Hart
Frauen oder meine Pläne für den Abend. Alles war in der Schwebe, und das Einzige, was zählte, war dieser Mann, der dort im Schlafzimmer stand.
«Dreh das Wasser ab», murmelte er, ohne sich mir zuzuwenden.
Diese Worte und die Tatsache, dass er die ganze Zeit gewusst hatte, dass ich da war, hätten mich erschrecken sollen, aber das hier war Tom. Alles zu beobachten war seine spezielle Gabe.
Die Rohre pfiffen protestierend, als ich den Hahn zudrehte. Der Schaum bitzelte leise auf der Oberfläche des Wassers. Dampf stieg auf. Tom erschien in der Tür, den Arm voller flauschiger Handtücher aus dem Wäscheschrank. Weich, wie sie waren, wirkten sie fast etwas albernvor seinem starken, breiten Körper. Er legte sie auf dem Wäschekorb ab und zog mich in seine Arme. Wir seufzten gemeinsam, als unsere Haut sich berührte, was sich wundervoll anfühlte.
«Viel Schaum?», flüsterte er.
«Ja.»
«Können wir Verstecken darin spielen?»
«Wahrscheinlich.»
«Hast du Lust?»
Ich lächelte an seiner Brust. Selbst jetzt noch hatte er etwas an sich, das mir das Gefühl gab, ich hätte die Kontrolle über alles, ich hätte hier das Sagen.
«Bitte.»
Tom hielt mich beim Arm, als ich mich in die Wanne sinken ließ. Er stieg hinter mir hinein. Das Wasser machte unsere Körper glatt und weich. Er verflocht die Beine mit meinen, führte die Hand an meine Kehle und drückte meinen Kopf nach hinten gegen seine Schulter. So lagen wir lange da, während wir uns an die Hitze gewöhnten und der Schaum jeden Zentimeter unserer Haut umspielte, der aus dem Wasser herauslugte. Die Kerzenflammen schwankten hypnotisierend.
«Du gibst mir ein solches Gefühl der Sicherheit», sagte ich zu ihm.
«Das ist meine Aufgabe», antwortete er. Es folgte ein langes Schweigen. Wir waren schläfrig, fühlten uns wohl und waren erregt, aber wir hatten alle Zeit der Welt. «Was ist dir zugestoßen, Kelley?», fragte Tom.
«Was meinst du damit?»
«Ich gebe dir ein Gefühl der Sicherheit. Wer hat dich verunsichert?»
Ich schloss die Augen. Das Kerzenlicht malte ein blasses Rot auf meine Augenlider. Ich schluckte kräftig und konzentrierte mich auf das schöne Gefühl von Toms Hand anmeinem Hals. Er streichelte mich sanft, und ich dachte erneut, wie sehr ich ihm vertraute.
«Keiner hat mich verletzt», sagte ich. «Falls deine Frage darauf abzielt.»
«Du meinst, nicht physisch.»
«Richtig.»
«Und was war es dann?»
Ich bewegte mich in der Wanne. Der Schaum stieg bis über meine Schultern. Etwas Wasser schwappte auf den Boden. Tom lächelte an meinem Hals und küsste mich am Ohr.
«Ich hatte nie einen Mann, der mir treu war. Ich hatte nie einen Mann, der sich um mich gekümmert hat. Ich war immer auf mich gestellt, selbst wenn ich mit jemandem zusammen war.»
Ich dachte einen Moment lang nach.
«Mit meiner Mutter war es dasselbe», sagte ich. «Eines Abends rief mein Vater von der Arbeit aus an, etwa eine Stunde, bevor er sonst immer heimkam. Ich war am Telefon. Er sagte mir, er komme nicht mehr nach Hause, die Ehe sei gescheitert, und ich solle das meiner Mutter sagen. Er trug mir auf, darauf zu achten, dass sie keine Dummheiten anstellte.»
Tom schüttelte den Kopf und drückte mir die Lippen an den Hals.
«Ich habe erfahren, dass die Welt sich auch dann, wenn sie vollkommen in Ordnung scheint, wenn alles bestens ist, von einem Moment zum anderen ändern kann. Ich habe beobachtet, wie meine Mutter psychisch vor die Hunde ging und sich dann langsam wieder aufgerappelt hat. Aber sie war nie wieder dieselbe. Sie hat keinem mehr vertraut. Sie hat sich niemals mehr sicher gefühlt.»
«Wie alt warst du damals?»
Ich öffnete seufzend die Augen. «Vierzehn.»
«Genau in dem Alter, in dem man anfängt, auf eine märchenhafte Liebe zu hoffen.»
«Ich glaube nicht an Märchen», flüsterte ich und hatte zu meiner Überraschung plötzlich Tränen in den Augen. Ich holte tief Luft und biss mir auf die Lippen, um meine Gefühle in den Griff zu bekommen. Tom kannte mich gut genug, um das genau zu merken, doch diesmal ließ er es nicht zu.
«Darum also ist es dir so wichtig, immer die Kontrolle zu haben. Darum unterwirfst du dich mir so vollständig. Das ist deine Art, am Hebel zu sitzen, das Gegenteil von Selbstaufgabe.»
Tränen liefen mir übers Gesicht. Tom nahm mein Kinn in seine starke Hand und drehte meinen Kopf zu sich herum. Plötzlich heulte ich wie ein Baby oder wie eine Vierzehnjährige, deren Welt gerade in Scherben zerfallen
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