Harry Potter - Gesamtausgabe
er zu den anderen. Es war das erste Mal, seit sie aus dem Verlies geflohen waren, dass er sie richtig sah. Beide hatten schlimme rote Verbrennungen im ganzen Gesicht und an den Armen, und ihre Kleider waren stellenweise weggebrannt. Sie zuckten zusammen, während sie Diptam-Essenz auf ihre vielen Wunden tupften. Hermine reichte Harry das Fläschchen, dann zog sie drei Flaschen Kürbissaft hervor, die sie von Shell Cottage mitgebracht hatte, und saubere, trockene Umhänge für alle drei. Sie zogen sich um und tranken dann in großen Schlucken den Saft.
»Also, das Gute ist«, sagte Ron schließlich, während er dahockte und zusah, wie die Haut an seinen Händen nachwuchs, »wir haben den Horkrux. Das Schlechte –«
»– kein Schwert«, sagte Harry mit zusammengebissenen Zähnen, indes er Diptam durch das Brandloch in seiner Jeans auf die schmerzhafte Wunde darunter träufelte.
»Kein Schwert«, wiederholte Ron. »Dieses hinterhältige kleine Ekel …«
Harry holte den Horkrux aus der Tasche der nassen Jacke, die er gerade ausgezogen hatte, und legte ihn ins Gras vor ihnen. Er glitzerte in der Sonne und lenkte ihre Blicke auf sich, während sie aus ihren Saftflaschen tranken.
»Wenigstens können wir ihn diesmal nicht um den Hals tragen, das würde ein bisschen komisch aussehen«, sagte Ron und wischte sich mit dem Handrücken den Mund ab.
Hermine spähte über den See zum anderen Ufer, wo der Drache nach wie vor Wasser trank.
»Was mit dem wohl passieren wird, was meint ihr?«, fragte sie. »Wird er durchkommen?«
»Du hörst dich an wie Hagrid«, sagte Ron. »Es ist ein Drache, Hermine, der wird schon zusehen, wo er bleibt. Wir müssen uns eher um uns selber Sorgen machen.«
»Was soll das heißen?«
»Also, ich weiß nicht, wie ich es euch beibringen soll«, sagte Ron, »aber ich glaube, denen könnte aufgefallen sein, dass wir in Gringotts eingebrochen sind.«
Alle drei begannen zu lachen, und nachdem sie einmal angefangen hatten, war es schwierig, wieder aufzuhören. Harry taten die Rippen weh, er fühlte sich schwindlig vor Hunger, doch er sank rücklings ins Gras unter dem immer röter werdenden Himmel und lachte, bis er einen rauen Hals hatte.
»Aber was sollen wir jetzt tun?«, sagte Hermine schließlich, die vor lauter Schluckauf wieder ernst geworden war. »Er wird es erfahren, oder? Du-weißt-schon-wer wird erfahren, dass wir von seinen Horkruxen wissen!«
»Vielleicht haben sie zu viel Angst, um es ihm zu sagen?«, meinte Ron hoffnungsvoll. »Vielleicht verheimlichen sie es –«
Der Himmel, der Geruch des Seewassers, Rons Stimme, alles wurde ausgelöscht: Schmerz spaltete Harrys Kopf wie der Hieb eines Schwertes. Er stand in einem spärlich beleuchteten Raum, ein Halbkreis aus Zauberern vor ihm, und auf dem Boden zu seinen Füßen kniete eine kleine, zitternde Gestalt.
»Was hast du da gesagt?« Seine Stimme war hoch und kalt, doch Zorn und Angst brannten in ihm. Das Einzige, was er befürchtet hatte – aber es konnte nicht wahr sein, er begriff nicht, wie …
Der Kobold bebte, unfähig, dem Blick der roten Augen über ihm standzuhalten.
»Sag es noch einmal!«, murmelte Voldemort. »Sag es noch einmal!«
»M-mein Herr«, stammelte der Kobold, die schwarzen Augen vor Entsetzen geweitet, »m-mein Herr … wir ha-haben versucht, sie auf-aufzuhalten … Be-Betrüger, mein Herr … brachen – brachen in das – in das Verlies der Le-Lestranges ein …«
»Betrüger? Was für Betrüger? Ich dachte, Gringotts hätte Mittel und Wege, Betrüger zu enttarnen? Wer waren sie?«
»Es war … es war … der P-Potter-Junge u-und zwei Kom-Komplizen …«
»Und was haben sie gestohlen?«, fragte er mit anschwellender Stimme, und eine schreckliche Angst ergriff ihn. »Sag es mir! Was haben sie gestohlen?«
»Ei-einen kleinen g-goldenen B-Becher, m-mein Herr …«
Der Schrei voll Wut, voll Abwehr entfuhr ihm, als wäre es der Schrei eines Fremden: Er war wahnsinnig, tobte, es konnte nicht wahr sein, es war unmöglich, niemand hatte je davon gewusst: Wie war es möglich, dass der Junge sein Geheimnis gelüftet hatte?
Der Elderstab peitschte durch die Luft, und grünes Licht flammte durch den Raum, der kniende Kobold rollte tot auf die Seite, die Zauberer, die es mit angesehen hatten, stoben in Panik davon: Bellatrix und Lucius Malfoy warfen andere über den Haufen, während sie zur Tür stürzten, und immer wieder sauste sein Zauberstab hinab, und die noch da waren, wurden ermordet, sie alle,
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