Harry Potter und der Halbblutprinz
bewahrt! Wissen Sie, wie viel man mir dafür geboten hat, mit dem Peverell-Wappen, das in den Stein graviert ist?«
»Ich habe wirklich keine Ahnung«, sagte Ogden und blinzelte, während der Ring wenige Zentimeter vor seiner Nase herumschwebte, »und das tut hier überhaupt nichts zur Sache, Mr Gaunt. Ihr Sohn hat sich –«
Mit einem wütenden Schrei rannte Gaunt auf seine Tochter zu. Für einen kurzen Augenblick dachte Harry, er würde sie erdrosseln, da er ihr mit der Hand an die Gurgel fuhr; doch gleich darauf zerrte er sie an einer Goldkette, die um ihren Hals hing, zu Ogden hin.
»Sehen Sie das?«, brüllte er Ogden an und schüttelte ein schweres goldenes Medaillon in seine Richtung, während Merope würgte und nach Atem rang.
»Ich sehe es, ich sehe es!«, gab Ogden hastig zurück.
»Von Slytherin!«, rief Gaunt. »Von Salazar Slytherin! Wir sind seine letzten lebenden Nachfahren, was sagen Sie dazu, he?«
»Mr Gaunt, Ihre Tochter!«, sagte Ogden in heller Aufregung, aber Gaunt hatte Merope schon losgelassen; sie taumelte von ihm weg, zurück in ihre Ecke, rieb sich den Hals und schnappte nach Luft.
»Also!«, sagte Gaunt triumphierend, als hätte er soeben einen komplizierten Sachverhalt unstrittig bewiesen. »Sprechen Sie nicht weiter mit uns, als ob wir Dreck an Ihren Schuhen wären! Generationen von Reinblütern – allesamt Zauberer – mit Sicherheit mehr, als Sie von sich behaupten können!«
Er spuckte auf den Boden vor Ogdens Füße. Morfin keckerte erneut. Merope, die mit gesenktem Kopf, das Gesicht von ihrem dünnen Haar verborgen, neben dem Fenster kauerte, sagte nichts.
»Mr Gaunt«, sagte Ogden hartnäckig, »ich fürchte, weder Ihre noch meine Vorfahren haben mit der anhängigen Sache etwas zu tun. Ich bin wegen Morfin hier, wegen Morfin und des Muggels, den er gestern spät in der Nacht angepöbelt hat. Unseren Informationen nach«, er warf einen Blick auf seine Pergamentrolle, »hat Morfin einen Fluch oder Zauber gegen besagten Muggel ausgeführt, wodurch dieser einen höchst schmerzhaften Nesselausschlag bekam.«
Morfin kicherte.
»Sei still, Junge«, knurrte Gaunt auf Parsel, und Morfin verstummte wieder.
»Und was, wenn er es tatsächlich getan hätte?«, sagte Gaunt herausfordernd zu Ogden. »Ich schätze, Sie haben dem Muggel sein dreckiges Gesicht sauber gewischt, und sein Gedächtnis noch dazu –«
»Darum geht es wohl kaum, nicht wahr, Mr Gaunt?«, sagte Ogden. »Dies war ein nicht provozierter Angriff auf einen wehrlosen –«
»Ach, ich hab doch gleich gesehen, dass Sie ein Muggelfreund sind«, höhnte Gaunt und spuckte wieder auf den Boden.
»Diese Diskussion bringt uns nicht weiter«, sagte Ogden bestimmt. »Aus dem Verhalten Ihres Sohnes geht eindeutig hervor, dass er keine Reue für seine Taten empfindet.« Er warf noch einen Blick auf seine Pergamentrolle. »Morfin wird am vierzehnten September zu einer Anhörung erscheinen und zu der Anklage Stellung nehmen, dass er in Anwesenheit eines Muggels Magie eingesetzt hat und besagtem Muggel Schaden und Leid –«
Ogden brach ab. Das Klirren und Getrappel von Pferden und laute, lachende Stimmen wehten durch das offene Fenster herein. Anscheinend führte die gewundene Straße zum Dorf ganz dicht an dem Wäldchen vorbei, in dem das Haus stand. Gaunt erstarrte und lauschte mit aufgerissenen Augen. Morfin zischte und wandte sich mit gieriger Miene in die Richtung, aus der die Geräusche kamen. Merope hob den Kopf. Harry sah, dass ihr Gesicht ganz weiß war.
»Mein Gott, was für ein Schandfleck!«, erklang die Stimme eines Mädchens, die so deutlich durch das offene Fenster zu hören war, als hätte das Mädchen neben ihnen im Raum gestanden. »Hätte dein Vater diese Bruchbude nicht abreißen lassen können, Tom?«
»Die gehört nicht uns«, sagte die Stimme eines jungen Mannes. »Alles auf der anderen Seite des Tals gehört uns, aber dieses Haus gehört einem alten Landstreicher namens Gaunt und seinen Kindern. Der Sohn ist völlig verrückt, du solltest mal hören, was sie im Dorf so erzählen –«
Das Mädchen lachte. Das Klirren und Getrappel wurde immer lauter. Morfin machte Anstalten, aus seinem Sessel aufzustehen.
»Bleib sitzen«, mahnte ihn sein Vater auf Parsel.
»Tom«, sagte die Mädchenstimme erneut, jetzt so nahe, dass sie offenbar direkt am Haus waren, »vielleicht täusche ich mich – aber hat da jemand eine Schlange an die Tür genagelt?«
»Guter Gott, du hast Recht!«, erwiderte die Stimme
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