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Harry Bosch 03 - Die Frau im Beton

Harry Bosch 03 - Die Frau im Beton

Titel: Harry Bosch 03 - Die Frau im Beton Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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Der Schußwaffengebrauch selbst beinhaltete kein Vergehen, aber seine Aktionen, die dem vorausgingen, waren inkorrekt.«
    »Könnten Sie sich etwas spezifischer ausdrücken?«
    »Ja. Sein Hauptfehler war, daß er allein vorging. Er fuhr ohne Unterstützung zu der Wohnung des Mannes und setzte sich in Gefahr. Es endete mit dem tödlichen Schuß.«
    »Das nennt man Cowboy spielen, nicht wahr?«
    »Den Ausdruck kenne ich. Ich verwende ihn aber nicht.«
    »Aber paßt er?«
    »Das kann ich nicht sagen.«
    »Das können Sie nicht sagen, Chief. Aber können Sie sagen, ob Mr. Church heute noch am Leben wäre, wenn Detective Bosch nicht diese Situation geschaffen hätte durch sein Cow…«
    »Einspruch!« kreischte Belk.
    Bevor er allerdings zur Begründung zum Pult gehen konnte, hatte Richter Keyes ihm stattgegeben und Chandler ermahnt, spekulative Fragen zu vermeiden.
    »Ja, Euer Ehren«, antwortete sie freundlich. »Chief, Sie sagen also im Grunde, daß Detective Bosch eine Kettenreaktion in Gang gesetzt hat, die mit dem Tod eines unbewaffneten Mannes endete. Ist das richtig?«
    »Das ist nicht korrekt. Die Untersuchung fand keine ernsthaften Verdachtsmomente oder Beweise, daß Detective Bosch diesen Ablauf der Dinge willentlich in Gang gesetzt hat. Es geschah spontan. Er überprüfte einen Hinweis. Als der sich als glaubhaft herausstellte, hätte er Unterstützung anfordern müssen. Aber er tat es nicht und ging hinein. Er identifizierte sich als Polizist und Mr. Church machte die verdächtige Bewegung. Und jetzt sind wir alle hier. Das heißt nicht, daß die Sache anders abgelaufen wäre, wäre Unterstützung dagewesen. Ich meine, jemand, der den Befehl eines bewaffneten Polizisten nicht beachtet, würde sich wahrscheinlich genauso bei zwei Polizisten verhalten.«
    Chandler hatte Erfolg mit ihrem Antrag, den letzten Satz aus dem Protokoll zu streichen.
    »Wurden von Ihren Leuten alle Aspekte des Schußwaffengebrauchs untersucht, bevor sie zu dem Schluß gelangten, daß Detective Bosch diesen Ablauf nicht absichtlich in Gang gesetzt hat?«
    »Jawohl.«
    »Was ist mit Detective Bosch, wurde seine Person untersucht?«
    »Selbstverständlich. Er wurde rigoros zu seinen Aktionen vernommen.«
    »Auch zu seinen Motiven?«
    »Zu seinen Motiven?«
    »Chief, war Ihnen oder Ihren Leuten bekannt, daß die Mutter von Detective Bosch vor dreißig Jahren in Hollywood ermordet wurde und daß man den Täter nie faßte. Und daß seine Mutter mehrfach wegen Herumlungerns verhaftet wurde?«
    Bosch fühlte, wie seine Haut brannte, als ob starke Scheinwerfer sich auf ihn richteten. Jeder im Gerichtssaal starrte ihn an. Er war sich sicher, aber er schaute nur Irving an, der geradeaus starrte. Sein Blick war gelähmt, die Blutgefäße rechts und links seiner Nase schwollen an. Als er nicht antwortete, half ihm Chandler nach.
    »Wußten Sie es, Chief. Es steht in Detective Bosch’ Personalakte. Als er sich bei der Polizei bewarb, mußte er angeben, ob er je Opfer eines Verbrechens war. Er schrieb, daß er dadurch seine Mutter verlor.«
    Endlich sagte Irving: »Nein, das wußte ich nicht.«
    »Ich glaube, Herumlungern war in den fünfziger Jahren der Euphemismus für Prostitution, als Los Angeles versuchte die Verbrechensprobleme einfach zu verdrängen, wie zum Beispiel die auf dem Hollywood Boulevard florierende Prostitution. Ist das richtig?«
    »Daran kann ich mich nicht erinnern.«
    Chandler bat, zum Zeugenstand treten zu dürfen, und reichte Irving einen dünnen Stoß Papiere. Sie ließ ihm fast eine Minute Zeit, sie durchzusehen. Seine Augenbrauen zogen sich beim Lesen zusammen, und unterhalb der Schläfen hatten sich die Kiefermuskeln verspannt. Bosch konnte seine Augen nicht sehen.
    »Was liegt Ihnen vor, Chief?« fragte Chandler.
    »Wir nennen es Erfolgsprognose. Es betrifft die Ermittlungen in einem Mordfall und ist datiert vom dritten November 1962.«
    »Was ist eine Erfolgsprognose?«
    »Jeder ungelöste Fall wird einmal im Jahr durchgesehen – bis zu dem Zeitpunkt, wo wir glauben, daß kaum noch Erfolgsaussichten bestehen, ihn zu lösen.«
    »Wie ist der Name des Opfers und was sind die Todesumstände?«
    »Marjorie Phillips Lowe. Sie wurde vergewaltigt und erwürgt. Am einunddreißigsten Oktober 1961. Ihre Leiche wurde in einem Gäßchen, parallel zum Hollywood Boulevard, zwischen Vista und Gower Street, gefunden.«
    »Was entschied der Schreiber des Berichts?«
    »Daß es zu diesem Zeitpunkt, also ein Jahr nach dem Verbrechen,

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