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Harry Bosch 15 - Neun Drachen

Harry Bosch 15 - Neun Drachen

Titel: Harry Bosch 15 - Neun Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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Überwachungskamera gelegen hatten. Jede befand sich in einer flachen Hülle, auf die mit Marker ein Datum gekritzelt war. Auf einer stand »1. September« – das war genau eine Woche zuvor gewesen –, auf der anderen »27. August«. Bosch ging mit den Discs zu der Anlage an der Rückwand des Besprechungszimmers und legte die vom 27. August in den DVD -Player ein.
    Auf dem geteilten Bildschirm erschienen die Bilder zweier Kameras. Eine war auf den vorderen Teil des Getränkemarkts mit der Registrierkasse gerichtet, die andere zeigte den hinteren Teil des Geschäfts. Am oberen Bildschirmrand waren Uhrzeit und Datum eingeblendet. Die Vorgänge im Laden waren in Echtzeit aufgenommen. Bosch stellte fest, dass er sich, da der Laden von elf bis zweiundzwanzig Uhr geöffnet war, zweiundzwanzig Stunden Videoaufnahmen ansehen müsste, wenn er nicht den Schnellvorlauf benutzte.
    Er sah wieder auf die Uhr. Er wusste, entweder konnte er die Nacht durcharbeiten und herauszufinden versuchen, warum John Li diese zwei DVD s aufgehoben hatte, oder er konnte nach Hause fahren und sich ein wenig ausruhen. Es ließ sich nie vorhersehen, was ein Fall mit sich brachte, und es schadete nie, gut ausgeruht zu sein. Dazu kam, dass nichts darauf hindeutete, dass die DVD s etwas mit dem Mord zu tun hatten. Die Disc, die sich zum Zeitpunkt der Tat im Aufnahmegerät befunden hatte, war verschwunden. Auf ihr war der Mord aufgezeichnet, aber sie war weg.
    Was soll’s, dachte Bosch und beschloss, sich die erste Disc anzusehen. Vielleicht gelang es ihm, das Rätsel zu lösen. Er zog sich einen Stuhl heran, ließ sich damit vor dem Fernsehgerät nieder und stellte den Suchlauf auf das Vierfache der normalen Abspielgeschwindigkeit. Er schätzte, er bräuchte knapp drei Stunden, um die erste DVD durchlaufen zu lassen. Dann würde er nach Hause fahren, ein paar Stunden schlafen und am Morgen wie alle anderen wieder zum Dienst kommen.
    »Hört sich doch gar nicht so schlecht an«, sagte er zu sich selbst.

5
    B osch wurde unsanft aus dem Schlaf gerissen, und als er die Augen öffnete, sah er Lieutenant Gandle auf sich herabstarren. Er brauchte einen Moment, um einen klaren Kopf zu bekommen und zu begreifen, wo er war.
    »Lieutenant?«
    »Was machen Sie in meinem Büro, Bosch?«
    Bosch setzte sich auf der Couch auf.
    »Ich … ich habe im Besprechungszimmer ein Video angesehen, und dann wurde es so spät, dass es sich nicht mehr gelohnt hat, nach Hause zu fahren. Wie spät ist es jetzt?«
    »Fast sieben. Aber das ist trotzdem keine Erklärung dafür, wie Sie in mein Büro gekommen sind. Ich habe die Tür abgeschlossen, als ich gestern Abend nach Hause gefahren bin.«
    »Tatsächlich?«
    »Ja, tatsächlich.«
    Bosch nickte und tat so, als müsste er erst einen klaren Kopf bekommen. Er war froh, dass er die Picks in seine Brieftasche zurückgesteckt hatte, nachdem er die Tür damit geöffnet hatte. Gandle hatte die einzige Couch in der Robbery-Homicide Division.
    »Vielleicht war das Reinigungspersonal hier und hat abzuschließen vergessen«, versuchte er, sich herauszureden.
    »Nein, die haben keinen Schlüssel. Nur damit das klar ist, Harry, ich habe nichts dagegen, wenn jemand auf meiner Couch schläft. Aber wenn die Tür abgeschlossen ist, hat das einen Grund. Es geht nicht an, dass jemand meine Tür öffnet, wenn ich sie abgesperrt habe.«
    »Klar, Lieutenant, natürlich. Aber glauben Sie, wir könnten vielleicht für den Bereitschaftsraum eine Couch bekommen?«
    »Mal sehen, ob sich da etwas machen lässt, aber darum geht es nicht.«
    Bosch stand auf.
    »Schon verstanden. Dann mache ich mich mal lieber wieder an die Arbeit.«
    »Nicht so schnell. Was war so interessant an diesem Video, dass Sie deswegen die ganze Nacht hiergeblieben sind?«
    Bosch schilderte dem Lieutenant kurz, was er entdeckt hatte, als er sich mitten in der Nacht fünf Stunden lang die zwei DVD s angesehen hatte, und dass ihnen John Li unbeabsichtigt etwas hatte zukommen lassen, was nach einem konkreten Anhaltspunkt aussah.
    »Soll ich es Ihnen im Besprechungszimmer kurz vorspielen?«
    »Warten wir lieber, bis Ihr Partner hier ist. Dann können wir es uns gemeinsam ansehen. Holen Sie sich erst mal einen Kaffee.«
    Bosch verließ Gandles Büro und ging durch den Bereitschaftsraum, ein unpersönliches Labyrinth aus Abteilen und Schallschutzwänden. Es herrschte eine Stille wie in einem Versicherungsbüro; genau genommen war es so leise, dass Bosch manchmal Schwierigkeiten hatte,

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