Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Harry Bosch 09 - Letzte Warnung

Harry Bosch 09 - Letzte Warnung

Titel: Harry Bosch 09 - Letzte Warnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
Vom Netzwerk:
Leitung kroch mehr Schweigen. Ich bekam mit, dass mein Flug aufgerufen worden war.
    »Ist das der Grund deines Anrufs? Um mir von deinen Schlafgewohnheiten zu erzählen?«
    »Nein, ich, ähm … naja, ich brauche sozusagen ein bisschen Hilfe. In Las Vegas.«
    »Hilfe? Wie meinst du das? Meinst du, bei einem Fall? Du hast doch erzählt, du hast bei der Polizei aufgehört.«
    »Sicher. Habe ich. Aber da ist so eine Sache, an der ich gerade arbeite … Wie dem auch sei, ich dachte nur, ob du mich vielleicht in etwa einer Stunde am Flughafen abholen könntest. Ich fliege gleich los.«
    Diese Bitte und alles, was sie möglicherweise bedeutete, musste sich erst einmal setzen, und es trat wieder Schweigen ein. Meine Brust fühlte sich schwer und zusammengeschnürt an, während ich wartete. Ich dachte gerade an die Eine-Kugel-Theorie, als sie endlich zu sprechen begann.
    »Gut, ich komme dich abholen. Wohin soll ich dich bringen?«
    Ich merkte, dass ich den Atem angehalten hatte. Ich atmete aus. Tief unten, in diesen samtenen Falten, wusste ich, dass ihre Antwort so ausfallen würde, aber sie laut ausgesprochen zu hören, meinen Instinkt bestätigt zu finden, erfüllte mich unverzüglich mit meiner eigenen Bestätigung der Gefühle, die ich noch für sie hegte. Ich versuchte, sie mir am anderen Ende der Leitung vorzustellen. Sie war im Bett, das Telefon auf dem Nachttisch, ihr Haar auf eine Art zerzaust, die ich immer anziehend gefunden und die immer zur Folge gehabt hatte, dass ich mit ihr im Bett bleiben wollte. Dann fiel mir ein, dass es eine Handynummer war. Sie hatte keinen Festnetzanschluss, zumindest keinen, dessen Nummer ich hatte. Und dann kam wieder diese ›Wir‹-Geschichte hoch, drängte sich dazwischen wie jemand, der einem übers Telefon etwas andrehen will. In wessen Bett war sie?
    »Harry, bist du noch dran?«
    »Ja, ich bin noch dran. Äh, nur zu einer Leihwagenfirma. Avis, würde ich sagen. Sie geben sich mehr Mühe. Angeblich.«
    »Harry, sie haben Busse, die genau wegen so was alle fünf Minuten zum Flughafen kommen. Wieso brauchst du da mich? Was soll das alles?«
    »Das erkläre ich dir, wenn ich da bin. Mein Flug wurde gerade aufgerufen. Kannst du zum Flughafen kommen, Eleanor?«
    »Ich habe doch gesagt, dass ich komme«, sagte sie in einem Ton, den ich nur zu gut kannte, so, als wäre sie gleichzeitig nachgiebig und widerstrebend.
    Ich befasste mich nicht weiter damit. Ich hatte, was ich wollte. Dabei beließ ich es.
    »Danke. Wie wär's, wenn du einfach vor Southwest auf mich wartest? Hast du immer noch den Taurus?«
    »Nein, Harry, inzwischen habe ich einen silbernen Lexus. Einen Viertürer. Und ich mache das Licht an. Wenn ich dich als Erste sehe, blende ich kurz auf.«
    »Okay, dann bis gleich. Danke, Eleanor.«
    Ich legte auf und ging zum Flugsteig. Ein Lexus, dachte ich im Gehen. Ich hatte mich nach ihren Preisen erkundigt, bevor ich den gebrauchten Mercedes kaufte. Sie waren nicht unerschwinglich, aber auch nicht gerade billig. Anscheinend tat sich bei ihr etwas. Ich war ziemlich sicher, dass mich das freute.
    Bis ich im Flugzeug war, waren nur noch Sitze in der Mitte frei und in den Gepäckfächern gab es für meine Tasche keinen Platz mehr. Ich zwängte mich zwischen einen Mann in einem Hawaiihemd mit einer dicken Goldkette um den Hals und eine Frau, die so blass war, dass ich dachte, sie könnte auflodern wie ein Streichholz, sobald die Sonne von Nevada auf sie fiel. Ich steckte mein Terrain ab, behielt die Ellbogen am Körper, obwohl das der Typ im Hawaiihemd nicht tat, und schaffte es, während des kurzen Fluges fast die ganze Zeit die Augen geschlossen zu halten und beinahe zu schlafen. Ich wusste, es gab vieles, worüber ich nachdenken musste, und die Speicherkarte brannte mir fast ein Loch in die Jackentasche, als ich mich fragte, was sie wohl enthielt. Gleichzeitig war mir jedoch auch instinktiv klar, dass ich jede Gelegenheit nutzen musste, um mich auszuruhen. Ich rechnete nicht damit, dass ich viel dazu käme, sobald ich wieder in L.A. zurück wäre.
    Keine Stunde nach dem Start ging ich am McCarran durch die automatischen Türen des Terminal ins Freie, wo mir der Hitzeschwall entgegenschlug, der die Ankunft in Las Vegas ankündigt. Mich störte er nicht. Mein Blick streifte aufmerksam über die in der Abholerspur wartenden Fahrzeuge, bis er auf einem silbernen Auto mit eingeschalteten Scheinwerfern haften blieb. Das Schiebedach war auf, und die Hand der Fahrerin reckte sich durch

Weitere Kostenlose Bücher