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Harry Bosch 03 - Die Frau im Beton

Harry Bosch 03 - Die Frau im Beton

Titel: Harry Bosch 03 - Die Frau im Beton Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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Sicherheit Trophäen besitzt, die ihm helfen, die Morde in seiner Phantasie nachzuspielen. Auf diese Weise mindert er den Triebdruck, seine Phantasien physisch auszuagieren.«
    »Ich verstehe.«
    »Wir haben es mit einem Mann zu tun, dessen Intervalle ungewöhnlich lang sind. Glauben Sie mir, während dieser sieben Monate ist der Impuls, rauszugehen und zu töten, nicht eingeschlafen. Er ist da. Er ist immer da. Erinnern Sie sich an die erotische Form? Ich sagte darüber aus.«
    »Ich erinnere mich.«
    »Also, er muß seine erotische Form befriedigen. Erfüllen. Wie tut er das? Wie übersteht er sechs, sieben oder acht Monate? Er hat Trophäen! Erinnerungsstücke vergangener Eroberungen. Mit Eroberungen meine ich Morde. Er besitzt Gegenstände, die seiner Erinnerung dienen und seine Phantasien am Leben halten. Es kommt bei weitem nicht der Wirklichkeit nahe, aber er kann die Erinnerungsstücke verwenden, um den Zyklus zu verlängern, den Impuls zu handeln, kann er damit unterdrücken. Er weiß , je weniger er tötet, desto geringer ist die Chance, daß man ihn faßt.
    Wenn Sie recht haben, dauert der jetzige Zyklus schon acht Monate. Das heißt, er nähert sich seiner Grenze, wobei er noch ständig versucht, seinen Trieb unter Kontrolle zu halten. Gleichzeitig haben wir dieses Schreiben und seinen eigenartigen Zwang, beachtet zu werden. Als ob er aufstehen und sich melden würde: ›Ich bin besser als der Puppenmacher. Ich mache weiter! Wenn ihr mir nicht glaubt, seht nach, was ich im Beton versteckt habe.‹ Das Schreiben ist ein Anzeichen für einen starken Persönlichkeitszerfall. Gleichzeitig bekämpft er verzweifelt seinen Trieb. Es sind schon mehr als sieben Monate.«
    Bosch drückte seine Zigarette an der Wand des Papierkorbs aus und ließ sie hineinfallen. Er holte sein Notizbuch hervor. »Die Kleider der Opfer, sowohl vom Puppenmacher als auch vom Nachahmungstäter wurden nie gefunden. Könnten sie ihm als Trophäen dienen?«
    »Das ist möglich, aber stecken Sie Ihren Notizblock weg, Harry. Die Antwort ist leichter. Denken Sie daran, daß dieser Mann seine Opfer von den Videos auswählt, die er sieht. Wie könnte er seine Phantasien besser am Leben halten, als durch Videos. Wenn Sie ihn im Haus loswerden können, suchen Sie nach Videos, Harry. Und nach einer Kamera.«
    »Er nahm die Morde auf Video auf«, sagte Bosch.
    Es war keine Frage. Er wiederholte nur, was Locke gesagt hatte, und stellte sich innerlich darauf ein, was ihn in bezug auf Mora erwartete.
    »Natürlich können wir es nicht mit Sicherheit sagen«, meinte Locke. »Wer weiß? Aber ich würde darauf wetten. Erinnern Sie sich an Westley Dodd?«
    Bosch schüttelte seinen Kopf.
    »Er wurde vor ein paar Jahren in Washington hingerichtet. Gehängt. Eine passende Strafe. Ein Kindermörder. Er hängte sie in seine Kleiderschränke auf Kleiderbügel. Und er hatte eine Polaroidkamera, die er benutzte. Nachdem die Polizei ihn verhaftete, fand sie ein sorgfältig geführtes Fotoalbum mit Aufnahmen der kleinen Jungen, die er getötet hatte, wie sie im Kleiderschrank hingen. Ekelhaftes Zeug. Aber so pervers und ekelhaft es war, kann ich Ihnen doch garantieren, daß dieses Album das Leben anderer Jungen gerettet hat. Weil es ihm bei seinen Phantasien half, ohne daß er seinen Trieb ausagieren mußte.«
    Bosch nickte, er verstand. Irgendwo in Moras Haus würde er ein Video oder eine Bildergalerie finden, bei deren Anblick die meisten Leuten sich übergeben würden. Aber Mora half es, die Finsternis fernzuhalten – manchmal bis zu acht Monaten.
    »Erinnern Sie sich an Jeffrey Dahmer?« sagte Locke. »Aus Milwaukee. Er war auch ein Kameramann. Er machte Aufnahmen von Leichen, Leichenteilen. Es half ihm, der Aufmerksamkeit der Polizei für Jahre zu entgehen. Dann begann er die Leichen aufzubewahren. Das war ein Fehler.«
    Sie schwiegen danach eine Weile. Bosch gingen die schrecklichen Bilder von den Toten, die er gesehen hatte, durch den Kopf. Er rieb sich die Augen, als könnte er die Eindrücke wegwischen.
    »Wie lautet der Werbeslogan für Fotos?« sagte Locke. »›Das Geschenk, das einen immer wieder beschenkt‹ oder so ähnlich. Was würde dann erst ein Video für einen Serienmörder bedeuten?«
    Bevor er das Universitätsgelände verließ, ging Bosch zum Campus-Center in den Buchladen. In der Abteilung für Psychologie und Soziologie fand er einen Stapel von Lockes Buch über Pornographie. Das oberste Buch war an den Rändern abgegriffen, und Bosch

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