Harry Bosch 09 - Letzte Warnung
Rettungssanitäter zu mir, und sie machten mir ein Aloe-Gel auf die Verbrennungen in meinem Gesicht. Sie gaben mir ein Aspirin und erklärten mir, die Verletzungen seien harmlos und würden keine Narben hinterlassen. Für mich fühlte es sich an, als hätte mir ein blinder Chirurg ein Gesichtspeeling verpasst.
Mir wurden gerade so lange die Handschellen abgenommen, dass ich die Böschung hinaufsteigen und durch die Klappe im Fußboden klettern konnte. Im Haus wurden sie mir wieder angelegt, und ich musste mich auf die Couch im Wohnzimmer setzen. Von dort konnte ich draußen auf dem Flur Miltons ausgestreckte Beine sehen, um die mehrere Leute von der Spurensicherung herumschwirrten.
Als die Zivilbeamten anrückten, wurde es ernst. Fast alle gingen nach dem gleichen Schema vor. Sie kamen herein, betrachteten mit ernster Miene Miltons Leiche und gingen dann, ohne mich anzusehen, durchs Wohnzimmer aufs Sonnendeck hinaus, wo sie zu den drei anderen Toten hinabschauten. Dann kamen sie wieder zurück ins Haus, sahen mich wortlos an und gingen in die Küche, wo es jemand auf sich genommen hatte, meinen frischen Beutel Kaffee zu öffnen und die Kaffeemaschine anzuwerfen.
So ging das fast zwei Stunden. Zunächst war unter den Detectives niemand, den ich kannte, denn sie waren alle aus North Hollywood. Doch dann wurde an höchster Stelle entschieden, die Ermittlungen – soweit sie das LAPD angingen – der Robbery-Homicide-Division zu übertragen. Als darauf einer nach dem anderen die RHD-Typen eintrudelten, wurde das Ganze fast eine Art Veteranentreffen. Viele von ihnen kannte ich, und mit einigen hatte ich sogar zusammengearbeitet. Auf den Gedanken, mir die Handschellen abzunehmen, kamen sie erst, als Kiz Rider aus dem Büro des Polizeichefs aufkreuzte. Sie verlangte wütend, mich von meinen Fesseln zu befreien, und als niemand Anstalten machte, ihrer Aufforderung nachzukommen, machte sie es selbst.
»Alles okay, Harry?«
»Jetzt ja, glaube ich.«
»Du bist ja ganz rot und aufgedunsen im Gesicht. Soll ich die Sanitäter holen?«
»Sie haben mich schon angesehen. Harmlose Verbrennungen. Ich bin dem falschen Ende einer Flinte zu nahe gekommen.«
»Wie stellst du dir den weiteren Ablauf vor? Du weißt, was dir blühen kann. Möchtest du dir einen Anwalt nehmen, oder können wir reden?«
»Mit dir rede ich, Kiz. Dir erzähle ich die ganze Geschichte. Ansonsten nehme ich mir einen Anwalt.«
»Ich bin nicht mehr bei der RHD, Harry. Das weißt du ganz genau.«
»Solltest du aber sein, und das weißt du ganz genau.«
»Ich bin es aber nicht.«
»Trotzdem, ich bleibe dabei, Kiz. Die Entscheidung liegt bei dir. Ich habe einen guten Anwalt.«
Sie dachte kurz nach.
»Na schön, warte einen Moment. Ich bin gleich wieder zurück.«
Sie verließ das Haus, um mit den zuständigen Leuten über mein Angebot zu sprechen. Während sie weg war, sah ich, wie Special Agent John Peoples hereinkam und neben Miltons Leiche niederkauerte. Dann schaute er zu mir herüber und suchte meinen Blick. Falls er mir eine Nachricht zu übermitteln versuchte, war ich nicht ganz sicher, wie sie lautete. Aber er wusste, ich hielt etwas von ihm in der Schwebe. Seine Zukunft.
Rider kam wieder zurück ins Haus und zu mir.
»Also, die Sache sieht folgendermaßen aus. In dieser Angelegenheit haben alle möglichen Behörden ein Wörtchen mitzureden. Und ganz besonders das FBI. Der Tote hier im Haus gehörte anscheinend irgendeiner Anti-Terroreinheit an, und das sticht alles andere aus. Deshalb lassen sie auf keinen Fall zu, dass wir beide in den Sonnenuntergang abtanzen.«
»Na schön, dann werde ich Folgendes machen. Ich rede mit dir und jemandem vom FBI. Und zwar möchte ich, dass es Roy Lindell ist. Holt ihn aus dem Bett und schafft ihn her, dann sage ich euch, wie es war, von Anfang an. Aber ich will dich und Lindell haben. Andernfalls verschanze ich mich hinter meinem Anwalt, und ihr könnt selbst versuchen, euch einen Reim auf das Ganze zu machen.«
Sie nickte und drehte sich um und ging wieder nach draußen. Mir fiel auf, dass Peoples nicht mehr im Flur war, aber ich hatte ihn nicht weggehen sehen.
Diesmal blieb Rider eine halbe Stunde weg. Doch als sie zurückkam, lag eine gewisse Autorität in ihrem Schritt. Schon bevor sie es mir sagte, wusste ich, dass sie auf meinen Vorschlag eingegangen waren. Der Fall gehörte ihr, zumindest was das LAPD anging.
»Also schön, wir fahren jetzt zur North Hollywood Division runter. Dort bekommen wir
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