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Harter Schnitt

Harter Schnitt

Titel: Harter Schnitt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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um Grandma Sorgen machen muss. Ich will dich nicht auch noch auf die Liste setzen müssen.«
    Sein Widerwille war offensichtlich, doch er sagte: » Okay.«
    » Mach einfach was mit deinem Onkel Zeke. Spielt Karten oder sonst was.«
    » Er schmollt, wenn er verliert.«
    » Du auch.« Faith scheuchte ihn aus der Küche. Sie verfolgte seinen Weg durchs Haus und die Treppe hoch zu seinem Zimmer anhand des vertrauten Knarzens der Bodendielen und der Stufen. Sie würde Zeke dazu bringen, dass er ihre Liste mit häuslichen Reparaturen abarbeitete. Natürlich würde das bedeuten, dass sie tatsächlich mit ihm reden musste, und Faith gab sich größte Mühe, ihrem Bruder aus dem Weg zu gehen. Merkwürdigerweise schien er dasselbe zu tun. Seit drei Stunden saß er in der Garage und arbeitete an seinem Laptop.
    Faith stemmte sich vom Tisch hoch und ging auf und ab, weil sie hoffte, dadurch etwas von ihrer nervösen Energie loszuwerden. Sie hielt nicht lange durch, beugte sich über den Tisch und tippte auf die Tastatur ihres Laptops, um den Rechner aufzuwecken. Sie lud Jeremys Facebook-Seite hoch. Das Regenbogenrad drehte sich ewig. Wahrscheinlich spielte Jeremy oben irgendein Spiel, das das drahtlose Netzwerk verlangsamte.
    Das Telefon klingelte. Faith erschrak. Bei jedem unerwarteten Geräusch zuckte sie zusammen. Sie war nervös wie eine Katze. Die Hintertür ging auf. Ginger wartete, bis sie den Hörer abgenommen hatte. An seiner erschöpften Miene sah sie, dass diese ganze Überwachung für ihn nicht nur völlig unbefriedigend, sondern auch weit unter seinen Fähigkeiten war.
    Sie hielt sich den Hörer ans Ohr. » Hallo?«
    » Faith.«
    Es war Victor Martinez, der Vater von Emma. Sie winkte Ginger weg. » Hey.«
    » Hi.«
    Da der einfache Teil nun vorüber war, schienen sie beide nicht mehr fähig zu sein zu reden. Seit dreizehn Monaten hatte sie nicht mehr mit Victor gesprochen, seit sie ihm die SMS geschickt hatte, er müsse seine Sachen aus ihrem Haus holen oder sie würde sie auf die Straße werfen.
    Victor beendete das Schweigen. » Gibt’s was Neues von deiner Mutter?«
    » Nein. Nichts.«
    » Es sind jetzt über vierundzwanzig Stunden, nicht?«
    Sie traute ihrer Stimme nicht. Victor hatte die Angewohnheit, immer das Offensichtliche festzustellen, und da er ein großer Fan von Krimiserien war, wusste er so gut wie Faith, dass die Zeit gegen sie arbeitete.
    » Geht es Jeremy gut?«
    » Ja. Danke, dass du ihn gestern nach Hause gebracht hast. Und bei ihm geblieben bist.« Dann fiel ihr noch ein zu fragen: » Du hast nichts Ungewöhnliches gesehen, als du hier warst, oder? Niemand, der in der Nähe des Hauses herumhing?«
    » Natürlich nicht. Das hätte ich der Polizei gesagt.«
    » Wie lang warst du schon da, als sie kamen?«
    » Nicht lange. Dein Bruder kam ungefähr eine halbe Stunde später, und dann bin ich gegangen.«
    Faith’ ausgelaugtes Gehirn mühte sich mit der Berechnung ab. Evelyns Entführer hatten nicht getrödelt. Von ihrem Haus aus waren sie direkt hierhergefahren. Sie waren mit der Örtlichkeit so vertraut, dass sie direkt nach oben in ihr Zimmer gegangen waren und ihr den Finger unters Kopfkissen gelegt hatten. Vielleicht hatten sie das Haus auch zuvor schon beobachtet. Vielleicht hatten sie Faith’ Anrufe abgehört oder auf den Kalender in ihrem Laptop geschaut und wussten deshalb, dass sie nicht da sein würde. Nichts im Haus war passwortgeschützt, weil sie immer angenommen hatte, dass sie hier sicher war.
    Faith hatte etwas, das Victor gesagt hatte, nicht mitbekommen. » Was?«
    » Ich sagte, dein Bruder ist ein ziemliches Arschloch.«
    Faith blaffte: » Es ist auch für ihn keine einfache Zeit, Victor. Unsere Mutter ist verschwunden. Wer weiß, ob sie tot oder noch am Leben ist. Zeke hat alles stehen und liegen lassen, um bei Jeremy sein zu können. Es tut mir leid, wenn er dir unhöflich vorgekommen ist. Im Augenblick ist es schwierig, freundlich zu sein.«
    » Stopp, okay? Es tut mir leid. Ich hätte das nicht sagen sollen.«
    Faith atmete wieder heftiger und versuchte, sich zu beherrschen. Sie wollte jemanden anschreien. Doch derjenige musste nicht unbedingt Victor sein.
    » Bist du noch dran?«, fragte er.
    Faith konnte es nicht länger hinauszögern. » Ich weiß, dass Jeremy dir Emmas Foto gezeigt hat.«
    Er räusperte sich.
    » Wie findest du sie…?« Faith drückte sich die Finger auf die geschlossenen Lider. » Du hast recht.«
    Er schwieg eine schiere Ewigkeit. Schließlich sagte

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