Harlekins Mond
Anrücken.«
Peters Augen weiteten sich erneut, als würde ihm die Verantwortung, die ihr Auftrag mit sich brachte, jetzt erst klar.
»Uns bleiben noch fast sieben Stunden. Jede Menge Zeit, um es bis zur Zuflucht zu schaffen. Kannst du den Leuten sagen, sie sollen sich in die Zuflucht begeben? Sag es Beth!«
»Ist gut!«, rief der Junge mit zitternder Stimme. Dann stürzte er zur Tür hinaus und rannte, so schnell ihn seine dünnen Beine trugen.
»Schon zu Lebzeiten eine Legende«, kommentierte Bruce. Er sah müde aus, doch er lächelte; er amüsierte sich über Peter.
»Nun, Beth weiß vermutlich schon über die Eruption Bescheid. So kann sich Peter den anderen anschließen, und wir haben ihn aus der Gefahrenzone geschafft. Ich will meine Com-Verbindung offen halten, falls Harry etwas von sich hören lässt, und ich will keine Aufmerksamkeit auf uns ziehen. Beth wird nun wissen, was sie tun soll, und Peter wird ebenfalls in Sicherheit sein.« Rachel ging wieder hinaus auf den Korridor und zurück in Richtung Eingangstür. »Wir versuchen es woanders. Ich werde uns einen gewissen Schutz organisieren, während wir uns zwischen den Gebäuden bewegen.«
»Wie kann Treesa dich schützen?«, fragte Bruce.
»Indem du dorthin gehst, wo ich dich hinschicke«, sagte Untertan.
Rachel gab Bruce keine Antwort. Im Augenblick musste sie entscheiden, wie weit sie der KI trauen wollte. Bis jetzt hatte sie sie nicht verraten. Rachel zitterte aus Angst, sie würden erwischt werden; aus Angst, Untertan würde sie, um sie in Sicherheit zu bringen, in eine Falle laufen lassen. Sie hasste es, derart von ihm abhängig zu sein. Das Einzige, was ihr Hoffnung machte, war, dass Untertan sie nie belogen hatte. Soweit sie wusste.
Sie befand sich, was die reine Entfernung anging, in viel größerer Nähe zu Dylan, und wahrscheinlich auch zu Harry. Und zu Justin. Doch der Sperrgürtel, den die Räte um das Lagerhaus gezogen hatten, war undurchdringlich wie eine Mauer.
Wo war Harry nur?
KAPITEL 66
LANDETRUPP
Selene fühlte sich verkehrt an. Liren kam sich so leicht vor, als stünde sie in einem der Niederschwerkraftbereiche des Gartens. Sie hatte nichts über sich als den Himmel – keine Gartenwandung, kein Dach, keine Decke, die sie eingebunden und geschützt hätte. Sie erzitterte, als ihr bewusst wurde, wie klein sie sich angesichts dessen fühlte, dann holte sie tief Luft, richtete sich gerade auf und blieb still stehen. Die Luft roch nach Staub und war feucht. Die Linie des fernen Horizonts schockierte sie, und Liren blinzelte und dachte, dass sie schon früher hätte herkommen sollen. Nun, jetzt war sie hier, und es war richtig. Harlekin stand über ihr am Himmel, größer als sie erwartet hatte, dräuend, mit seinen regenbogenähnlichen bunten Streifen und Schweif mustern von der Größe ganzer Welten.
Ein Team von zehn uniformierten und bewaffneten Ratsleuten ging hinter ihr von Bord. Sie hatte sie nach ihrer Loyalität ausgewählt, nicht nach ihrem Ausmaß an Erfahrung auf Selene, und sie sahen sie aufmerksam an. Sie schienen gut zurechtzukommen … und Liren wurde bewusst, dass sie als Einzige Hunderte von wachen Jahren in geschlossenen Räumen gelebt hatte. Bei diesen Männern und Frauen war die Erinnerung ans Solsystem noch schärfer präsent als bei ihr selbst; sie bewegten sich mit größerer Leichtigkeit auf diesem Mond, sammelten sich um sie, beobachteten sie mit ernstem Gesicht und warteten auf Anweisungen.
Liren führte sie in Richtung des Lagerhauses und der straffälligen Mondkinder. Die umzäunten Außenbezirke des Bereichs mit den Lagerhallen waren nicht weit vom Landefeld entfernt. Niemand kam ihnen entgegen, um sie in Empfang zu nehmen, doch sie sah Bewegung jenseits des Zauns – Leute, die zwischen den Gebäuden umhergingen, und ein rennendes Paar.
Der Boden wies Steine und Unebenheiten auf. Als Liren voraus in die Weite schaute, um sich ihrer Richtung zu vergewissern, strauchelte sie, stolperte über ihre eigenen Füße und wäre beinahe hingefallen.
Sie richtete sich gerader auf und ging langsamer, während sie im Geiste den Bauplan des Gebäudes durchging. Hätten die Rebellen irgendein anderes Gebäude besetzt, dann hätte sie es einfach in die Luft gejagt. Doch dort drinnen lagerte Nano -sorgfältig programmiert und sorgsam kontrolliert. Bestimmt besaßen diese Mondkinder keine Möglichkeit, es einzusetzen. Es handelte sich nur um Grundstoffnano – man hätte einen gewieften Programmierer
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