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Harry Bosch 16 - Spur der toten Mädchen

Harry Bosch 16 - Spur der toten Mädchen

Titel: Harry Bosch 16 - Spur der toten Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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Wiederhole, zweite Tür von rechts. Distanz verringern und Stellungen beziehen.«
    Das Bild begann heftig zu ruckeln, als sich die Kamera auf die Tür zubewegte.
    »Drei und Vier sind …«
    Der Rest wurde vom Donnern einer sich brechenden Welle übertönt.
    »Drei und Vier, Durchsage wiederholen«, sagte Wright.
    »Drei und Vier in Stellung.«
    »Wartet auf mein Kommando. Oben alles bereit?«
    »Oben alles bereit.«
    Auf dem evakuierten Pier war ein weiteres Team. Es hatte an den Ecken der Falltür über dem Verschlag, in dem Jessup sich vermutlich verschanzt hatte, kleine Sprengladungen angebracht. Sobald Wright den Befehl dazu erteilte, würden die SIS -Teams die Luke aufsprengen und von oben und unten in das Abteil eindringen.
    Wright schloss die Hand um das Mikrophon, dessen Halterung der Kontur seines Kieferknochens folgte, und sah Bosch an.
    »Sind Sie bereit?«
    »Bereit.«
    Wright ließ die Mikrohalterung los und sagte:
    »Dann wollen wir ihm noch eine Chance geben. Drei, ist der Lautsprecher einsatzbereit?«
    »Lautsprecher einsatzbereit. Es kann losgehen. Drei, zwo … eins.«
    Wright begann zu sprechen und versuchte, einen Mann, der sich hundert Meter weiter in einem dunklen Verschlag verschanzt hatte, dazu zu überreden, sich zu ergeben.
    »Jason Jessup. Hier spricht Lieutenant Stephen Wright vom Los Angeles Police Department. Sie sind von allen Seiten umstellt. Auch von oben. Kommen Sie raus und heben Sie die Hände mit verschränkten Fingern hinter den Kopf. Gehen Sie auf die wartenden Officers zu. Wenn Sie sich nicht an diese Anweisung halten, wird auf Sie geschossen.«
    Bosch zog seine Ohrenstöpsel heraus und lauschte. Er hörte Wrights Aufforderung gedämpft unter dem Pier hervordringen. Wenn Jessup dort drinnen war, musste er die Anweisungen auf jeden Fall gehört haben.
    »Sie haben eine Minute Zeit.« Das war Wrights letzte Durchsage an Jessup.
    Danach schaute der Lieutenant auf die Uhr, und sie warteten. Nach dreißig Sekunden setzte sich der Lieutenant mit seinen Männern unter dem Pier in Verbindung.
    »Tut sich was?«
    »Hier Drei. Bei mir nicht.«
    »Vier, dasselbe.«
    Wright warf Bosch einen bedauernden Blick zu, so, als hätte er gehofft, dass es nicht zu dem käme, was jetzt passieren würde.
    »Okay, wenn ich das Zeichen gebe, gehen wir rein. Bleibt eng beisammen und kein Kreuzfeuer. Oben, wenn ihr schießt, seht zu, dass ihr auch wisst, auf wen …«
    Auf dem Bildschirm bewegte sich etwas. Die Tür eines Lagerabteils flog auf, aber es war nicht das, auf das die Kamera gerichtet war. Die Kamera machte eine ruckartige Bewegung nach links und richtete sich auf das neue Ziel. Bosch sah, wie Jessup aus dem Dunkel hinter der offenen Tür kam. Er riss die Arme hoch und nahm Kampfhaltung ein.
    »Waffe!«, brüllte Wright.
    Das darauf einsetzende Sperrfeuer dauerte keine zehn Sekunden. Aber in dieser kurzen Zeit schossen mindestens vier SIS -Männer unter dem Pier ihre Waffen leer. Begleitet wurde das Getöse von der überflüssigen Detonation, die von oben kam. Bosch hatte Jessup längst im Kugelhagel zu Boden sinken sehen. Wie einen vor einem Exekutionskommando stehenden Mann schien ihn die Wucht der vielen aus verschiedenen Richtungen kommenden Einschläge zunächst auf den Beinen zu halten. Dann begann die Schwerkraft zu wirken, und er fiel in den Sand.
    Nach einigen Momenten Stille meldete sich Wright wieder.
    »Jemand verletzt? Abzählen.«
    Alle SIS -Männer unter dem Pier meldeten sich.
    »Verdächtigen untersuchen.«
    Auf dem Bildschirm verfolgte Bosch, wie zwei Polizisten auf Jessup zugingen. Einer richtete seine Waffe auf den Toten, der andere fühlte ihm den Puls.
    »Er ist zehn-sieben.«
    »Waffe sicherstellen.«
    »Hab sie.«
    Wright schaltete den Bildschirm aus und sah Bosch an.
    »Das war’s dann wohl.«
    »Ja.«
    »Tut mir leid, dass Sie keine Antworten auf Ihre Fragen bekommen haben.«
    »Mir auch.«
    Sie gingen den Strand hinauf zum Pier. Wright sah auf die Uhr und gab über Funk 17:18 Uhr als offiziellen Zeitpunkt des Einsatzes an.
    Bosch schaute nach links aufs Meer hinaus. Die Sonne war inzwischen untergegangen.

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    Teil 6
    Alles, was bleibt
    45
    Freitag, 9. April, 14:20 Uhr
    H arry Bosch und ich saßen an einem Picknicktisch und sahen dem Exhumierungsteam der Rechtsmedizin bei der Arbeit zu. Sie gruben an der dritten Stelle. Es war der Baum im Franklin Canyon, unter dem Jason Jessup eine Kerze angezündet hatte.
    Ich hätte nicht dabei sein müssen, wollte es aber.

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