Harry Potter und der Feuerkelch
dort erwartete.
Harry fühlte sich merkwürdig fern von allen Menschen um ihn herum, ob sie ihm nun viel Glück wünschten oder ihm im Vorbeigehen nur zuzischten: »Wir bringen dir dann ’ne Packung Taschentücher, Potter.« Seine Nervosität hatte sich so breitgemacht, dass er fürchtete, schlicht und einfach den Kopf zu verlieren, wenn sie ihn zum Drachen hinausführen wollten und er dann auch noch versuchen würde, alles in seiner Umgebung zu verhexen.
Die Zeit verging auf ganz eigenartige Weise. Große Klumpen auf einmal brachen von ihr ab; im einen Moment ließ er sich zur ersten Stunde, Geschichte der Zauberei, nieder, und im nächsten schon zum Mittagessen … und dann (wo war der Morgen geblieben? Die letzten drachenfreien Stunden?) kam Professor McGonagall in der Großen Halle zu ihm herübergeeilt.
»Potter, die Champions müssen jetzt hinaus aufs Gelände. Sie müssen sich für die erste Aufgabe bereitmachen.«
»Gut«, sagte Harry und stand auf. Seine Gabel fiel klirrend auf den Teller.
»Viel Glück, Harry«, flüsterte Hermine. »Du schaffst es schon!«
»Ja«, sagte Harry mit einer Stimme, die er von sich gar nicht kannte.
Er ging mit Professor McGonagall hinaus. Auch sie schien nicht mehr sie selbst zu sein; tatsächlich sah sie fast so besorgt aus wie Hermine. Sie ging mit ihm die Steintreppe hinunter, hinaus in den kalten Novembernachmittag, und legte ihm die Hand auf die Schulter.
»Nur jetzt nicht die Nerven verlieren«, sagte sie, »einfach kühlen Kopf bewahren … wir haben Zauberer, die bereitstehen und eingreifen, wenn die Sache außer Kontrolle gerät … Hauptsache, Sie geben Ihr Bestes, dann wird keiner schlecht von Ihnen denken … alles in Ordnung?«
»Ja«, hörte sich Harry sagen. »Mir geht’s gut.«
Sie führte ihn am Waldrand entlang auf das Drachengehege zu, doch als sie die dichte Baumgruppe erreichten, von der aus er die Drachen gesehen hatte, stellte Harry fest, dass nun ein Zelt, das zu ihrer Seite hin geöffnet war, die Sicht versperrte.
»Dort müssen Sie mit den anderen Champions rein«, sagte Professor McGonagall mit recht zittriger Stimme, »und warten, bis Sie dran sind, Potter. Mr Bagman erwartet Sie … er wird das … das Verfahren erklären … viel Glück.«
»Danke«, sagte Harry mit tonloser, weit entfernter Stimme. Sie verließ ihn am Zelteingang und Harry trat ein.
Auf einem Holzschemel in der Ecke saß Fleur Delacour. Sie wirkte nicht annähernd so gefasst wie sonst, eher bleich und eingeschüchtert. Viktor Krum blickte noch miesepetriger drein als sonst, und Harry überlegte, ob dies seine Art war, Nerven zu zeigen. Cedric schritt im Zelt auf und ab und lächelte ihm kurz zu, und als Harry zurücklächelte, spürte er, dass sich seine Gesichtsmuskeln arg anstrengen mussten, ganz als ob sie vergessen hätten, wie Lächeln ging.
»Harry! Ach schön!«, sagte Bagman vergnügt und wandte sich ihm zu. »Komm rein, komm rein und fühl dich wie zu Hause.«
Bagman sah unter all den blassgesichtigen Champions fast aus wie eine etwas zu knallig geratene Comicfigur. Heute trug er wieder seinen alten Wespenumhang.
»Schön, jetzt, da wir alle hier sind, ist es Zeit, euch aufzuklären!«, strahlte Bagman. »Wenn sich alle Zuschauer eingefunden haben, werde ich euch der Reihe nach diesen Beutel reichen«, er hielt ein kleines, purpurnes Seidensäckchen hoch und schüttelte es, »aus dem ihr jeweils ein kleines Modell dessen, mit dem ihr es zu tun bekommt, herauszieht. Es gibt verschiedene – ähm – Arten, versteht ihr. Und ich muss euch auch noch etwas anderes sagen … hmh, ja … eure Aufgabe ist es, das goldene Ei zu holen!«
Harry sah sich um. Cedric hatte kurz genickt, um zu zeigen, dass er Bagmans Worte verstanden hatte, und ging jetzt wieder im Zelt auf und ab; er schien ein wenig grün angelaufen zu sein. Fleur Delacour und Krum hatten überhaupt nicht reagiert. Vielleicht fürchteten sie, sich übergeben zu müssen, wenn sie den Mund aufmachten; so jedenfalls fühlte sich Harry. Doch sie hatten sich wenigstens freiwillig für dieses Turnier gemeldet …
Nur wenige Minuten waren vergangen, als sie auch schon Hunderte und Aberhunderte von Füßen am Zelt vorbeitrampeln hörten, mit ihren aufgeregt redenden, lachenden, Witze reißenden Besitzern … Harry fühlte sich der Menge so fremd, als würde es sich dabei um eine andere Gattung von Lebewesen handeln. Und dann – Harry kam es vor, als ob nur eine Sekunde vergangen wäre – öffnete Bagman
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