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Harry Bosch 15 - Neun Drachen

Harry Bosch 15 - Neun Drachen

Titel: Harry Bosch 15 - Neun Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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seinen Platz zurück und ließ den Blick über das Bildermosaik zur rechten Hand des Opfers wandern. Sie war an die Seite des Toten hinabgesunken. Von dem Blut auf Fingern und Daumen zog sich ein dünnes Rinnsal zur Handfläche hinab.
    Boschs Blick wanderte wieder zum blutverschmierten Gesicht des Toten zurück, und plötzlich wurde ihm klar, dass sich Li mit seiner blutigen Hand an den Mund gefasst hatte. Es war zu einer zweimaligen Übertragung gekommen. Zuerst hatte Li mit der Hand seine Brust berührt, so dass Blut an seine Finger gekommen war, und dann hatte er dieses Blut von seiner Hand auf den Mund übertragen.
    Die Frage war nun, warum. Waren diese Bewegungen eine Folge der letzten Todeszuckungen gewesen, oder hatte Li dies aus einem bestimmten Grund getan?
    Bosch holte sein Handy heraus und rief die nur Ermittlern zugängliche Nummer der Rechtsmedizin an, die er in seinem Schnellwahlverzeichnis hatte. Während es anläutete, sah er auf die Uhr. Es war zehn Minuten nach Mitternacht.
    »Rechtsmedizin.«
    »Ist Cassel noch da?«
    Max Cassel war der Ermittler, der den Tatort im Fortune Liquors untersucht und die Leiche hatte abtransportieren lassen.
    »Nein, er ist gerade … nein, halt, er ist noch hier.«
    Bosch wurde zu Cassel durchgestellt, und der Rechtsmediziner nahm das Gespräch an.
    »Ist mir völlig egal, wer Sie sind, ich bin schon zur Tür raus. Bin nur noch mal zurückgekommen, weil ich meinen Kaffeewärmer vergessen habe.«
    Bosch wusste, dass Cassel draußen in Palmdale wohnte und mindestens eine Stunde zur Arbeit fahren musste. Kaffeebecher mit Warmhaltevorrichtungen, die man an den Zigarettenanzünder anschloss, waren für Pendler mit langen Fahrtzeiten ein Muss.
    »Ich bin’s, Bosch. Haben Sie meinen Mann schon in einen Schub gepackt?«
    »Nein, die sind momentan alle besetzt. Er ist in Eisbox drei. Aber ich bin fertig mit ihm, und jetzt fahre ich nach Hause, Bosch.«
    »Schon klar. Nur eine kurze Frage. Haben Sie in seinen Mund geschaut?«
    »Was soll denn das für eine Frage sein: ob ich in seinen Mund geschaut habe? Klar habe ich in seinen Mund geschaut. Das ist mein Job.«
    »Und war dort nichts? Nichts in Mund oder Rachen?«
    »Doch, dort war was.«
    Bosch durchzuckte ein Adrenalinstoß.
    »Warum haben Sie mir davon nichts gesagt? Was hatte er im Mund?«
    »Seine Zunge.«
    Das Adrenalin versiegte, und bei Bosch war schlagartig die Luft raus. Cassel lachte leise. Bosch hatte geglaubt, er wäre auf eine neue Spur gestoßen.
    »Sehr witzig. War denn auch Blut drin?«
    »Ja, ein bisschen. Auf der Zunge und im Rachen. Steht alles in meinem Befund, den Sie morgen erhalten.«
    »Aber drei Schüsse. Seine Lunge muss ausgesehen haben wie ein Schweizer Käse. Muss da nicht eine Menge Blut ausgetreten sein?«
    »Nicht, wenn er schon tot war. Nicht, wenn der erste Schuss das Herz getroffen hat, so dass es zu schlagen aufgehört hat. Aber ich muss jetzt wirklich los, Bosch. Sie haben morgen um zwei einen Termin bei Laksmi. Dann können Sie das alles sie fragen.«
    »Werde ich. Aber jetzt rede ich mit Ihnen. Ich glaube, wir haben etwas übersehen.«
    »Wie bitte?«
    Bosch blickte auf die Fotos, die vor ihm auf dem Tisch lagen. Sein Blick wanderte von der Hand zum Gesicht.
    »Ich glaube, er hat sich etwas in den Mund gesteckt.«
    »Wer?«
    »Das Opfer. Mr. Li.«
    In der Stille, die daraufhin eintrat, überlegte Cassel wahrscheinlich, was er übersehen haben könnte.
    »Also, wenn das wirklich so ist, habe ich jedenfalls nichts in seinem Mund gesehen. Und wenn er es hinuntergeschluckt hat, fällt es nicht unter meine Zuständigkeit. Dann ist es Laksmis Sache, und sie wird es morgen finden – wenn da wirklich etwas ist.«
    »Könnten Sie ihr einen Vermerk machen, dass sie auch wirklich darauf achtet?«
    »Bosch, ich möchte jetzt endlich nach Hause. Sagen Sie ihr das am besten selbst, wenn Sie morgen zum Tranchieren kommen.«
    »Ich weiß, aber zur Sicherheit. Machen Sie einen Vermerk.«
    »Na schön, wenn Sie unbedingt meinen, dann mache ich eben einen Vermerk. Aber Sie wissen schon, dass hier niemand mehr Überstunden bezahlt bekommt, Bosch.«
    »Ja, weiß ich. Ist bei uns auch nicht anders. Danke, Max.«
    Bosch beendete das Gespräch und beschloss, die Fotos vorerst beiseitezulegen. Ob seine Schlussfolgerung richtig war, würde die Obduktion zeigen, und bis dahin gab es nichts, was er tun konnte.
    Er griff nach den zwei Beweismitteltüten mit den DVD s, die neben dem Aufnahmegerät der

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