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Harry Bosch 03 - Die Frau im Beton

Harry Bosch 03 - Die Frau im Beton

Titel: Harry Bosch 03 - Die Frau im Beton Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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Church.«
    An dieser Stelle unterbrach sie, jedoch nicht um auf ihren gelben Block zu sehen, sondern um die gespannte Erwartung, was sie als nächstes sagen würde, auf sich zu ziehen. Bosch sah zur Jury hinüber. Fünf Frauen, sieben Männer. Drei Schwarze, drei Latinos, ein Asiate und fünf Weiße. Mit angehaltenem Atem folgten sie Chandlers Ausführungen.
    »In diesem Fall«, fuhr sie fort, »geht es um einen Polizisten, der nicht mit seinem Job und der großen Macht, die er ihm gab, zufrieden war. Er wollte auch Ihren Job, den von Richter Keyes und den der Justizverwaltung, die die von Richter und Jury beschlossenen Urteile vollstreckt. Er wollte alles. Hier geht es um Detective Harry Bosch, der am Tisch des Beklagten sitzt.«
    Dabei deutete sie auf Bosch und kostete jede Silbe des Worts »Beklagten« aus. Belk stand sofort auf und erhob Einspruch.
    »Es besteht keinerlei Veranlassung für Miss Chandler der Jury meinen Klienten vorzuführen und sarkastische Stimmübungen zu machen. Es stimmt, daß wir am Tisch der Beklagtenseite sitzen. Aber nur, weil dies ein Zivilprozeß ist und in diesem Land jeder jeden verklagen kann, sogar die Familie eines …«
    »Einspruch Euer Ehren«, rief Chandler. »Er benutzt seinen Einspruch, um den Ruf von Mr. Church, der nie eines Verbrechens für schuldig befunden wurde, weiter zu zerstören, weil …«
    »Genug!« donnerte Richter Keyes. »Einspruch stattgegeben. Ms. Chandler, es gibt keinen Grund, mit dem Finger auf Leute zu zeigen. Wir wissen, wer wir sind. Ersparen Sie uns auch haßerfüllte Betonung von Wörtern. Wörter sind schön und häßlich. Lassen Sie sie für sich wirken. Was Sie angeht, Mr. Belk, werde ich sehr verärgert, wenn ein Anwalt das Eröffnungs- oder Abschlußplädoyer der Gegenseite unterbricht. Sie werden Ihre Gelegenheit zu sprechen bekommen. Ich würde Ihnen raten, nicht mehr gegen Ms. Chandlers Ausführungen Einspruch zu erheben, es sei denn, die Rechte Ihres Klienten werden in ungeheuerlicher Weise verletzt. Meiner Ansicht nach rechtfertigt ein Zeigefinger nicht einen Einspruch.«
    »Vielen Dank, Euer Ehren«, sagten Belk und Chandler einstimmig.
    »Fahren Sie fort, Ms. Chandler. Wie ich in meinen Räumen heute morgen sagte, wünsche ich, daß die Eröffnungsplädoyers heute abgeschlossen werden. Und um vier habe ich eine andere Verpflichtung.«
    »Vielen Dank, Euer Ehren«, sagte sie erneut. Sie wandte sich wieder der Jury zu. »Meine Damen und Herren, wir alle benötigen die Polizei. Wir alle schätzen unsere Polizei. Die meisten, die weitaus meisten, haben einen undankbaren Job, aber sie erledigen ihre Aufgabe gut. Die Polizei ist ein unverzichtbarer Teil unserer Gesellschaft. Was würden wir tun, wenn wir nicht die Polizei hätten, die uns schützt und uns dient. Aber darum geht es hier nicht, und ich möchte, daß Sie das im Verlauf des Prozesses nicht vergessen. Hier geht es darum, was zu tun ist, wenn ein Mitglied der Polizei den Boden der Gesetze und der polizeilichen Vorschriften verläßt. So etwas nennt man einen wild gewordenen Polizisten. Und die Beweise werden zeigen, daß Harry Bosch so ein wild gewordener Polizist ist, der eines Nachts vor vier Jahren sich die Befugnisse von Richter, Jury und Henker anmaßte. Er erschoß einen Mann, von dem er annahm, daß er ein Mörder war. Ja sogar ein schrecklicher Serienmörder. Jedoch zu dem Zeitpunkt, als er seine Waffe zog und auf Mr. Norman Church schoß, gab es keinerlei Beweis dafür.
    Sie werden nun hier von der Verteidigung alle möglichen angeblichen Beweise vorgelegt bekommen, von der die Polizei behauptet, daß sie Mr. Church mit den Morden verbinden. Aber vergessen Sie während der Verhandlung nie, woher diese Beweise kommen – von der Polizei selbst – und wann sie gefunden wurden – nachdem Mr. Church hingerichtet wurde. Wir werden zeigen, daß diese sogenannten Beweise bestenfalls fraglich, bestenfalls das Resultat von Schlamperei sind. Letztendlich werden Sie entscheiden müssen, ob Mr. Church, ein Ehemann und Vater zweier Kinder mit einem gut bezahlten Job in der Flugzeugindustrie, wirklich der Mörder war, der sogenannte Puppenmacher, oder ob die Polizei ihn zum Sündenbock machte, um das Vergehen eines der Ihren zu vertuschen. Die brutale, ungerechtfertigte und unnötige Hinrichtung eines unbewaffneten Mannes.«
    Sie fuhr fort und sprach von der Verschwörung des Schweigens, die bekanntermaßen im Polizeiapparat existiere, von der langen Tradition, die Brutalität bei der

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