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Harmlose Hölle - Raum 213 ; Bd. 1

Harmlose Hölle - Raum 213 ; Bd. 1

Titel: Harmlose Hölle - Raum 213 ; Bd. 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Loewe
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genervter war Liv. Sie konnte es nicht fassen, wenn Leute mit solchem Gerede ihre Zeit verschwendeten.
    Ihre beste Freundin war in der Hinsicht allerdings das genaue Gegenteil.
    »Und er ist wirklich in der Psychiatrie gewesen?« Mais Augen erreichten locker die Größe von Dollarmünzen.
    Toby nickte. »Sogar in der Geschlossenen. Der Typ soll eine ernsthafte Bedrohung …« Plötzlich brach er ab.
    »Was hast du denn?«, fragte Liv irritiert, als sie seinen Blick sah.
    In der Cafeteria war es schlagartig still geworden. Das übliche Stimmengewirr war verebbt, nur vereinzeltes Klirren von Besteck war zu hören.
    Toby wies mit dem Kinn zur Tür. Liv drehte sich langsam zur Seite und da sah sie ihn, keine drei Meter von ihr entfernt.
    Wieder trug er schwarze Jeans, diesmal mit einem schwarzen Hemd, und er starrte zu ihr herüber, mit demselben Blick, mit dem er sie gestern Nacht angesehen hatte.
    Es durchzuckte Liv, sie wollte aufspringen, auf ihn zeigen, »Das ist er« schreien – alles auf einmal. Aber sie tat nichts davon.
    Stattdessen erwiderte sie seinen arroganten Blick, sie konnte gar nicht anders, es war, als würden sie sich duellieren und derjenige verlor, der als Erster wegsah.
    Liv registrierte die braunen, fast schwarzen Augen mit hellen Einsprengseln wie winzige Sterne. Und langsam, ganz langsam änderte sich der Ausdruck in diesen Augen. Er war nicht länger überheblich. Er war auch nicht bedrohlich wie gestern Abend – er wirkte einfach nur traurig.
    »Guckt mal, ist das nicht …«
    »Ja, wirklich, er soll …«
    »Krass, dass der sich hierher …«
    Vereinzelt klang das Getuschel an Livs Ohr und wurde lauter und schriller.
    Und dann setzte sich der schwarzgekleidete Junge plötzlich in Bewegung. Im Bruchteil von Sekunden stand er direkt vor ihr. Liv sprang erschrocken von ihrem Stuhl auf, der mit einem merkwürdig hohlen Krachen auf den Boden fiel.
    »Was willst du von mir?« Sie presste die Worte zwischen ihren zusammengekniffenen Lippen hervor. »Lass mich in Ruhe, du Wichser!«
    Er sah sie an, aber er antwortete ihr nicht.
    Toby erhob sich, spannte seine Muskeln an. In seinem Gesicht arbeitete es.
    »Wenn es das ist, was du wirklich willst, Liv.« Als der Junge endlich sprach, klang seine Stimme rau und heiser, als ob er sie nicht oft benutzen würde. »Dann lass ich dich in Ruhe. Aber sag später nicht, ich hätte dich nicht gewarnt.«
    Woher kennst du meinen Namen? Wovor willst du mich warnen? Was hast du mit mir vor?
    Warum kriegte sie nichts davon über ihre Lippen? Warum lähmte sein Anblick sie derart?
    »Was ist hier los?« Hinter Liv ertönte eine Stimme und sie erkannte die dünne Gestalt von Ann, die Cafeteria-Bedienung mit der altmodischen Hochsteckfrisur, die schon seit Urzeiten an der Eerie High beschäftigt war, obwohl sie höchstens wie Anfang zwanzig aussah.
    Niemand antwortete ihr, aber Ann erschien die Situation auch so zu erfassen.
    »Komm, Ethan«, sagte sie ruhig und legte dem Jungen, der neben ihrer schmalen Gestalt wie ein Hüne wirkte, eine Hand auf den Arm. »Du hast hier drin nichts zu suchen und das weißt du auch.«
    Er blickte sie an und nickte leicht. Dann schaute er noch einmal zu Liv.
    »Ich wollte dich nur warnen, kleine Liv«, sagte er wieder. »Wirklich, mehr nicht. Vor mir brauchst du keine Angst zu haben.«
    Dann ließ er sich von Ann wegführen.
    »Ethan?« Livs Stimme war nicht mehr als ein Krächzen.
    Toby ließ sich auf seinen Stuhl fallen.
    »Richtig gehört. Ethan«, sagte er düster. »Das war der verrückte Ethan Hobbs. Und wenn ihr mich fragt, haben sie den ein paar Jahre zu früh entlassen.«

Zwei Jahre zuvor, Raum 213
    Die Panik kam ganz unvermittelt. Sie kroch in ihm hoch, ähnlich wie er es von der Wut kannte, langsam, erst kaum spürbar, wie ein leiser Ton, der sich im Innenohr festsetzt und unmerklich lauter wird, bis man nur noch das Schrillen hört, das einen verfolgt, nicht mehr loslässt, wahnsinnig macht.
    Die körperlichen Symptome waren eindeutig: Sein Herz pumpte Adrenalin in den Blutkreislauf, die Hände zitterten, sein Magen krampfte sich zusammen. Und das Schlimmste war: Es gab überhaupt keinen Grund dafür.
    Gestern war er zum ersten Mal im Raum 213 gewesen, ganz kurz nur, um den Schlüssel zu testen. Er war verblüfft gewesen, dass das Zimmer eingerichtet war wie jedes andere Klassenzimmer in der Eerie High auch. Nichts, was den Gerüchten um den Raum auch nur ansatzweise Nahrung gab. Es war ein stinknormales Zimmer.
    Aber

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