Harlekins Mond
gebraucht, um es so weit zu verändern, dass es zu etwas Gefährlichem wurde. Und es gab Kontrollen.
Nur konnte sie nicht sicher sein, dass die Rebellen nicht über mehr Hilfe verfügten, als ihr bekannt war.
Gab man Andrew einen Traktor und brachte ihm bei, ihn zu fahren, dann benutzte er ihn, um eine Gartenparzelle zu Kleinholz zu machen. Gab man ihm Nano … doch er hatte keine Ahnung, worum es sich dabei handelte, wusste nicht, was man damit anfangen konnte. Was ihr Angst machte, war die Möglichkeit, dass jemand Andrew dieses Wissen vermittelte.
Die Eruption bedeutete, dass ihr weniger als sechs Stunden Zeit blieben, die Situation zu bereinigen. Und sich in Sicherheit zu bringen.
Shane stand an einem improvisieren Befehlsstand – einer Gruppe von zusammengestellten Tischen, umgeben von Datenfenstern voller Kartenmaterial, an einer Straßenecke, von der aus man schräg versetzt einen Blick auf das Lagerhaus hatte. Um die Tischgruppe herum standen vier Stühle, doch Shane sprach im Stehen mit zwei anderen Räten. Sie traten zurück, als sich Liren näherte und neben Shane stehen blieb. Er blickte zu Liren auf und sah dann zu den Räten hinüber, die sie mitgebracht hatte. Sein Gesicht wurde von einem kurzen Stirnrunzeln umwölkt, bevor es wieder einen neutralen Ausdruck annahm; in seinen Augen lag ein wachsamer Zug.
»Wie ist die Lage?«, fragte Liren.
Einen Moment lang dachte sie, er werde nicht antworten. Sie hatte das deutliche Gefühl, dass er ihre Ankunft als unwillkommene Störung betrachtete. Er seufzte schwer. »Sie haben Star. Sie sind zu zehnt. Wir haben Ihre Anweisungen befolgt, Schusswechsel vermieden und dafür gesorgt, dass sie in diesem Gebäude festsitzen. Wir bewachen das Lagerhaus und die Hauptzugangsstraßen nach Camp Clarke.« Er zögerte. »Wir könnten zusätzliche Kräfte gebrauchen, um die Überwachung der angrenzenden Straßen zu verstärken.«
Von Shane zu Aushilfsarbeiten abkommandiert zu werden war in ihrem Plan allerdings nicht vorgesehen. »Von jetzt an übernehme ich das Kommando«, sagte sie. »Sie können als mein Stellvertreter fungieren und Ihre Leute in der Umgebung befehligen. Halten Sie die Straßen frei. Ich habe jetzt das Kommando, und diese zehn unterstehen meinem direkten Befehl. Wir werden uns der Situation annehmen.«
Shane blieb der Mund offen stehen. »Aber … Liren? Sie kennen sich in Camp Clarke überhaupt nicht aus. Die Lage ist brisant. Star wird immer noch als Geisel festgehalten.«
»Hatten Sie vor, die Krise auszusitzen? Der Strahlungssturm einer Eruption ist auf dem Weg hierher.«
Shane wurde rot im Gesicht; der Zorn brodelte bei ihm dicht unter der Oberfläche. Er schluckte, dann nickte er, doch man sah ihm die Abscheu an.
Also war er nicht gewillt, ihr den Gehorsam zu verweigern. Das war gut. Seine Partnerin war in Gefahr. Allein schon deshalb konnte ihm Liren seine anfängliche Reaktion verzeihen. Sie milderte ihren Tonfall. »Hatten Sie Kontakt zu Star?«
»Ein paarmal. Ihre Sprechverbindung funktioniert noch, aber sie wird bewacht. Sie konnte uns einige Mitteilungen zukommen lassen. Sie ist unverletzt. Sämtliche Mondkinder sind bewaffnet, manche von ihnen mit zwei Waffen. Sie spielen damit herum, probieren Dinge aus. Ihr einziger Plan scheint darin zu bestehen, dass sie Stars Leben bedrohen. Und was ihre Forderungen betrifft …« Shane machte einen verwirrten Eindruck. »Sie wollen den Bau des Antimateriegenerators stoppen.«
Sie wollten was? Das war absurd! Liren schüttelte den Kopf. Damit konnte sie sich später befassen. »Halten sich sämtliche Rebellen dort drinnen auf? Erhalten sie irgendwelche Hilfe von außerhalb?«
Shane zuckte die Achseln. »Soweit mir bekannt ist, sind sie alle da drin. Wir haben herumgefragt, aber für eine systematische Befragung hatten wir keine Zeit. Wir sind hier nicht genügend Leute, um – wie Sie es wollten – das Gelände zu bewachen und gleichzeitig gezielt Mondgeborene herauszugreifen, um sie zu verhören. Wir stellen sicher, dass niemand so einfach ins Lagerhaus gelangen kann, indem wir die Tore unter Beobachtung halten, und dazu den größten Teil des Zauns. Wir haben Patrouillen losgeschickt. Was gedenken Sie zu tun?«
»Ihnen entgegentreten.«
»Sie sind aufgebracht, und ihre Forderungen ergeben keinen Sinn. Ich will nicht, dass sie Star etwas antun.«
»Haben Sie Angst vor denen?«
»Ich habe Angst um Star.«
Liren seufzte; sie spürte die Eruptionswarnung wie eine Hitze tief in ihren
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