das abendliche Gespräch.
    »So ist es, Häuptling«, antwortete an Stelle des Weißen der Indianer in der Sprache der Dakota, aber mit fremdem Akzent. »Wir sind vom Felsengebirge hierhergeritten.«
    Mattotaupa betrachtete den Sprecher, nicht eben vertrauensvoll, aber auch nicht unfreundlich. »Was für Krieger jagen in den Bergen?« fragte er.
    »Krieger vom Stamme der Schoschonen.«
    Mattotaupa gab ein Zeichen der Zustimmung. »Haben sie Wild?«
    »Nicht eben reichlich. Aber wir sehen, daß die Zelte der Bärenbande gut versorgt sind.«
    »Hau. Wie ist der Name meines jüngeren Bruders?« Diese Anrede deutete darauf hin, daß Mattotaupa freundschaftliche Beziehungen für möglich hielt.
    »Mein Name ist Langspeer.«
    »Wer sind die Väter und Brüder Langspeers, und wo haben sie ihre Zelte aufgeschlagen?«
    »Meine Väter und Brüder gehören zum Stamme der Cheyenne.« Mattotaupas Mienen verdüsterten sich. Aber er vermied eine verletzende Antwort.
    Der weiße Mann schien zu spüren, daß das Gespräch in Gefahr war, eine ungünstige Wendung zu nehmen, und sagte seinem indianischen Begleiter einige Worte, worauf dieser dem Dakota erklärte: »Häuptling Mattotaupa möge wissen, daß ich, Langspeer, nicht zu jenen Cheyenne gehöre, die streitsuchend umherschweifen und in die Jagdgebiete der Dakota und anderer Stämme eindringen. Mein Vater und meine Brüder wohnen sehr weit von hier in Oklahoma friedlich in ihren Zelten und sind weder den Dakota noch einem anderen Stamm noch den weißen Männern feind. Ich habe diese Zelte meiner Väter seit fünf Jahren verlassen und begleite meinen älteren weißen Bruder Weitfliegender Vogel. Hau.«
    Auch mit dieser Auskunft schien Mattotaupa nicht ganz zufrieden, und Harka dachte sich im stillen: Was sind das für Männer, diese Cheyenne? Sie sind allen freund und niemandem feind. Sie wissen nicht, zu wem sie gehören, und wenn gekämpft wird, werden sie mit dem Kopf und mit den Speeren wackeln, bis die Pfeile von allen Seiten sie treffen. Wenn es aber Langspeer in den friedlichen Zelten gefiel, warum hatte er seine Väter und Brüder dann verlassen und ritt mit Weitfliegendem Vogel Gelbbart umher? Hier

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