Harris, Charlaine - Aurora Teagarden 3 - Drei Zimmer, Leiche, Bad
erleichtert, mich kurz bei ihm anlehnen zu dürfen.
„Jetzt schon, aber das eben hat mich doch ziemlich mitgenommen“, musste ich gestehen. „Wer war dieser Mann?“
„Bis vor kurzen noch Angestellter von Pan-Am Agra. Ich habe ihn entlassen, er gehörte zum toten Holz, das zu entfernen war. Deshalb hat man mich schließlich eingestellt. Die Entlassung hat ihn wohl hart getroffen.“
„Das ist mir nicht entgangen“, sagte ich trocken.
„Es tut mir leid, dass du Zeuge dieser Begegnung sein musstest. Ruf mich sofort an, wenn du den Mann wiedersiehst, ja?“
„Glaubst du denn, er würde mir etwas antun, um sich an dir zu rächen?“
„Nur, wenn er noch blöder ist, als ich bisher schon dachte.“
Eine Antwort war das nicht gerade. Aber woher sollte Martin auch wissen, wozu dieser Mann imstande war?
„Machst du dir seinetwegen ernsthaft Sorgen?“, fragte er. „Wenn das so ist, sage ich meine Reise natürlich ab und bleibe hier.“
Darüber musste ich kurz nachdenken. „Nein, eigentlich beunruhigt er mich nicht, auch wenn mich die Sache eben wie gesagt etwas mitgenommen hat. Der Morgen war nicht gerade aufbauend. Zuerst habe ich Susu Hunter besucht, was total traurig war, und danach war ich auf Tonia Lees Beerdigung.“
„Mist! Du hattest mir gesagt, wann sie ist, aber ich habe es vergessen. Ich habe mich ausschließlich auf die Vorbereitung meiner Reise konzentriert.“
„Ich hatte auch gar nicht erwartet, dass du kommst. Es war eine ziemlich öde Veranstaltung und überwiegend kalt.“
„Wo gehen wir essen?“, fragte er. „Wir brauchen jetzt etwas, was dich ordentlich durchwärmt.“
Sofort fielen mir meine Pflichten als Gastgeberin wieder ein. „Wir gehen zu Michelles, warst du da schon mal? Sie haben ein Mittagsbüfett mit einer großen Auswahl an Gemüsegerichten.“
„Meine Liebe, ich lebe jetzt seit drei Monaten hier in Lawrenceton im Motel, ich war bestimmt schon zehnmal in jedem einzelnen Restaurant eurer Stadt.“
„Daran habe ich gar nicht gedacht, Martin! Dann werde ich ja wohl bald mal für dich kochen müssen.“
„Kannst du denn kochen?“
„Mein Repertoire ist beschränkt“, gab ich zu. „Aber was ich zubereite, ist essbar.“
„Ich koche von Zeit zu Zeit ganz gerne“, sagte er.
Kochen blieb unser Thema, bis wir bei Michelles angekommen waren, uns Teller geholt hatten und das Büfett abschritten. Mir fiel auf, dass Martin seine Wahl überlegt und umsichtig traf. Er war also nicht nur eifriger Verfechter der Fitnessidee, er lebte generell gesundheitsbewusst und achtete auf sein Gewicht. Wir suchten uns eine freie Nische, wo wir uns wieder dicht nebeneinander auf die Bank setzten. In dieser doch sehr prosaischen Umgebung fand ich es verwirrend, ihm so nahe zu sein.
Der Morgen hatte mich ziemlich geschlaucht, und jetzt wollte Martin auch noch für ein paar Tage die Stadt verlassen. Am liebsten hätte ich geweint. Aber das war lächerlich, darüber musste ich schnell hinwegkommen. All diese starken Gefühle machten mir höllische Angst. Mit der Gabel in der Hand saß ich stocksteif da, starrte krampfhaft geradeaus und befahl mir streng, bloß nicht zu weinen.
„Soll ich das jetzt lieber ignorieren?“, fragte Martin leise.
Ich nickte heftig.
Woraufhin er ruhig weiter aß.
Endlich hatte ich mich so weit zusammengerissen, dass ich mir eine Blumenkohlrose in den Mund stecken konnte. Zum Kauen und Schlucken musste ich mich allerdings noch zwingen.
Solange Martin fort war, musste ich mir dringend etwas zu tun suchen. Hauptsache, ich blieb beschäftigt und kam nicht zu viel zum Nachdenken.
„Dann fährst du also heute Nachmittag?“, sagte ich nach einer Weile in ganz normalem Plauderton.
„So gegen siebzehn Uhr. Mein erster Termin ist morgen früh, er könnte gut den ganzen Tag dauern. Donnerstag ist der nächste, da treffe ich mich mit einer anderen Gruppe, wieder den ganzen Tag. Deswegen bleibe ich noch eine Nacht, schnappe mir aber Freitagmorgen den ersten Flieger. Magst du Freitagabend für mich kochen?“
„Ja!“ Ich lächelte.
„Samstagabend ist diese Maklersache?“
„Ja, das jährliche Bankett. Wir haben den Festsaal im Kutscherhaus, also darf man auf jeden Fall mit ausgezeichnetem Essen rechnen. Ansonsten gibt es Cocktails und einen Redner. Das Übliche eben.“
„Die Sache im Fitnessstudio hast du mit einigem Aplomb gehandhabt“, sagte er plötzlich. „Aplomb! Ich nehme das Wort bestimmt zum ersten Mal in den Mund, aber ein anderes scheint
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