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Harter Schnitt

Harter Schnitt

Titel: Harter Schnitt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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Sie Hilfe mit dem Baby brauchen.«
    » Vielen Dank, Kleiner.« Sie klang nun nicht mehr nach freundlicher, alter Dame, dennoch steckte sie sich die Karte in die Schürze.
    Amanda war schon halb den Gang hinunter, als Will sie einholte. Sie verlor kein Wort über das Foto oder Faith’ Zustand oder den Zuständigkeitsstreit, den sie mit Geary gehabt hatte. Stattdessen fing sie an, ihm Befehle zu erteilen: » Sie müssen alle Fallakten von der Ermittlung noch einmal durchgehen.« Sie brauchte ihm nicht zu sagen, welche Ermittlung sie meinte. » Nehmen Sie sich jede Zeugenaussage vor, jeden Informantenbericht, jedes Knastspitzels letztes Hurra. Es ist mir egal, wie winzig es ist. Ich will es wissen.« Amanda hielt inne. Er wusste, dass sie an seine Leseprobleme dachte.
    Will erwiderte mit neutraler Stimme: » Das ist kein Problem.«
    So einfach ließ sie ihn nicht davonkommen. » Augen auf, Will. Wenn Sie Hilfe brauchen, sagen Sie es jetzt, damit ich mich darum kümmern kann.«
    » Soll ich gleich damit anfangen? Ich habe die Kartons zu Hause.«
    » Nein. Wir haben erst noch was zu erledigen.« Die Hände in die Hüften gestemmt, stand sie in der Diele. Sie war eine adrette Frau, und Will vergaß oft, wie klein sie war, bis er sah, dass sie den Kopf in den Nacken legen musste, um ihn anzuschauen. » Ich habe es geschafft, ein paar Informationen loszueisen, während Geary seinen Wutausbruch hatte. Der Texicano im Hinterhof hat sich dank des großen Tattoos auf seinem Rücken freundlicherweise selbst als Ricardo identifiziert. Eine volle Identifikation haben wir noch nicht. Er ist Mitte zwanzig, knapp eins achtzig groß und ungefähr siebenundsiebzig Kilo schwer. Der Asiate im Schlafzimmer ist ungefähr vierzig, etwas kürzer und dünner als sein hispanischer Freund. Ich nehme an, er kommt nicht aus diesem Teil der Stadt. Vielleicht wurde er nur für diese Sache hierhergeschickt.«
    Will fiel etwas ein. » Faith meinte, er hätte einen Southside-Akzent gehabt.«
    » Das sollte das Problem etwas eingrenzen.«
    » Außerdem trug er ein grelles Hawaii-Hemd. Nicht sehr gangsterhaft.«
    » Wir setzen das mit auf die Liste seiner Verbrechen.« Sie schaute in den Flur, dann wieder zu Will. » Aber der Asiate in der Wäschekammer ist auch eine komische Geschichte, was wir dank der Brieftasche wissen, die er in seiner Gesäßtasche hatte. Hironobu Kwon, neunzehn Jahre alt. Er ist ein Erstsemester an der Georgia State. Außerdem ist er der Sohn einer örtlichen Lehrerin, Miriam Kwon.«
    » Keinen Bandenbezug?«
    » Wir können keinen finden. Das APD hatte sich Mama Kwon geschnappt, bevor wir zu ihr konnten. Wir müssen sie morgen früh finden und hören, was sie weiß.« Sie deutete mit dem Finger auf Will. » Aber unauffällig. Offiziell sind wir an diesem Fall noch nicht beteiligt. Es sind nur Sie und ich, bis ich einen Einstieg gefunden habe.«
    Er sagte: » Faith scheint zu denken, dass die Texicanos nach etwas gesucht haben.« Will versuchte, Amandas Ausdruck zu interpretieren. Normalerweise war es etwas zwischen Belustigung und Verärgerung, doch diesmal war ihre Miene völlig leer. » Ricardo wurde zu Brei geschlagen. Auf seinen Kopf wurde eine Waffe gerichtet. Der suchte gar nichts mehr, wollte nur noch sein Leben retten. Es sind die Asiaten, mit denen wir zuerst reden sollten.«
    » Das klingt logisch.«
    » Das deutet auf ein größeres Problem hin«, fuhr er fort. » Die Texicanos kann ich ja noch verstehen, aber was wollen die Asiaten mit Evelyn? Was treiben die für ein Spiel?«
    » Das ist die Eine-Million-Dollar-Frage.«
    Er brachte es noch mehr auf den Punkt. » Evelyn war Leiterin des Drogendezernats. Los Texicanos kontrollieren den Drogenhandel in Atlanta. Das tun sie seit zwanzig Jahren.«
    » Mit Sicherheit.«
    Will spürte den vertrauten Schmerz, als würde er mit dem Kopf gegen eine Mauer rennen. So wie jetzt führte sie ihn immer an der Nase herum, wenn sie Informationen hatte, die sie nicht preisgeben wollte. Irgendwie war es diesmal schlimmer, denn sie spielte nicht nur mit ihm herum, sondern deckte auch ihre alte Freundin.
    Er versuchte es trotzdem. » Sie haben gesagt, der Kerl in dem Hawaii-Hemd wurde extra wegen ›dieser Sache‹ hierhergeschickt. Was ist ›diese Sache‹? Entführung? Der Versuch, das zu finden, was Evelyn in ihrem Haus versteckt hatte?«
    » Ich glaube nicht, dass heute noch irgendjemand das findet, wonach er sucht.« Sie machte eine Pause, damit bei Will auch wirklich ankam, was

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