Harry Potter und der Halbblutprinz
…«
Er dachte mehrere Minuten lang angestrengt nach, ehe er wieder losging.
Du musst zu dem Ort werden, der du für Draco Malfoy wirst …
Als er mit dem Hin- und Hergehen fertig war, schlug er nicht sofort die Augen auf; er lauschte angestrengt, als könnte er hören, wie die Tür mit einem Knall auftauchte. Doch er hörte nichts außer dem fernen Vogelgezwitscher draußen. Er öffnete die Augen.
Da war immer noch keine Tür.
Harry fluchte. Jemand schrie. Er sah sich um und erblickte eine schnatternde Schar Erstklässler, die um die Ecke davonrannten, offenbar in der Annahme, dass sie gerade einem besonders unflätigen Gespenst begegnet waren.
Harry versuchte es eine geschlagene Stunde lang mit allen erdenklichen Varianten von »Ich muss sehen, was Draco Malfoy in dir macht«, und am Ende musste er sich eingestehen, dass Hermine vielleicht doch Recht gehabt hatte: Der Raum wollte sich einfach nicht für ihn öffnen. Frustriert und verärgert machte er sich auf den Weg zu Verteidigung gegen die dunklen Künste, riss sich den Tarnumhang herunter und stopfte ihn unterwegs in seine Tasche.
»Wieder mal zu spät, Potter«, sagte Snape kühl, als Harry in das kerzenerleuchtete Klassenzimmer eilte. »Zehn Punkte Abzug für Gryffindor.«
Harry blickte Snape finster an und warf sich auf den Platz neben Ron; die halbe Klasse war noch auf den Beinen, holte Bücher heraus und legte Sachen zurecht; er konnte nicht viel später gekommen sein als irgendwer sonst.
»Bevor wir anfangen, will ich Ihre Dementorenaufsätze haben«, sagte Snape und schwang beiläufig seinen Zauberstab, worauf fünfundzwanzig Pergamentrollen in die Luft schnellten und ordentlich gestapelt auf seinem Schreibtisch landeten. »Und ich hoffe für Sie, dass sie besser sind als der Blödsinn, den ich über den Widerstand gegen den Imperius-Fluch erdulden musste. Schlagen Sie nun bitte Ihre Bücher auf Seite – was gibt es, Mr Finnigan?«
»Sir«, sagte Seamus, »ich würde gern wissen, wie man einen Inferius von einem Gespenst unterscheidet. Im Propheten stand nämlich was über einen Inferius –«
»Nein, das ist falsch«, sagte Snape mit gelangweilter Stimme.
»Aber Sir, ich hab gehört, wie Leute darüber –«
»Wenn Sie den fraglichen Artikel tatsächlich gelesen hätten, Mr Finnigan, dann wüssten Sie, dass der so genannte Inferius nichts weiter war als ein ungewaschener Tagedieb namens Mundungus Fletcher.«
»Ich dachte, Snape und Mundungus wären auf derselben Seite?«, raunte Harry Ron und Hermine zu. »Müsste er sich nicht darüber aufregen, dass Mundungus festge–?«
»Aber Potter hat offenbar viel zu diesem Thema beizusteuern«, sagte Snape, indem er plötzlich nach hinten deutete und Harry mit seinen schwarzen Augen fixierte. »Fragen wir doch Potter, wie man einen Inferius von einem Gespenst unterscheidet.«
Die ganze Klasse drehte sich zu Harry um, der hastig versuchte, sich daran zu erinnern, was Dumbledore ihm in jener Nacht gesagt hatte, als sie Slughorn besucht hatten.
»Ähm – also – Gespenster sind durchsichtig –«, sagte er.
»Oh, sehr gut«, unterbrach ihn Snape und seine Lippen kräuselten sich. »Ja, man kann ohne weiteres feststellen, dass annähernd sechs Jahre magischer Ausbildung bei Ihnen nicht verschwendet waren, Potter. Gespenster sind durchsichtig.«
Pansy Parkinson stieß ein schrilles Kichern aus. Einige andere feixten. Harry holte tief Luft, und obwohl es in seinem Innersten brodelte, fuhr er ruhig fort: »Ja, Gespenster sind durchsichtig, aber Inferi sind tote Körper, oder nicht? Also müssen sie fest sein –«
»So viel hätte uns auch ein Fünfjähriger sagen können«, höhnte Snape. »Der Inferius ist eine Leiche, die durch den Zauber eines schwarzen Magiers reanimiert wurde. Er lebt nicht, sondern wird nur wie eine Marionette eingesetzt, um die Befehle des Zauberers auszuführen. Ein Gespenst, und ich hoffe, das ist Ihnen inzwischen allen klar, ist die Spur, die eine verstorbene Seele auf der Erde hinterlässt … und natürlich, wie Potter uns so weise mitteilt, durchsichtig.«
»Also, was Harry gesagt hat, ist absolut brauchbar, wenn wir die voneinander unterscheiden wollen!«, sagte Ron. »Wenn wir in einer dunklen Gasse einem über den Weg laufen, müssen wir doch nur mal kurz nachschauen, ob er fest ist, und müssen nicht fragen: ›Verzeihung, sind Sie die Spur einer verstorbenen Seele?‹«
Gedämpfte Lacher waren zu hören, die bei dem Blick, den Snape der Klasse versetzte,
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