Harry Potter und der Gefangene von Askaban
stürzte Neville mit entschlossener Miene auf ihn zu.
»Riddikulus!« , rief er und für den Bruchteil einer Sekunde sahen sie Snape noch einmal im Spitzenkleid, bis Neville ein lautes, prustendes »Ha!« ausstieß und der Irrwicht explodierte, in tausend kleine Rauchwölkchen auseinanderstob und verschwand.
»Hervorragend!«, rief Professor Lupin, und die Klasse fing begeistert an zu klatschen. »Sehr schön, Neville. Ihr alle habt eure Sache sehr gut gemacht … lasst mich kurz überlegen … fünf Punkte für Gryffindor bekommt jeder, der es mit dem Irrwicht aufgenommen hat – zehn für Neville, weil er zweimal dran war … und jeweils fünf für Hermine und Harry.«
»Aber ich hab doch nichts gemacht«, sagte Harry.
»Du und Hermine habt meine Fragen zu Beginn des Unterrichts richtig beantwortet, Harry«, sagte Lupin gelassen. »Ihr wart alle sehr gut, es war eine hervorragende Stunde. Als Hausaufgabe lest bitte das Kapitel über Irrwichte und schreibt mir eine Zusammenfassung … bis nächsten Montag. Das ist alles.«
Aufgeregt schnatternd verließ die Klasse das Lehrerzimmer. Harry jedoch hatte ein ungutes Gefühl. Professor Lupin hatte ihn entschlossen daran gehindert, es mit dem Irrwicht aufzunehmen. Warum? Weil er gesehen hatte, wie Harry im Zug ohnmächtig geworden war, und glaubte, er könne nicht viel verkraften? Hatte er befürchtet, Harry würde wieder zusammenbrechen?
Doch von den andern schien keinem etwas aufgefallen zu sein.
»Habt ihr gesehen, wie ich es dieser Todesfee gezeigt hab?«, rief Seamus.
»Und die Hand!«, sagte Dean und fuchtelte mit seiner eigenen herum.
»Und Snape mit diesem Hut!«
»Und meine Mumie!«
»Ich frag mich, warum Professor Lupin Angst vor Kristallkugeln hat«, sagte Lavender nachdenklich.
»Das war die beste Stunde in Verteidigung gegen die dunklen Künste, die wir je hatten, oder?«, sagte Ron begeistert, während sie zu ihrem Klassenzimmer gingen, um ihre Taschen zu holen.
»Er scheint ein sehr guter Lehrer zu sein«, sagte Hermine anerkennend. »Aber ich wünschte, ich wäre auch mal drangekommen mit diesem Irrwicht.«
»Was wäre er für dich gewesen?«, sagte Ron glucksend. »Eine Hausaufgabe, für die du nur neun von zehn möglichen Punkten bekommen hättest?«
Die Flucht der fetten Dame
Im Handumdrehen war Verteidigung gegen die dunklen Künste das Lieblingsfach aller Schüler geworden. Nur Draco Malfoy und seine Clique von den Slytherins ließen sich gehässig über Professor Lupin aus.
»Schaut euch doch mal seine Umhänge an«, sagte Malfoy unüberhörbar flüsternd, wenn Professor Lupin vorbeiging. »Der zieht sich ja an wie unser alter Hauself.«
Doch niemand sonst kümmerte es, dass Professor Lupin geflickte und ausgefranste Umhänge trug. Die weiteren Unterrichtsstunden bei ihm waren nicht weniger spannend als die erste. Nach den Irrwichten lernten sie die Rotkappen kennen, fiese kleine koboldartige Kreaturen, die überall dort herumlungerten, wo Blut vergossen worden war: Sie versteckten sich in den Kerkern von Schlössern und in den Sprenglöchern verlassener Schlachtfelder und verprügelten alle, die sich dorthin verirrten. Nach den Rotkappen kamen die Kappas, grausige Wasserbewohner, die wie schuppige Affen aussahen und Hände mit Schwimmhäuten hatten, die es nur danach juckte, diejenigen zu erwürgen, die in ihren Tümpeln umherwateten.
Harry wäre glücklich gewesen, wenn es ihm in den anderen Fächern ebenso gut gefallen hätte. Am schlimmsten war der Zaubertrankunterricht. Snape war dieser Tage ausgesprochen rachsüchtig gelaunt und der Grund dafür war kein Geheimnis. Die Geschichte von dem Irrwicht, der Snapes Gestalt angenommen hatte und von Neville in die Sachen seiner Großmutter gesteckt worden war, hatte sich wie ein Lauffeuer im Schloss verbreitet. Snape fand das offenbar nicht komisch. Seine Augen blitzten drohend bei jeder Erwähnung von Professor Lupin, und Neville drangsalierte er schlimmer denn je.
Harry empfand auch wachsenden Abscheu vor den Stunden, die er im stickigen Turmzimmer von Professor Trelawney mit der Deutung von schrägen Figuren und Symbolen zubrachte, dabei musste er auch noch versuchen, sich nicht von Professor Trelawneys Tränen rühren zu lassen, die ihr jedes Mal in die riesigen Augen traten, wenn sie Harry ansah. Professor Trelawney konnte er einfach nicht leiden, während viele andere ihr Hochachtung oder gar Verehrung entgegenbrachten. Parvati Patil und Lavender Brown stürmten jetzt in der
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