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Harper Connelly 01 - Grabesstimmen-neu-ok-10.12.11

Harper Connelly 01 - Grabesstimmen-neu-ok-10.12.11

Titel: Harper Connelly 01 - Grabesstimmen-neu-ok-10.12.11 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlaine Harris
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Richter gern gesagt, dass Bledsoe das Rücklicht
mit seinem Schlagstock selbst zerstört hatte.
    »Nein, Euer
Ehren.«
    »Gut. Ein
kaputtes Rücklicht, das macht ein Bußgeld von 150 Dollar«, sagte der Richter.
Das war's. Der Aufseher führte Tolliver zu der Seitentür, durch die er gekommen
war, wahrscheinlich, um ihn ins Gefängnis zurückzubringen und seine
Entlassungspapiere auszustellen. »Ist irgendjemand hier, der das Bußgeld
bezahlt?«
    Ich hob die
Hand.
    Der Richter
würdigte mich kaum eines Blickes. »Bitte gehen Sie durch die Tür hinter dem
Gerichtsdiener.« Mit dem Kinn wies er in die entsprechende Richtung. Auf
wackeligen Beinen ging ich zum rückwärtigen Teil des Gerichtssaals und durch
die angegebene Tür. Dahinter erwartete mich eine phlegmatische Frau in
khakifarbenen Hosen und T-Shirt sowie ein bewaffneter Hollis in Uniform. Die
Frau saß hinter einem kleinen Tisch, auf dem eine Kasse stand. Wahrscheinlich
brauchte sie Hollis, um das Geld zu bewachen und sicherzustellen, dass niemand
seine Wut über die Geldbuße an ihr ausließ.
    »Es ist also
gut ausgegangen?«, fragte Hollis aufrichtig erleichtert.
    »Ja«, sagte
ich und reichte der Frau die Papiere, die mir der Gerichtsdiener mitgegeben
hatte, sowie 150 Dollar in bar. Sie sortierte das Geld ein, stempelte ein
»BEZAHLT« auf die Papiere und gab sie mir zurück. Ich hätte gern noch etwas zu
Hollis gesagt, wusste aber nicht, was. Außerdem wartete hinter mir noch jemand,
der sein Bußgeld bezahlen wollte. Deshalb lächelte ich ihn nur an. Zum ersten
Mal seit Tagen war ich wieder glücklich. Dann betrat ich erneut den
Gerichtssaal, der noch genauso voll aussah wie zu Beginn der Verhandlung, und
verließ ihn auf der anderen Seite. Die Anwältin wartete schon draußen in der
riesigen Eingangshalle auf mich.
    »Danke,
Phyllis«, sagte ich und schüttelte ihr wiederholt die Hand.
    Phyllis
lächelte mich an. »Im Grunde habe ich ja nur durch Anwesenheit geglänzt«, sagte
sie. »Meiner Meinung nach wurde Bledsoe wieder zurückgepfiffen, damit sein
Fehler kein unnötiges Aufsehen erregt.«
    »Vielleicht
hat er spontan gehandelt, in dem Glauben, jemandem einen Gefallen damit zu tun.
Nur um dann herauszufinden, dass dem doch nicht so war.«
    Vielleicht
war dieser Jemand Paul, sein Cousin. Oder sein Chef, der Sheriff. Vielleicht
war es auch Sybil, die Dame, der die halbe Stadt gehörte. Vielleicht...
    »Lassen Sie
uns rüber zum Gefängnis gehen«, sagte Phyllis. »Ich hab gesehen, wie der
Gefängniswagen weggefahren ist. Ich warte noch, bis ihr Bruder entlassen wird,
nur zur Sicherheit.«
    Im Gefängnis
fragte ich die Frau am Empfang, wo wir warten sollten. Sie zeigte auf den
Bereich, wo ich bereits am Vortag hochnervös ausgeharrt hatte, bis ich Tolliver
besuchen durfte.
    Es dauert
ziemlich lange, einen Gefangenen zu entlassen, doch Phyllis Folliette blieb
treu an meiner Seite. Natürlich wusste ich, dass sie auch diese Zeit in
Rechnung stellen würde. Aber die meisten anderen Anwälte hätten mir nur kurz
auf die Schulter geklopft und wären in ihre Kanzlei zurückgeeilt. Ich schwieg,
und so zog sie irgendwas aus ihrer Aktentasche und begann zu lesen. Ich saß
einfach nur da, machte die Augen zu, ließ die Welt hinter mir und dachte an all
die Leute, die ich in Sarne kennengelernt hatte. Daran, wie eng sie alle
miteinander verflochten waren, wie sehr das Klischee einer ungebildeten, durch
Inzucht erzeugten, aber bauernschlauen Landbevölkerung von den Einheimischen
für Tourismuszwecke genutzt und gleichzeitig bestritten wurde. Ein einst durch
die geografische Lage bestimmter und von Armut geprägter Lebensstil war für die
Konsumgesellschaft vereinfacht, aufbereitet und lächerlich gemacht worden. Und
alle, mit denen wir hier zu tun gehabt hatten, lebten schon seit Generationen
in dieser Stadt. Nur Hollis nicht.
    Ich ließ die
Ereignisse der letzten Woche noch einmal an mir vorbeiziehen, ohne sie in
irgendeiner Form zu bewerten. Am besten, ich schrieb alles genau auf. Das wäre
doch eine sinnvolle Beschäftigung für heute Abend, dachte ich.
    Dann hörte
ich vertraute Schritte und öffnete die Augen. Tolliver kam mir entgegen, und
ich sprang auf. Wir umarmten uns fest und hastig, bevor sich Tolliver bei
Phyllis bedankte. Sie protestierte erneut und wiederholte, sie habe allein
durch Anwesenheit geglänzt.
    »Aber Sie
haben gestern gleich den Sheriff angerufen«, sagte Tolliver. Ich musterte ihn
ängstlich, aber er sah nur müde aus und so, als ob

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