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Harter Schnitt

Harter Schnitt

Titel: Harter Schnitt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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mehr in den Kalender, aber letzte Woche hat Ev mich dreimal gebeten, auf Emma aufzupassen.«
    » Und es war immer am Vormittag?«
    » Normalerweise von elf bis zwei Uhr am Nachmittag.«
    Drei Stunden schienen für ein Stelldichein eine ziemlich lange Zeit zu sein. » Wusste Faith von ihm?«
    Mrs. Levy schüttelte den Kopf. » Ich bin mir sicher, Ev wollte nicht, dass die Kinder es herausfinden. Sie haben ihren Vater ja so sehr geliebt. Und Evelyn auch, wissen Sie, aber das ist mindestens zehn Jahre her. Das ist eine sehr lange Zeit ohne Partner.«
    Will nahm an, dass sie aus Erfahrung sprach. » Sie sagten, Ihr Mann ist seit zwanzig Jahren tot.«
    » Ja, aber ich mochte Mr. Levy nicht besonders, und ich war ihm völlig egal.« Mit dem Daumen streichelte sie Emmas Wange. » Evelyn liebte Bill sehr. Sie hatten natürlich auch ihre Durststrecken, aber wenn man sich liebt, ist das anders. Wenn dann der eine stirbt, reißt es dem anderen das Leben entzwei. Und es dauert furchtbar lange, es wieder zusammenzusetzen.«
    Will gestattete sich einen kurzen Gedanken an Sara. In Wahrheit hatte er nie aufgehört, an sie zu denken. Sie war wie das Nachrichten-Laufband am unteren Rand des Fernsehers, während sein Leben, die eigentliche Geschichte, sich auf dem ganzen Bildschirm abspielte. » Kennen Sie den Namen des Gentlemans?«
    » Ach du meine Güte, nein. Ich habe nie gefragt. Aber er fuhr einen sehr schönen Cadillac CTS - V . Die Limousine, nicht das Coupé. Ganz in Schwarz mit Edelstahlkühlergrill. Ein sehr kehliger V-8. Man konnte ihn schon Blocks entfernt hören.«
    Will war zu überrascht, um sofort zu reagieren. » Sie sind ein Autofan?«
    » O nein, überhaupt nicht, aber ich habe im Internet nachgeschaut, weil ich wissen wollte, wie viel er dafür bezahlt hat.«
    Will sagte nichts, ließ sie einfach weiterreden.
    » Ich schätze, so um die siebenundfünfzigtausend Dollar«, vertraute ihm die alte Frau an. » Mr. Levy und ich haben dieses Haus für weniger als die Hälfte gekauft.«
    » Hat Evelyn Ihnen je seinen Namen genannt.«
    » Sie hat nie ein Sterbenswörtchen gesagt. Im Gegensatz zu dem, was ihr Männer gern denkt, sitzen wir nicht die ganze Zeit herum und quasseln.«
    Will gestattete sich ein Lächeln. » Wie sah er aus?«
    » Na, kahl«, sagte sie, als wäre das zu erwarten. » Ein bisschen rundlich um die Hüften. Er trug meistens Jeans. Seine Hemden waren oft zerknittert, und er hatte die Ärmel aufgekrempelt, was ich ein bisschen verwunderlich fand, weil Evelyn immer korrekt gekleidete Männer mochte.«
    » Was glauben Sie, wie alt er ist?«
    » Ohne Haare ist das schwer zu sagen. Ich würde schätzen, so ungefähr in Evelyns Alter.«
    » Anfang sechzig.«
    » Oh.« Sie wirkte überrascht. » Ich dachte, Evelyn ist in den Vierzigern, aber da Faith Mitte dreißig ist, ist das wohl Unsinn. Und ihr Kleiner ist auch kein Kleiner mehr, nicht?« Sie senkte die Stimme, als hätte sie Angst, dass jemand mithören könnte. » Schätze, das dürfte jetzt an die zwanzig Jahre her sein, aber das war keine Schwangerschaft, die man so leicht vergisst. Da war dieser Skandal, als man es allmählich sah. Eine Schande, wie die Leute sich verhielten. Wir hatten doch alle hin und wieder unseren Spaß, aber wie ich Evelyn zu der Zeit sagte, eine Frau mit dem Rock oben kann schneller laufen als ein Mann mit der Hose unten.«
    Will hatte noch nicht über Faith’ jugendliches Missgeschick nachgedacht und es nur ungewöhnlich gefunden, dass sie das Kind behalten hatte, aber die Nachbarn hatte es wahrscheinlich ziemlich durcheinandergebracht, eine schwangere Vierzehnjährige in ihrer vornehmen Mitte zu haben. Inzwischen war das beinahe alltäglich, aber damals wurde ein Mädchen in Faith’ Notlage im Allgemeinen sehr plötzlich weggeschickt, um eine noch nie zuvor erwähnte, gebrechliche Tante zu pflegen, oder erhielt etwas, was man euphemistisch eine Blinddarmoperation nannte. Eine Handvoll der weniger Glücklichen landeten in Kinderheimen zusammen mit Kindern wie Will.
    Er fragte: » Der Mann in dem teuren Auto ist also Anfang sechzig?« Sie nickte. » Haben Sie je gesehen, dass sie Zärtlichkeiten ausgetauscht haben?«
    » Nein, aber Evelyn ist nicht der Typ, der so was vorführt. Sie stieg nur zu ihm ins Auto, und dann fuhren sie davon.«
    » Kein Kuss auf die Wange?«
    » Ich habe nie so etwas gesehen. Aber wissen Sie, ich habe ihn ja nicht mal persönlich kennengelernt. Evelyn gab Emma nur immer bei mir ab, ging dann zu

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