Harry Potter und der Feuerkelch
zufällig verstanden, was Miss Granger da gerufen hat, Hagrid?«
Hermines Wangen verfärbten sich, doch Dumbledore lächelte sie an und fuhr fort: »Hermine, Harry und Ron wollen offenbar immer noch etwas mit dir zu tun haben, wenn man bedenkt, dass sie fast die Tür eingeschlagen hätten.«
»Natürlich wollen wir das!«, sagte Harry und sah Hagrid eindringlich an. »Du glaubst doch nicht etwa, dass irgendetwas von dieser Kimmkorn-Kuh – Verzeihung, Professor«, fügte er rasch hinzu und sah Dumbledore an.
»Ich bin vorübergehend taub und hab keine Ahnung, was du gesagt hast, Harry«, sagte Dumbledore, drehte Däumchen und starrte an die Decke.
»Ähm – gut«, sagte Harry verlegen. »Ich wollte nur sagen – Hagrid, wie konntest du nur glauben, wir würden uns darum scheren, was diese – Person – über dich geschrieben hat?«
Zwei dicke Tränen traten aus Hagrids käferschwarzen Augen und kullerten langsam in seinen wirren Bart.
»Das ist der lebendige Beweis dessen, was ich dir gesagt habe, Hagrid«, sagte Dumbledore und starrte vorsorglich immer noch zur Decke. »Ich hab dir die Briefe von zahllosen Eltern gezeigt, die dich noch aus ihrer eigenen Schulzeit kennen und mir unmissverständlich schreiben, sollte ich dich feuern, dann hätten sie ein Wörtchen mit mir zu reden –«
»Nich alle«, sagte Hagrid heiser. »Nich alle woll’n, dass ich bleib.«
»Ich bitte dich, Hagrid, wenn du von allen geliebt werden willst, dann, fürchte ich, musst du sehr lange in dieser Hütte hocken bleiben«, sagte Dumbledore und schaute Hagrid nun streng über den Rand seiner Halbmondgläser hinweg an. »Seit ich Direktor bin, ist noch keine Woche vergangen, in der ich nicht mindestens eine Eule bekommen habe mit einer Beschwerde über meine Art, diese Schule zu leiten. Aber was soll ich machen? Mich in meinem Studierzimmer verbarrikadieren und mich weigern, mit irgendjemandem zu reden?«
»Sie – Sie sind ja auch kein Halbriese!«, krächzte Hagrid.
»Hagrid, sieh dir doch mal meine Verwandten an!«, sagte Harry aufgebracht. »Schau dir die Dursleys an!«
»Eine hervorragende Idee«, sagte Professor Dumbledore. »Mein eigener Bruder, Aberforth, wurde wegen Ausübung unpassender Zauberstücke an einer Ziege verklagt. Es stand in allen Zeitungen, aber meinst du, Aberforth hätte sich versteckt? Von wegen! Er hielt die Ohren steif und ging seinen Geschäften nach, als wäre nichts gewesen! Natürlich bin ich mir nicht ganz sicher, ob er lesen kann, daher mag es nicht nur Tapferkeit gewesen sein …«
»Komm zurück und unterrichte wieder, Hagrid«, sagte Hermine leise, »bitte komm zurück, wir vermissen dich sehr.«
Hagrid schluckte schwer. Noch mehr Tränen kullerten ihm aus den Augen, liefen die Wangen hinunter und verschwanden in dem wirren Bart.
Dumbledore erhob sich.
»Ich weigere mich, deine Kündigung anzunehmen, Hagrid, und erwarte dich am Montag wieder zur Arbeit«, sagte er. »Du frühstückst um halb neun mit mir in der Großen Halle. Und keine Widerrede. Schönen Nachmittag euch allen noch.«
Dumbledore verließ die Hütte, nicht ohne vorher noch kurz Fangs Ohren gekrault zu haben. Als die Tür hinter ihm zugegangen war, begann Hagrid in seine mülleimerdeckelgroßen Hände zu schluchzen. Hermine tätschelte ihm den Arm, und endlich hob Hagrid den Kopf, sah sie mit brennend roten Augen an und sagte: »Großartiger Mann, Dumbledore … großartiger Mann …«
»Ja, das ist er«, sagte Ron. »Kann ich einen von diesen Keksen haben, Hagrid?«
»Schlag zu«, sagte Hagrid und wischte sich mit dem Handrücken über die Augen. »Aahr, ’türlich hat er Recht – ihr habt alle Recht … war dumm von mir … mein alter Dad hätt sich geschämt für mich …« Wieder rollten Tränen über seine Wangen, doch jetzt wischte er sie energisch weg und sagte: »Hab euch noch nich mal ’n Bild von meinem alten Dad gezeigt, nich? Hier …«
Hagrid stand auf, ging hinüber zu seiner Kommode, öffnete eine Schublade und zog ein Bild von einem kleinen Zauberer heraus, der Hagrids runzlige schwarze Augen hatte und mit strahlendem Gesicht auf Hagrids Schulter saß. Hagrid war nach dem Apfelbaum neben ihm zu schließen gut zweieinhalb Meter groß, doch sein Gesicht war bartlos, jung, rund und glatt – er wirkte kaum älter als elf Jahre.
»Das war, kurz nachdem sie mich in Hogwarts aufgenommen ham«, krächzte Hagrid. »Dad war so was von froh … dachte, ich wär vielleicht kein Zauberer, wisst ihr, weil meine
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