Harry Potter und der Halbblutprinz
leid«, sagte Dumbledore höflich und hob erneut seinen Zauberstab. Alle drei Gläser verschwanden. »Aber sie hätten bessere Manieren gezeigt, wenn Sie etwas getrunken hätten, ehrlich.«
Es sah aus, als lägen Onkel Vernon alle möglichen unfreundlichen Erwiderungen auf der Zunge, doch er sank nur zu Tante Petunia und Dudley in die Kissen zurück und schwieg, die Schweinsäuglein auf Dumbledores Zauberstab geheftet.
»Sieh mal«, sagte Dumbledore und wandte sich wieder an Harry, als hätte sich Onkel Vernon nicht gerührt, »wenn du das Haus tatsächlich geerbt hast, dann gehört dir auch –«
Er ließ zum fünften Mal seinen Zauberstab schlenkern. Es gab einen lauten Knall und ein Hauself erschien; er hatte eine Schnauze statt einer Nase, riesige Fledermausohren und gewaltige blutunterlaufene Augen. Er kauerte in dreckigen Lumpen auf dem Zottelteppich der Dursleys. Tante Petunia stieß einen markerschütternden Schrei aus: Noch nie im Leben war ihr etwas so Schmutziges ins Haus gekommen. Dudley hob seine großen nackten rosa Füße vom Boden und streckte sie beinahe über den Kopf, als glaubte er, dieses Wesen könne ihm die Pyjamahosen hinaufkrabbeln, und Onkel Vernon brüllte: »Was zur Hölle ist das?«
»Kreacher«, schloss Dumbledore.
»Kreacher will nicht, Kreacher will nicht, Kreacher will nicht!«, krächzte der Hauself, genauso laut wie Onkel Vernon, er stampfte mit seinen langen knorrigen Füßen auf und zog sich an den Ohren. »Kreacher gehört Miss Bellatrix, o ja, Kreacher gehört den Blacks, Kreacher will seine neue Herrin, Kreacher geht nicht zu dem Potter-Balg, Kreacher will nicht, will nicht, will nicht –«
»Wie du siehst, Harry«, sagte Dumbledore laut über Kreachers anhaltendes »will nicht, will nicht, will nicht«-Gekrächze hinweg, »zeigt Kreacher eine gewisse Abneigung, in deinen Besitz überzugehen.«
»Das ist mir egal«, sagte Harry erneut und betrachtete voller Abscheu den sich windenden, mit den Füßen stampfenden Hauselfen. »Ich will ihn nicht haben.«
»Will nicht, will nicht, will nicht, will nicht –«
»Wäre es dir lieber, wenn er in den Besitz von Bellatrix Lestrange überginge? Wohl wissend, dass er nun ein Jahr lang im Hauptquartier des Phönixordens gelebt hat?«
»Will nicht, will nicht, will nicht, will nicht –«
Harry starrte Dumbledore an. Er wusste, dass man Kreacher nicht erlauben konnte, bei Bellatrix Lestrange zu leben, doch die Vorstellung, ihn zu besitzen, verantwortlich zu sein für die Kreatur, die Sirius verraten hatte, widerte ihn an.
»Gib ihm einen Befehl«, sagte Dumbledore. »Wenn er jetzt dir gehört, wird er gehorchen müssen. Wenn nicht, müssen wir uns etwas anderes einfallen lassen, wie wir ihn von seiner rechtmäßigen Herrin fernhalten.«
»Will nicht, will nicht, will nicht, WILL NICHT! «
Kreachers Stimme war zu einem Schreien angeschwollen. Harry fiel nichts ein, was er sagen konnte, außer: »Kreacher, halt den Mund!«
Einen Moment lang sah es so aus, als würde Kreacher ersticken. Er griff sich an die Gurgel, sein Mund bewegte sich immer noch wild und die Augen quollen hervor. Nachdem er einige Sekunden lang panisch gewürgt hatte, warf er sich mit dem Gesicht auf den Teppich (Tante Petunia wimmerte), schlug mit Händen und Füßen auf den Boden und gab sich einem heftigen, aber vollkommen stummen Wutanfall hin.
»Nun, das macht das Ganze leichter«, sagte Dumbledore gut gelaunt. »Sirius wusste offensichtlich, was er tat. Du bist der rechtmäßige Eigentümer von Grimmauldplatz Nummer zwölf und von Kreacher.«
»Muss ich – muss ich ihn bei mir behalten?«, fragte Harry entsetzt, während Kreacher zu seinen Füßen auf den Boden eindrosch.
»Nein, wenn du nicht willst«, sagte Dumbledore. »Wenn ich dir einen Vorschlag machen darf – du könntest ihn nach Hogwarts schicken, damit er dort in der Küche arbeitet. So könnten die anderen Hauselfen ihn im Auge behalten.«
»Jaah«, sagte Harry erleichtert, »ja, das mach ich. Ähm – Kreacher – ich will, dass du nach Hogwarts gehst und dort mit den anderen Hauselfen in der Küche arbeitest.«
Kreacher, der inzwischen flach auf dem Rücken lag und alle viere in die Luft streckte, warf Harry kopfüber einen Blick voll abgrundtiefem Hass zu und verschwand mit einem weiteren lauten Knall .
»Gut«, sagte Dumbledore. »Dann wäre da noch die Sache mit dem Hippogreif, Seidenschnabel. Hagrid hat sich nach Sirius’ Tod um ihn gekümmert, aber Seidenschnabel gehört
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