Harrys Höllen-Cocktail
der Keeper. »Das ist er: Harrys Höllen-Cocktail…«
***
Wir hatten tatsächlich Glück gehabt und bei der Verleihfirma die Auskünfte bekommen, die wir haben wollten. Zwar zierte man sich erst, ich mußte auch den Chef konsultieren, aber der rückte schließlich mit einer entscheidenden Information heraus.
Yves Ducce hatte im Kensington Hilton gewohnt, einem der teuren Londoner Hotelpaläste.
Der Chefportier erinnerte sich an mich. Diese Männer haben meist ein hervorragendes Personengedächtnis. Als wir vor der langen und mit Elektronik gespickten Rezeptionstheke standen, flog der Blick des Mannes zufällig in unsere Richtung.
Er sah mich und wurde blaß. »Sollen wir nicht lieber woanders hingehen, Gentlemen?« fragte er sehr höflich.
Ich lächelte schief. »Wenn Sie meinen.«
»Bitte, kommen Sie.«
Das 1000-Betten-Hotel besaß mehrere Restaurants. Unter anderem einen Tudor-Grill und ein japanisches Restaurant. Beide waren von der großen Halle aus zu erreichen. Wir gingen in die kleine Cocktaillounge, wo wir eine Nische fanden, in der wir ungestört reden konnten.
»Es wird doch nicht etwa wieder diesen großen Ärger geben wie damals mit den Pflanzen?« fragte der Hilton-Mann. [1]
»Nein«, erwiderte ich.
Und Bill meinte: »Die sind bereits verdorrt.«
»Ja, Sir, Sie waren ja auch dabei. Aber womit kann ich Ihnen heute helfen?«
»Es geht um einen Mann, der bei Ihnen gewohnt hat.«
»Ja?«
»Er heißt Yves Ducce.«
Der Portier runzelte die Stirn und hob die Schultern. »Sie wissen, wie groß dieses Hotel ist. Warten Sie einen Augenblick.« Er drehte sich um. Hinter ihm stand ein beigefarbenes Telefon. Nur eine Nummer brauchte er zu tippen, dann hatte er die Rezeption und bat um die Unterlagen des Gastes mit dem Namen Ducce.
»Es dauert einen Moment«, wandte er sich an uns. »Darf ich Ihnen etwas zu trinken bringen lassen?«
Bill dachte noch immer an den Schock und an seinen Whisky, den er trinken wollte. »Ich nehme einen kleinen Scotch.«
»Sehr wohl. Und Sie, Sir?«
»Gar nichts, danke.«
»Gut.«
Bill bekam seinen Scotch gebracht, trank ihn langsam und bekam wieder Farbe. Auch die Unterlagen wurden uns gereicht. Der Chefportier blätterte sie auf.
»Da ist nicht viel, meine Herren. Mr. Ducce ist Italiener. Er ist gestern bei uns abgestiegen, hat sich eine Flasche Chianti aufs Zimmer bringen lassen und ist ansonsten nicht aufgefallen. Mehr kann ich nicht für Sie tun.«
»Sie werden die Rechnung abschreiben müssen«, sagte Bill, als er sein Glas absetzte. »Der Mann ist nämlich tot.«
Ein Chefportier ist durch nichts so leicht aus der Fassung zu bringen, auch bei uns reagierte er gelassen. »Damit hätte ich bei Ihrem Besuch eigentlich rechnen müssen.«
»Das können Sie so sehen«, erwiderte ich.
Der Mann wischte über sein Gesicht. »Tot«, murmelte er. »Dann wollen Sie wohl sein Zimmer sehen.«
»Deshalb sind wir hier.«
»Bitte, kommen Sie mit.«
Wir gingen zu einem der Aufzüge. Die breite Tür stand offen. Der Lift schoß uns hoch in den achten Stock. Als wir dort hielten, ertönte das sanfte Klingeln, die Tür öffnete sich wieder, und wir konnten einen der langen Hotelgänge betreten, in dem ein sandfarbener Teppichboden unsere Schritte dämpfte.
Der Portier trug den Generalschlüssel stets bei sich. So konnte er jedes Zimmer betreten.
Ob Hilton, Interconti oder Hyatt, die Zimmer ähnelten sich. Es war der gehobene Standard.
Das Zimmer war aufgeräumt und blitzsauber.
»Bitte, meine Herren, schauen Sie sich um.«
Ich sah keine Veranlassung, den Portier wieder wegzuschicken. Er blieb an der Tür stehen und schaute uns zu.
Wir fanden nicht viel. Mich wunderte nur, daß die Bibel auf der zweiten Hälfte des Doppelbetts lag. Ducce schien darin gelesen zu haben, um sich Mut zu machen.
Bill öffnete den dunkelbraunen Einbauschrank. »John, da steht sein Koffer.«
»Hol ihn raus.«
Mein Freund legte ihn aufs Bett.
Ich schaute inzwischen in den offenen Schrank. Auf einigen Bügeln hingen mehrere Anzüge, ein Mantel und ein rotweiß gestreiftes Hemd. Zielsicher durchsuchten meine Hände die Taschen. Ich fand aber nichts. Bill hatte mittlerweile den Koffer geöffnet. Als ich mich umdrehte, lachte er leise.
»Was hast du?«
»Schau dir das an, John. Der hat nicht vorgehabt, lange bei uns zu bleiben.«
In der Tat. Der Koffer enthielt nur seidene Unterwäsche, ein Buch über Tennis und einen Stadtplan von Cannes. Ich schlug das Buch auf und schaute mit die Seiten
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