Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Harper Connelly 01 - Grabesstimmen-neu-ok-10.12.11

Harper Connelly 01 - Grabesstimmen-neu-ok-10.12.11

Titel: Harper Connelly 01 - Grabesstimmen-neu-ok-10.12.11 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlaine Harris
Vom Netzwerk:
Die große Wiese vor dem Gerichtsgebäude war mit allen
möglichen Klappstühlen übersät. Kleine Kinder sausten durch die anschwellende
Menge und kreischten aufgeregt in der kühlen Abendluft. Da ich nicht von hier
war, konnte ich die Touristen nicht von den Einheimischen unterscheiden, aber
Hollis erklärte mir, das Verhältnis sei etwa vierzig zu sechzig.
    Die Bühne,
die man vor dem alten Gerichtsgebäude aufgebaut hatte, war nicht besonders
hoch. Die Instrumente der ersten Gruppe waren bereits aufgebaut. Eine Frau in
einem langen, weiten Rock mit einem breiten türkisfarbenen Gürtel stimmte eine
Gitarre. Ihr graues Haar reichte ihr bis zur Taille, und ihr faltiges Gesicht
machte einen konzentrierten und gelassenen Eindruck. Die Männer hinter ihr
waren zwischen vierzig und fünfzig und wirkten genauso professionell wie sie.
    »Das sind
Roberta Moore und die Sons of Grace«, sagte Hollis. »Aus Mountain
Home.«
    »Wie viele
Gruppen treten auf?«
    »Wir warten
einfach ab, wer alles auftaucht«, sagte er. »Manchmal sind es sechs oder
sieben, aber heute Abend sehe ich nur noch drei weitere. Und Bobby Tatum, das
ist ein Solokünstler.« Bobby Tatum war ein sehr junger Mann mit Cowboyhut,
einem aufwendigen Cowboyhemd und ebensolchen Stiefeln. Er trug eine
Westernjacke, und sein frisch rasiertes Gesicht strahlte ungeheuren Ehrgeiz
aus. Er unterhielt sich mit einer Gruppe von Mädchen, die etwa in Mary Nell
Teagues Alter waren. Sie kicherten über alles, was er sagte.
    Die anderen Künstler
schienen Gruppen zu sein wie die von Roberta Moore. Ich musterte die teure
Ausrüstung hinter der Bühne und war überrascht. Das hier war keine
improvisierte Amateurveranstaltung. Die Leute verstanden was von ihrem Job.
    Als es
dunkler wurde, holte Hollis eine Decke aus dem Auto. Er stellte seinen Stuhl
dicht neben meinen, damit wir sie uns teilen konnten. Terry Vale, der
Bürgermeister, machte ein paar Ansagen. Nichts erinnerte mehr an den
aufgebrachten Mann, den ich im Büro des Sheriffs kennengelernt hatte. Er war
fröhlich und entspannt. »Der beige Chevy Venture, der vor der Einfahrt zu Martins Apotheke parkt, blockiert den Wagen von Jeb Martin, der gern
nach Hause fahren würde. Wenn Sie nicht wollen, dass der Abschleppwagen gerufen
wird, gehen Sie doch bitte zu ihm, am besten haben Sie eine gute Entschuldigung
parat«, meinte Terry Vale, während die Menge lachte. Ein sehr junger Mann mit
einem dünnen Schnurrbart stand peinlich berührt auf und eilte zur Apotheke.
Nach ein paar weiteren Ankündigungen, einschließlich der Ermahnung, den Abfall
aufzusammeln, wenn das Konzert vorüber war, stellte Terry Vale unter großem
Applaus Roberta Moore und die Sons of Grace vor. Die grauhaarige
Frau nickte der Menge geistesabwesend zu und fuhr damit fort, ihre Gitarre zu
stimmen. Als sie so weit war, gab sie der Band ein Zeichen und begann zu
singen.
    Es war
fantastisch. Ich wette, die Leute waren tagsüber Apotheker, Kammerjäger oder
Bauern, aber abends verwandelten sie sich in talentierte Musiker. Ich war
begeistert. Ich kannte keines der Lieder, obwohl ich als kleines Kind zwei oder
drei der Spirituals gehört haben musste. Die Stimmen erhoben sich klar und
wehmütig in den wolkenlosen Nachthimmel. Von Zeit zu Zeit sagte einer der
Sänger: »Jetzt spielen wir ein altes Lieblingslied. Wenn Sie es kennen, dürfen
Sie gern mitsingen.« Aber es war nie ein altes Lieblingslied von mir oder
meinen Eltern, ja nicht mal von meinen Großeltern, soweit ich das beurteilen
konnte. Ich merkte, wie ungebildet ich in mancher Hinsicht war. Es war nicht
das erste Mal, dass mir so was auffiel, und würde auch nicht das letzte Mal
sein.
    Hollis sang
bei ›The Old Rugged Cross‹ mit. Zu meiner Überraschung hatte er einen guten
Bariton.
    Gerade als
ich dachte, mir würde langsam zu kalt, um noch mehr Lieder genießen zu können,
holte Hollis eine Thermoskanne mit heißer Schokolade hervor, und ich war froh,
etwas davon trinken zu können. Ich fühlte mich unglaublich entspannt. Niemand
achtete auf mich, und das war mir nur recht. Hollis' Hand lag warm und trocken
in meiner, und die heiße Schokolade tat mir gut.
    Nach ein
paar Stunden war das Konzert vorbei, und die Leute begannen ihre Decken und
Stühle zusammenzupacken. Schlafende Kinder wurden zum Auto getragen, ihre
Köpfchen gegen die Schultern der Eltern gelehnt. Ich nahm Decke und
Thermoskanne, während Hollis die Stühle trug. Ich war überrascht, Sybil Teague
zu begegnen. Sie tat genau

Weitere Kostenlose Bücher