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Harold - Einzlkind: Harold

Harold - Einzlkind: Harold

Titel: Harold - Einzlkind: Harold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Einzlkind
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griechische Wort demos das Volk, ergo sprechen wir folgerichtig von Volksherrschaft, die in den zivilisierten kapitalistischen Gesellschaften heutzutage eine Selbstverständlichkeit ist. Unterschieden werden muss zwischen der direkten Demokratie, also dem ursprünglichen Gedanken dieser äußerst beliebten Staatsform, und der indirekten, deren Prägung wir im Hier und Heute erfahren dürfen. Wir wählen also so genannte Volksvertreter, die für uns die Demokratie in architektonischen Verzweiflungen verwalten und dafür sehr viele Sekretärinnen brauchen, die ihnen Kaffee kochen und das Faxgerät bedienen. Diese Volksvertreter fahren in gepanzerten Limousinen durch unser Land und verteilen auf Marktplätzen Luftballons und Kugelschreiber, damit wir sie gerne haben. Abends gehen sie dann nach Hause und essen Schweinebraten. Meistens sind es Männer, manchmal aber auch Frauen, wenn sie unerfreulich genug aussehen. Um diese sehr schwere Arbeit überhaupt bewältigen zu können, darf der Intelligenzquotient der Volksvertreter nicht über 120 liegen. Viele Volksvertreter sind deshalb Lehrer. Oder Juristen. Wichtige Entscheidungen müssen Volksvertreter im Allgemeinen nicht fällen, das übernimmt für sie der Lobbyist. Lobbyismus ist ein Fremdwort und heißt übersetzt Korruption. Wenn die Lobbyisten es für wünschenswert erachten, Krieg zu führen, weil die Rohstoffe knapp werden oder andernorts billiger sind, dann muss der Volksvertreter vor eine Fernsehkamera treten und ein bisschen was erzählen. Einige Personen nun, die mit Wörtern sehr gut umgehen können, sagen, dass solcherlei Gebaren degoutant sei. Degoutant ist ein Fremdwort und bedeutet abstoßend. Das aber, liebe Mitschülerinnen und Mitschüler, ist es nicht, denn es ist die Demokratie, und die ist, wie sie ist. In der Demokratie obsiegt die Masse, die bei Ortega y Gasset keinen guten Ruf genießt. Die Masse hat die Diktatur der Bourgeoisie überwunden und feiert überschwänglich die Diktatur des Proletariats, von der Karl Marx sehr gerne sprach. Karl Marx ist ein Fremdwort und bedeutet Denker. Je mehr Kretins nun ein Medium oder eine Meinung konsumieren, desto mehr Geld wird in das Ewiggleiche hineingepulvert, um den debilen Massengeschmack zu befriedigen. Hauptsache, das Benzin wird nicht allzu teuer. Das aber, was jede Gesellschaft in ihrer intellektuellen Entwicklung hemmt, ist die Fokussierung auf das Durchschnittliche. Der Pöbel rennt immer dorthin, wo es am lautesten ist. Dabei ist laut leise am schönsten. Das heißt, schuld ist nicht der Volksvertreter, sondern der Mensch, dass die Dinge so sind, wie sie sind. Die Erde, das ist das runde Ding, auf das ihr, liebe Mitschülerinnen und Mitschüler, in der großen Pause eure Kaugummis spuckt, hält sich bisher noch relativ wacker, trotz der Menschen. Wäre der Mensch in der Tat ein vernunftbegabtes Wesen, hätte er sich im Laufe der Jahrtausende fortentwickelt, und ich spreche hier nicht von technologischen Errungenschaften wie der Wasserstoffbombe, sondern von der Fähigkeit zur Abstraktion, Kontemplation und Reflexion, dann wären wir, liebe Mitschülerinnen und Mitschüler, heute nicht hier, in einer Bildungsanstalt, die mit Bildung so viel gemein hat wie Käsekuchen mit Spaghetti. Wir wären glücklich. Der Mensch aber, und dies ist keine Hypothese sondern ein Faktum, ist das dümmste und eindeutig schwachsinnigste Geschöpf, welches jemals diese wunderschöne und faszinierende Erde heimgesucht hat. Aufrecht an ihm ist nur der Gang und selbst den verstolpert er. Es reicht vollkommen aus, eine Woche lang mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren und die Menschen zu beobachten, wie sie reden, wie sie sich verhalten, bewegen oder Latte macchiato trinken, um zu verstehen, wovon ich spreche. Die Politik ist ein Witz, das Fernsehen eine Farce und ansonsten geht es nach wie vor nur ums Fressen und Gefressen werden. Die Menschen haben sich nicht verändert. Sie sind nur dicker geworden. In der Diktatur gibt es einen Vollidioten, der bestimmt, in der Demokratie fünfzig Millionen. In der Demokratie obsiegt das Gewöhnlichste des Menschen, seine Gemütlichkeit und seine Beschränktheit. Die Glorifizierung des Proletariats ist gleichzeitig dessen Untergang, denn nichts ist mehr sicher, vor dem was wir normal nennen. Die Demokratie hat uns den großen Dienst erwiesen, uns allen zu zeigen, was der Mensch war, ist und immer sein wird: ein Trottel. Die Demokratie ist eine Schande, so lange es Menschen gibt.

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