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Harter Schnitt

Harter Schnitt

Titel: Harter Schnitt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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nicht, dass er ihr die Sicht versperrte.
    Will schaute durch den Sucher der Kamera. Das Objektiv war stärker als sein Visier. Er sah den Schweiß, der Faith über die Wange lief. Sie redete noch immer. Sie argumentierte mit dem Schützen.
    Ein Schütze. Ein Mann, der noch stand.
    Zwei böse Jungs waren ins Haus gegangen. Beide hatten schwarze Jacken und Kappen getragen. Einer war erschossen worden. Wenigstens in diesem Punkt war Will ganz sicher. Er hatte zugesehen, wie die beiden Jungs Evelyn durch den Vorgarten und ins Haus gezwungen hatten. Der hinter ihr war entbehrlich wie Ricardo, wie Hironobu Kwon, wie jeder andere Mann, der versucht hatte, an Evelyn Mitchells Geld heranzukommen.
    Aber es war nie um das Geld gegangen. Chuck Finn war nicht der Strippenzieher. Es gab keinen Zauberer hinter dem Vorhang. Hier vor sich hatten sie den Kopf von Roger Lings Schlange: ein zorniger junger Mann mit blauen Augen und einer Tec-9 und irgendeinem Groll, den er unbedingt ausleben wollte.
    Durch zusammengebissene Zähne sagte Will: » Jetzt ist nur noch er übrig. Genau das wollte er die ganze Zeit.«
    » Er wird nie einen Cent von diesem Geld ausgeben.«
    Will bemühte sich um einen sachlichen Tonfall. » Es geht ihm überhaupt nicht ums Geld.«
    » Worum geht es ihm dann?« Amanda packte ihn an der Schulter und riss ihn von der Kamera weg. » Na los, Sie Genie. Sagen Sie mir, was er will!«
    Mrs. Levy murmelte: » Du weißt doch, was er will.« Sie steckte die Patronen wieder in die Revolvertrommel.
    » Halt den Mund, Roz. Ich habe langsam die Nase voll von dir.« Amanda starrte Will böse an. » Klären Sie mich auf, Dr. Trent. Ich bin ganz Ohr.«
    » Er will sie umbringen. Er will beide umbringen.« Nun konnte Will endlich das größte Ich hab’s Ihnen doch gesagt seines Lebens herausbringen. » Und wenn Sie sich dazu herabgelassen hätten, mir zuzuhören, würde das alles hier jetzt nicht passieren.«
    Wut blitzte in Amandas Augen auf, aber sie sagte: » Reden Sie weiter. Lassen Sie alles heraus.« Letztendlich war es ihre Art, die bei ihm das Fass zum Überlaufen brachte. » Ich habe Ihnen gesagt, wir sollten diese Sache langsam angehen. Ich habe Ihnen gesagt, zuerst sollten wir herausfinden, was die Kerle wirklich wollen, bevor wir Faith mit einer Zielscheibe auf dem Rücken da reinschicken.« Er ging auf sie zu, sodass sie zur Waschmaschine zurückweichen musste. » Sie waren ja so versessen darauf zu beweisen, dass Ihr Schwanz größer ist als meiner, da kam es Ihnen gar nicht in den Sinn, dass ich vielleicht recht haben könnte.« Will beugte sich so nahe zu ihr vor, dass er ihren Atem auf seiner Haut spürte. » Alles Blut, das jetzt vergossen wird, klebt an Ihren Händen, Amanda. Sie haben Faith das angetan. Sie haben es uns allen angetan.«
    Amanda wandte den Kopf ab. Sie antwortete Will nicht, aber er konnte die Wahrheit in ihren Augen erkennen. Sie wusste, dass er recht hatte.
    Ihre stumme Akzeptanz war kein Trost, aber Will wich dennoch einen Schritt zurück. Er hatte sich drohend vor ihr aufgebaut wie ein Schläger, hatte sein Gewehr so fest umklammert, dass seine Hände zitterten. Jetzt verdrängte Scham seinen Zorn. Er zwang sich, den Griff zu lockern, seine Kiefermuskeln zu entspannen.
    » Ha.« Mrs. Levy lachte. » Du lässt dir von ihm diesen Ton gefallen, Wack?« Sie hatte die Python neu geladen. Während sie die Trommel wieder ins Gehäuse drückte, sagte sie zu Will: » So haben wir sie früher genannt– Wack, weil sie die Schnauze hielt und mit dem Schwanz wackelte, sobald ein Mann in der Nähe war.«
    Will war schockiert von dem, was sie sagte, weil er sich nichts vorstellen konnte, das weiter von der Wahrheit entfernt war.
    Mrs. Levy wog die Python in ihren Händen. Zu Amanda sagte sie: » Von wegen Schwanzgrößen. Du hättest das alles schon vor zwanzig Jahren stoppen können, wenn du Ev gezwungen hättest…«
    Amanda zischte: » Erspare mir deinen scheinheiligen Blödsinn, Roz. Wenn ich nicht zwischen dir und deinem Kochrezept gestanden hätte, würdest du jetzt im Todestrakt sitzen.«
    » Ich habe dich gewarnt, als es passierte. Man kreuzt nicht Tauben mit Drosseln.«
    » Du hast doch keine Ahnung, wovon du redest. Hattest du nie.« Amanda bellte Befehle in ihr Funkgerät. Ihre Stimme zitterte, was Will mehr Sorgen bereitete als alles, was in den letzten zehn Minuten passiert war. » Legen Sie diesen schwarzen Van still. Ich will alle vier Reifen platt sehen. Räumen Sie diesen Block so

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