Harry Bosch 09 - Letzte Warnung
Sicherheitsabteilung der Bank. Simonson überlebte. Eigentlich hat er nur eine Kugel in den Arsch gekriegt. Wahrscheinlich ein Querschläger, wenn ich das Ergebnis der ballistischen Untersuchungen richtig in Erinnerung behalten habe.«
»Jedenfalls hat er danach die Bank verklagt?«
»Ob es wirklich so weit kam, weiß ich nicht. Der Punkt ist, er war längere Zeit krankgeschrieben und beschloss dann, bei der Bank zu kündigen. Er nahm sich einen Anwalt und begann Stunk zu machen, mit der Begründung, die Bank habe ihn durch diesen Auftrag in Gefahr gebracht.«
»Womit er nicht ganz Unrecht gehabt haben dürfte, oder?«
»Obwohl er sich freiwillig für den Auftrag gemeldet hatte? Er hatte geholfen, die Geldscheine zu beschaffen, und dann von sich aus angeboten, während der Dreharbeiten auf das Geld aufzupassen.«
»Trotzdem hätte er damit durchkommen können. Er hätte vorbringen können, dass er sich unter Zwang gemeldet hat oder …«
»Sicher, das ist mir alles klar. Es geht mir auch nicht darum, ob seine Klage Aussicht auf Erfolg gehabt hätte oder nicht. Offensichtlich hatte sie das, weil sich die Bank auf einen Vergleich einließ und James Foreman die Sache in die Hand nahm.«
»Okay, und worauf wollen Sie hinaus? Was genau wollen Sie wissen?«
Ich machte die Tür der Telefonzelle wieder auf, um etwas frische Luft hereinzulassen.
»Ich möchte wissen, wie dieser Vergleich ausfiel. Wie viel er bekommen hat.«
»Ich rufe gleich mal Jim Foreman an. Möchten Sie so lange warten?«
»Äh, so einfach ist die Sache leider nicht. Ich glaube, es gab eine Vereinbarung, wonach dieser Punkt vertraulich behandelt werden sollte.«
Darauf war sie erst einmal still, und ich musste tatsächlich grinsen, während ich wartete. Es war ein gutes Gefühl, ganz offen zu sagen, was ich wollte.
»Ich verstehe«, sagte Langwiser schließlich. »Und jetzt wollen Sie, dass ich mich darüber hinwegsetze und herausfinde, wie viel er bekam.«
»Naja, wenn Sie es so ausdrücken wollen …«
»Wie sollte ich es denn sonst ausdrücken?«
»Bei meinen Ermittlungen tauchte unter anderem auch sein Name auf. Simonson. Und es brächte mich einfach ein großes Stück weiter, wenn ich wüsste, wie viel er von der Bank bekommen hat. Sie würden mir damit sehr helfen, Janis.«
Wieder zogen meine Worte ein langes Schweigen nach sich.
»Ich werde nicht in meiner eigenen Firma in irgendwelchen Akten herumschnüffeln«, sagte sie schließlich. »Ich werde nichts tun, womit ich mir Scherereien einhandeln könnte. Das Beste wird sein, einfach zu Jim zu gehen und ihn zu fragen und zu sehen, was er dazu meint.«
»Okay.«
Das war mehr, als ich mir erhofft hatte.
»Das Einzige, was meiner Bitte ein gewisses Gewicht verleihen könnte, ist der Umstand, dass BankLA weiterhin zu unseren Mandanten zählt. Wenn Sie nun sagen, dieser Simonson könnte an dem Raubüberfall beteiligt gewesen sein, der die Bank immerhin zwei Millionen Dollar und ihren Sicherheitschef gekostet hat, lässt sich Jim möglicherweise sogar breitschlagen.«
»Das wäre doch optimal.«
An diese Möglichkeit hatte ich zwar schon gedacht, aber ich wollte, dass sie selbst darauf kam. Meine Stimmung stieg. Unter Umständen bekäme sie aus Foreman heraus, was ich wissen wollte.
»Freuen Sie sich nicht zu früh, Harry.«
»Schon gut.«
»Ich sehe, was ich tun kann, und dann rufe ich Sie an. Und keine Angst – wenn ich auf Ihrem Privatanschluss eine Nachricht hinterlassen muss, wird sie verschlüsselt sein.«
»Okay, Janis, danke.«
Ich hängte auf und verließ die Zelle. Als ich durch den Markt in Richtung Parkgarage zurückging und am Tortenfenster vorbeikam, stellte ich zu meiner Überraschung fest, dass der Konditor da war. Ich blieb eine Minute vor dem Fenster stehen und sah ihm zu. Es musste eine besonders eilige Bestellung sein, denn es sah so aus, als sei die Torte aus einem der Schaukästen genommen worden. Sie war bereits glasiert. Der Mann hinter dem Fenster brachte nur Blüten und Buchstaben darauf an.
Ich wartete, bis er den Glückwunsch schrieb. In rosafarbener Schrift auf einem Feld aus Schokolade. Happy Birthday , Callie! Ich hoffte, es war eine weitere Torte, die an einen glücklichen Ort kam.
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Jocelyn Jones arbeitete in der BankLA-Filiale an der Kreuzung von Santa Monica und San Vicente Boulevard. Damit lag sie in einem County, das in Sachen Banküberfälle seit Jahrzehnten weltweit an erster Stelle stand, an einem denkbar sicheren Ort. Direkt
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