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Harry Bosch 03 - Die Frau im Beton

Harry Bosch 03 - Die Frau im Beton

Titel: Harry Bosch 03 - Die Frau im Beton Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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Parker Centers eingeteilt. Das war Tradition, aber es hatte auch einen Sinn. Falls ein Polizist nicht auf dem Parkplatz des Polizeipräsidiums Autoeinbrüche und andere Verbrechen bekämpfen konnte, stellte sich die berechtigte Frage, wo er es dann könnte.
    »Detective, alles in Ordnung?« fragte er und steckte den Stock wieder in den Ring an seinem Gürtel. »Ich sah, wie Sie abgesetzt wurden und in Ihr Auto stiegen. Als Sie dann nicht wegfuhren, wollte ich nachsehen.«
    »Ja«, brachte Bosch heraus. »Ich, hm, bin okay. Danke. Ich muß wohl eingeschlafen sein. War ein langer Tag.«
    »Ja, das sind sie alle. Seien Sie vorsichtig.«
    »Ja.«
    »Können Sie fahren?«
    »Jaja. Danke.«
    »Sind Sie sicher?«
    »Sicher.«
    Er wartete, bis der Cop weggegangen war, und startete dann seinen Wagen. Bosch sah auf die Uhr und schätzte, daß er höchstens dreißig Minuten geschlafen hatte. Aber das Nickerchen und das plötzliche Aufwachen hatten ihn erfrischt. Er zündete eine Zigarette an und fuhr auf die Los Angeles Street, die ihn zur Auffahrt des Hollywood Freeways brachte.
    Als er in nördlicher Richtung auf dem Freeway fuhr, kurbelte er das Fenster herunter, damit ihn die frische Luft wachhielt. Die Nacht war klar. Vor ihm stiegen die Lichter der Hollywood-Hügel auf, wo Scheinwerfer von zwei verschiedenen Standorten hinter den Bergen den dunklen Himmel durchschnitten. Die Szenerie war schön, aber sie stimmte ihn melancholisch.
    Los Angeles hatte sich in den letzten Jahren verändert, allerdings war das nichts Neues. Die Stadt veränderte sich ständig, deshalb liebte er sie. Aber Krawalle und Rezession hatten ihre Spuren in der Landschaft hinterlassen, in der Landschaft der Erinnerung. Bosch glaubte nicht, daß er die Rauchwolke, die wie ein Leichentuch über der Stadt gehangen und die auch der Abendwind nicht vertrieben hatte, je würde vergessen können. Ebenso die Fernsehbilder von brennenden Gebäuden und Plünderern, die Herr der Straße waren. Es waren die dunkelsten Stunden der Polizei, und sie hatte sich immer noch nicht davon erholt.
    Und die Stadt ebenfalls nicht. Viele der Mißstände, die zu dem wütenden Ausbruch geführt hatten, waren immer noch nicht behoben. Die Stadt bot so viel Schönheit und auch so viel Gefahr und Haß. Es war eine Stadt, deren Selbstvertrauen erschüttert war und die von den Notrationen der Hoffnung zehrte. Bosch stellte sich die Polarisierung von Arm und Reich als Gleichnis vor: Eine Fähre, die dabei war abzulegen. Eine überfüllte Fähre an einem überfüllten Pier; einige Leute standen mit einem Fuß auf dem Schiff und mit dem anderen an Land. Die Fähre entfernte sich mehr und mehr vom Ufer und bald würden die, die den Abstand überbrückten, ins Wasser fallen. Aber die Fähre war immer noch überladen und würde bei der ersten Welle kentern. Die, die man am Pier zurückgelassen hatte, würden dann jubeln. Sie beteten um die Welle.
    Er dachte an Edgar und was er getan hatte. Er war einer von denen, die hineinfallen würden. Dagegen konnte man nichts tun. Edgar und seine Frau, der er nicht sagen konnte, wie kritisch ihre Lage war. Bosch fragte sich, ob er richtig gehandelt hatte. Edgar hatte ihn vor dem Zeitpunkt gewarnt, wo er jeden Freund gebrauchen könnte. Wäre es klüger gewesen, die Sache aufs Sparkonto zu bringen und Edgar laufen zu lassen? Kein Schaden, kein Vergehen? Er war sich nicht sicher, aber er hatte noch Zeit. Er würde sich entscheiden müssen.
    Als er durch den Cahuenga Pass fuhr, kurbelte er das Fenster wieder nach oben. Es wurde allmählich kalt. Er sah nach Westen in die Hügel und versuchte, die unbeleuchtete Stelle zu finden, wo sein dunkles Haus stand, und war froh, daß er nicht dorthin fuhr, sondern zu Sylvia.
     
    Er war um 11.30 Uhr dort und öffnete mit seinem Schlüssel die Tür. In der Küche brannte Licht, sonst war es jedoch dunkel im Haus. Sylvia schlief. Es war zu spät für die Nachrichten, und Talk-Show-Sendungen hatten ihn noch nie interessiert. Im Wohnzimmer zog er die Schuhe aus, um nicht zu laut zu sein, und ging dann durch den Flur zu ihrem Schlafzimmer.
    Er verharrte in der totalen Dunkelheit, damit sich seine Augen daran gewöhnten.
    »Hallo«, sagte sie vom Bett her.
    »Hallo.«
    »Wo warst du, Harry?«
    Sie sagte es liebevoll, mit Schlaf in ihrer Stimme. Es klang nicht enttäuscht oder kritisierend.
    »Ich mußte noch ein paar Sachen erledigen, dann habe ich noch was getrunken.«
    »Gute Musik gehört?«
    »Ja, sie hatten ein

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