Harry Bosch 02 - Schwarzes Eis
Restaurant sa ß en vier junge M ä nner, einer davon ein Schwarzer, und starrten schweigend in ihre Kaffeetassen. Auf dem Tisch lag ein beiger Aktendeckel, den Harry gleich bemerkte, als er sich mit einem Stuhl von einem freien Tisch vor die Nische setzte.
» Ich bin Bosch.«
» Tom Rickard «, sagte der Schwarze. Er streckte seine Hand aus und stellte dann die anderen mit Namen vor: Finks, Montirez und Fedaredo.
» Wir hatten es satt, im B ü ro rumzusitzen «, erkl ä rte Rickard. » Cal gefiel es hier.«
Bosch nickte blo ß und betrachtete den Aktendeckel. Auf dem Etikett stand Humberto Zorillo. Der Name sagte ihm nichts. Rickard schob die Akte hin ü ber.
» Was ist das? « wollte Harry wissen; er fa ß te sie noch nicht an.
» Wahrscheinlich der letzte Fall, an dem er gearbeitet hat «, antwortete Rickard. » Wir wollten es an Raub-Mord weiterreichen. Aber dann haben wir uns gedacht, was soll’s, er hat es f ü r dich recherchiert. Au ß erdem wollen ihn die Jungs vom Parker Center nur durch den Dreck ziehen. Wir haben keine Lust, ihnen dabei zu helfen.«
» Was hei ß t das? «
» Sie k ö nnen es einfach nicht dabei belassen, da ß der Mann Selbstmord begangen hat. Sie m ü ssen sein Leben sezieren und ganz genau wissen, warum er dies gemacht hat und warum das. Der Mann hat sich verdammt nochmal selbst umgebracht. Was soll man sonst noch zu dem Thema sagen? «
» Du willst nicht wissen, warum? «
» Das wei ß ich schon, Mann. Der Job. Am Ende erwischt der uns alle.«
Bosch begn ü gte sich wieder mit einem Nicken. Die drei anderen Drogenfahnder hatten noch nichts gesagt.
» Ich lasse nur mal Dampf ab «, fuhr Rickard fort. » Es war ein bi ß chen zuviel – der verdammt l ä ngste Tag in meinem Leben.«
» Wo hat denn das gelegen? « Harry deutete auf die Akte. » Haben die RM-Typen noch nicht seinen Schreibtisch durchsucht? «
» Sicher. Aber Cal hatte die Akte in einem unserer Wagen gelassen, in einer dieser Schrottm ü hlen, mit denen wir Zivilstreife fahren. In einer Tasche hinter dem Vordersitz. Wir haben sie die ganze Zeit, als er gesucht wurde, nicht bemerkt. Erst heute, weil einer von uns auf dem R ü cksitz sa ß . Normalerweise fahren wir mit zwei Fahrzeugen raus. Aber heute haben wir uns alle in einen Wagen gezw ä ngt, um mal den Boulevard lang zu fahren, nachdem wir heute morgen die Nachricht h ö rten. Ich habe sie in der Tasche gesehen. Auf einem Zettel stand, da ß man sie dir geben soll. Wir wu ß ten, da ß er f ü r dich an einer Sache arbeitete, weil er sich an einem Abend abgesetzt hatte, um dich im Catalina zu treffen.«
Noch hatte Bosch die Akte nicht ge ö ffnet. Der Anblick allein verursachte ihm Bauchschmerzen.
» An dem Abend hat er mir gesagt, da ß die Schmei ß fliegen hinter ihm her seien. Wi ß t ihr, warum? «
» Nee, keine Ahnung, was da ablief. Wir haben gewu ß t, da ß sie herumflogen. Es hat gesummt wie auf dem Schei ß haus. Die DIE hat noch vor RM seine Klauen im Schreibtisch gehabt und abger ä umt. Akten, sein Telefonbuch, sogar die verdammte Schreibmaschine. Die einzige, die wir hatten. Warum blo ß ? Ich habe keinen blassen Schimmer … Der Mann hatte eine ganzen Menge Dienstjahre auf dem Buckel … Ich werde das denen nie vergeben, da ß die ihn fertigmachen wollten. Das hab’ ich vorhin damit gemeint, als ich sagte, da ß der Job ihn fertiggemacht hat. Wir kommen alle mal dran.«
» Und Au ß erberufliches? Seine Vergangenheit? Seine Frau hat mir gesagt …«
» Ich will den Schei ß nicht h ö ren. Sie hat die Anz ü ge auf ihn gehetzt. Hat sich irgendein M ä rchen ausgedacht und es ihnen auf die Nase gebunden, als er zur T ü r raus ist. Wenn du mich fragst … Sie wollte es ihm blo ß heimzahlen.«
» Woher wei ß t du, da ß sie es war? «
» Cal hat uns die Lage erkl ä rt, Mann. Er hat uns vor den DIE-Schmei ß fliegen gewarnt. Hat gesagt, es k ä me von ihr.« Bosch fragte sich, wer gelogen hatte. Moore oder Sylvia. F ü r einen Moment dachte er an sie und konnte es sich nicht vorstellen, da ß sie den Tip gegeben hatte. Aber er wollte den Punkt nicht ausdiskutieren und nahm die Akte in die Hand. Dann ging er.
Er war zu neugierig, um zu warten. Fest stand, da ß die Akte ihn nichts anging und da ß er verpflichtet war, sofort Frank Sheehan von RM anzurufen. Unbewu ß t sah er sich um und versicherte sich, da ß er allein war, bevor er mit dem Lesen begann. Auf der ersten Seite klebte ein gelber Post-it-Zettel.
Harry Bosch
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