Harry Potter und die Heiligtümer des Todes
Lichtstrahl kam mitten durch den Hof bis zum Tisch geflogen, wo er die Gestalt eines leuchtend silbernen Wiesels annahm, das auf den Hinterbeinen stand und mit Mr Weasleys Stimme sprach.
»Zaubereiminister begleitet mich.«
Der Patronus löste sich in nichts auf, und Fleurs Familie starrte verdutzt auf die Stelle, wo er verschwunden war.
»Wir gehen dann mal besser«, sagte Lupin sofort. »Harry – tut mir leid – ich erklär’s dir ein andermal –«
Er packte Tonks am Handgelenk und zog sie fort; sie gingen bis zum Zaun, kletterten darüber und verschwanden. Mrs Weasley sah verwirrt aus.
»Der Minister – aber warum –? Ich verstehe nicht –«
Doch es blieb keine Zeit, diese Frage zu erörtern; eine Sekunde später war Mr Weasley aus dem Nichts am Tor erschienen, in Begleitung von Rufus Scrimgeour, den man gleich an seiner grauen Haarmähne erkennen konnte.
Die beiden Neuankömmlinge gingen mit zügigen Schritten über den Hof auf den Garten und den laternenbeleuchteten Tisch zu, wo die ganze Gesellschaft schweigend dasaß und beobachtete, wie sie näher kamen. Als Scrimgeour ins Licht der Laternen trat, bemerkte Harry, dass er viel älter aussah als bei ihrer letzten Begegnung, hager und grimmig.
»Verzeihen Sie, dass ich störe«, sagte Scrimgeour, indem er humpelnd an den Tisch trat und davor stehen blieb. »Besonders, da ich sehe, dass ich hier ungeladen in eine Festlichkeit hineinplatze.«
Seine Augen verharrten für einen Moment auf der riesigen Schnatztorte.
»Herzlichen Glückwunsch.«
»Danke«, sagte Harry.
»Ich muss Sie um eine persönliche Unterredung bitten«, fuhr Scrimgeour fort. »Ebenso Mr Ronald Weasley und Miss Hermine Granger.«
»Uns?«, sagte Ron, offenbar überrascht. »Warum uns?«
»Das werde ich Ihnen mitteilen, wenn wir uns irgendwohin zurückgezogen haben«, erwiderte Scrimgeour. »Gibt es hier einen entsprechenden Ort?«, fragte er, an Mr Weasley gewandt.
»Ja, natürlich«, sagte Mr Weasley, der nervös wirkte. »Das, ähm, Wohnzimmer, warum nehmen Sie nicht das?«
»Wenn Sie vorausgehen würden«, sagte Scrimgeour zu Ron. »Es ist nicht nötig, dass Sie uns begleiten, Arthur.«
Harry bemerkte, wie Mr Weasley einen besorgten Blick mit seiner Frau wechselte, während Harry, Ron und Hermine aufstanden. Als sie schweigend in Richtung Haus vorangingen, war Harry sicher, dass die anderen beiden das Gleiche dachten wie er: Scrimgeour musste irgendwie erfahren haben, dass sie alle drei vorhatten, Hogwarts abzubrechen.
Scrimgeour sagte kein Wort, während sie durch die unordentliche Küche ins Wohnzimmer des Fuchsbaus gingen. Obwohl der Garten noch in weichem goldenem Abendlicht lag, war es hier drin schon dunkel: Als er eintrat, schnippte Harry mit seinem Zauberstab zu den Öllampen hin, und sie erhellten den schäbigen, aber behaglichen Raum. Scrimgeour ließ sich in dem ausgeleierten Sessel nieder, in dem sonst Mr Weasley saß, so dass Harry, Ron und Hermine sich Schulter an Schulter auf das Sofa quetschen mussten. Sie hatten kaum Platz genommen, als Scrimgeour das Wort ergriff.
»Ich habe einige Fragen an Sie drei, und ich denke, es wird das Beste sein, wenn wir das jeweils unter vier Augen erledigen. Würden Sie beide«, er wies auf Harry und Hermine, »bitte oben warten, ich möchte mit Ronald anfangen.«
»Wir gehen nirgendwohin«, sagte Harry, während Hermine lebhaft nickte. »Sie können mit uns allen zusammen reden oder gar nicht.«
Scrimgeour warf Harry einen kalten, abschätzenden Blick zu. Harry hatte das Gefühl, dass der Minister überlegte, ob es sich lohnte, so früh Feindseligkeiten zu eröffnen.
»Nun gut, dann alle zusammen«, sagte er achselzuckend. Er räusperte sich. »Ich bin, wie Sie sicher wissen, wegen des Testaments von Albus Dumbledore hierhergekommen.«
Harry, Ron und Hermine sahen einander an.
»Das überrascht Sie offenbar! Sie waren also nicht davon unterrichtet, dass Dumbledore Ihnen etwas vererbt hat?«
»U-uns allen?«, sagte Ron. »Mir und Hermine auch?«
»Ja, Ihnen all–«
Aber Harry unterbrach ihn.
»Dumbledore ist vor über einem Monat gestorben. Warum hat es so lange gedauert, bis man uns gibt, was er uns hinterlassen hat?«
»Ist das nicht offensichtlich?«, sagte Hermine, ehe Scrimgeour antworten konnte. »Was auch immer er uns vererbt hat, die wollten es zuerst untersuchen. Dazu hatten Sie kein Recht!«, sagte sie mit leicht zitternder Stimme.
»Ich hatte durchaus das Recht dazu«, erwiderte Scrimgeour von oben
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