Harry Potter und die Heiligtümer des Todes
gewesen war und wen er in der obersten Zelle von Nurmengard ermordet hatte, und warum …
Und er dachte an Wurmschwanz, getötet wegen einer einzigen kleinen, unwillkürlichen Regung von Erbarmen … Dumbledore hatte das vorausgesehen … was hatte er noch alles gewusst?
Harry verlor jegliches Zeitgefühl. Er wusste nur, dass sich die Dunkelheit ein wenig gelichtet hatte, als Ron und Dean wieder zu ihm stießen.
»Wie geht es Hermine?«
»Besser«, sagte Ron. »Fleur kümmert sich um sie.«
Harry hatte seine Antwort parat, falls sie ihn fragten, warum er nicht einfach mit seinem Zauberstab ein perfektes Grab geschaffen hatte, doch er brauchte sie nicht. Sie sprangen selbst mit Spaten in das Loch hinunter, das er ausgehoben hatte, und alle drei arbeiteten stumm, bis das Loch ihnen tief genug vorkam.
Harry wickelte den Elfen enger in seine Jacke ein. Ron setzte sich an den Rand des Grabs, schlüpfte aus seinen Schuhen und Socken und zog sie dem Elfen über die nackten Füße. Dean holte eine Wollmütze hervor, die Harry sorgfältig auf Dobbys Kopf setzte und die seine Fledermausohren einhüllte.
»Wir sollten seine Augen schließen.«
Harry hatte die anderen nicht durch die Nacht kommen hören. Bill trug einen Reiseumhang; Fleur eine große weiße Schürze, aus deren Tasche eine Flasche herausragte, in der, wie Harry erkannte, Skele-Wachs war. Hermine war in einen geliehenen Morgenmantel gehüllt, blass und wacklig auf den Beinen; Ron legte einen Arm um sie, als sie an seine Seite trat. Luna, die sich einen von Fleurs Mänteln übergeworfen hatte, ging in die Hocke, legte ihre Finger sanft auf die Augenlider des Elfen und schob sie über seinen glasigen, starren Blick.
»So«, sagte sie leise. »Nun sieht es aus, als würde er schlafen.«
Harry legte den Elfen in das Grab, die winzigen Arme und Beine so angeordnet, als würde er sich nur ausruhen, dann kletterte er hinaus und blickte zum letzten Mal auf den kleinen Körper. Er musste sich zwingen aufrecht zu bleiben, als er sich an Dumbledores Begräbnis erinnerte und an die endlosen Reihen goldener Stühle und den Zaubereiminister in der ersten Reihe, an die Aufzählung von Dumbledores Leistungen, an das prachtvolle weiße Grabmal aus Marmor. Er hatte das Gefühl, dass Dobby ein genauso aufwändiges Begräbnis verdiente, und doch lag der Elf hier zwischen Büschen in einem auf die Schnelle ausgehobenen Loch.
»Ich glaube, wir sollten etwas sagen«, meldete sich Luna zu Wort. »Soll ich anfangen?«
Und sobald aller Augen auf sie gerichtet waren, wandte sie sich dem toten Elfen unten im Grab zu.
»Ich danke dir sehr, Dobby, dass du mich aus diesem Keller gerettet hast. Es ist so ungerecht, dass du sterben musstest, wo du doch so gut und mutig warst. Ich werde nie vergessen, was du für uns getan hast. Ich hoffe, du bist jetzt glücklich.«
Sie drehte sich um und sah erwartungsvoll Ron an, der sich räusperte und mit belegter Stimme sagte: »Jaah … danke, Dobby.«
»Danke«, murmelte Dean.
Harry schluckte.
»Mach’s gut, Dobby«, sagte er. Mehr brachte er nicht zustande, aber Luna hatte schon alles gesagt. Bill hob seinen Zauberstab, und der Erdhaufen neben dem Grab stieg in die Luft, fiel dann ordentlich hinein und bildete einen kleinen, rötlichen Hügel.
»Habt ihr was dagegen, wenn ich einen Moment hierbleibe?«, fragte Harry die anderen.
Sie murmelten Worte, die er nicht verstand; er spürte, wie sie ihm leicht auf die Schulter klopften, dann gingen sie mit schleppenden Schritten zurück zum Haus und ließen Harry bei dem Elfen allein.
Er blickte sich um: Es gab eine Menge großer weißer Steine, die vom Meer glatt geschliffen waren und die Blumenbeete umgrenzten. Er hob einen von den größten auf und legte ihn wie ein Kissen über die Stelle, wo Dobbys Kopf jetzt ruhte. Dann tastete er in seiner Tasche nach einem Zauberstab.
Es waren zwei darin. Er hatte es vergessen, den Überblick verloren; er konnte sich nicht mehr erinnern, wem diese Zauberstäbe gehörten; er wusste noch halbwegs, dass er sie jemandem aus der Hand gerissen hatte. Er wählte den kürzeren der beiden, der sich angenehmer anfühlte, und richtete ihn auf den Stein.
Langsam und nach den Anweisungen, die er murmelte, bildeten sich tiefe Einkerbungen auf der Gesteinsoberfläche. Hermine hätte es sicher ordentlicher gemacht, und wahrscheinlich auch schneller, doch er wollte diese Stelle kennzeichnen, wie er auch das Grab hatte schaufeln wollen. Als Harry wieder aufstand,
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