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Harter Schnitt

Harter Schnitt

Titel: Harter Schnitt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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und durch Evelyns Hinterhof. Man geht am Zaun zwischen den Nachbarn entlang und ist in zwei Minuten dort.«
    » Was glauben Sie, wie viele Männer es waren?«
    » Vor Ort haben wir drei Tote. Dann sind da noch der verletzte B-negative und mindestens ein Unverletzter. Evelyn hätte sich nie ohne Gegenwehr an einen anderen Ort bringen lassen. Lieber hätte sie es riskiert, erschossen zu werden. Es muss jemand dabei gewesen sein, der stark genug war, sie zu fesseln oder zu überwältigen.«
    Will fügte nicht hinzu, dass die Männer sie genauso gut umgebracht und die Leiche entsorgt haben könnten. » Sicher wissen wir das erst, wenn wir die Fingerabdrücke haben. Sie müssen alle irgendetwas berührt haben.«
    Abrupt wechselte Amanda das Thema. » Haben Sie und Faith je über die Ermittlungen gegen ihre Mutter gesprochen?«
    » Nicht wirklich. Ich habe ihr nie von dem Bankkonto erzählt, weil es keinen Grund dafür gibt. Sie nimmt an, dass ich mich geirrt habe. Viele Leute tun das. Meine Ermittlungen gegen sie schafften es nie vor ein Gericht. Evelyn ging mit vollen Bezügen und allen Vergünstigungen in Pension. So kann man leicht zu dem Schluss kommen.«
    Sie nickte, als stimmte sie dem zu. » Der Mann im Kofferraum, den Sie Evelyns Freund nennen. Reden wir über ihn.«
    » Falls er ihr die Einkäufe ins Haus trug, legt das nahe, dass sie eine persönliche Beziehung hatten.«
    » Das ist sicherlich möglich.«
    Will dachte über den Kerl nach. Man hatte ihm in den Hinterkopf geschossen. Seine Brieftasche und der Ausweis waren nicht das Einzige, was bei seiner Leiche fehlte. Er hatte auch kein Handy. Er trug die dicke, goldene Uhr nicht, die er auf Mrs. Levys Foto am Handgelenk gehabt hatte. Seine Kleidung war unauffällig– Nikes mit orthopädischen Einlagen von Dr. Scholl, Jeans von J. Crew und ein Hemd von Banana Republic, das viel Geld gekostet hatte, auch wenn er sich nie die Mühe gemacht hatte, es zu bügeln. Der Ziegenbart am Kinn war grau meliert. Die Stoppeln auf seinem glänzenden Schädel deuteten darauf hin, dass er eher den männlichen Haarausfall kaschierte, als eine selbstbewusste modische Aussage zu treffen. Abgesehen vom Los-Texicanos-Stern auf seinem Unterarm, hätte er auch ein Börsenmakler in einer Midlife-Crisis sein können.
    Amanda sagte: » Ich habe im Drogendezernat nachgefragt. Es gab da einiges Murren, weil die Asiaten den Kokainhandel an sich reißen wollten. Seit dem Niedergang der BMF war der ja zu haben.«
    Die Black Mafia Family. Sie hatte den Koksverkauf von Atlanta über Detroit bis L. A. kontrolliert. » Das ist viel Geld. Die Family machte Hunderte Millionen pro Jahr.«
    » Los Texicanos hatten das Sagen. Sie waren immer Lieferanten, keine Verteiler. Eine ziemlich schlaue Art, die Sache anzugehen. Trotz dem, was Charlie über Rassen denkt, ist es ihnen egal, ob der Dealer schwarz oder braun oder lila ist, solange nur das Geld grün ist.«
    Einen großen Drogenfall hatte Will noch nie bearbeitet. » Ich weiß nicht viel über die Organisation.«
    » Los Texicanos wurde Mitte der Sechziger im Atlanta Penitentiary gegründet. Die demographische Verteilung war damals das genaue Gegenteil von heute– siebzig Prozent Weiße, dreißig Prozent Schwarze. Crack veränderte das über Nacht. Das funktionierte schneller als die Rassenmischung in Schulen. Damals waren in dem Knast nur eine Handvoll Mexikaner, und sie schlossen sich zusammen, damit man ihnen nicht die Kehlen aufschlitzte. Sie wissen, wie das läuft.«
    Will nickte. So ziemlich jede Gang in Amerika hatte als Minderheitengruppe angefangen, ob es nun Iren, Juden, Italiener oder andere waren, die sich zusammenrotteten, um zu überleben. Im Allgemeinen dauerte es ein paar Jahre, bis sie anfingen, Schlimmeres zu tun, als man ihnen angetan hatte.
    » Wie sieht die Struktur aus?«
    » Ziemlich locker. Was Organisation angeht, kommt an die MS -13 keine hin.« Sie meinte eine Band, die oft als die gefährlichste Gang der Welt bezeichnet wurde. Deren Organisationsstruktur machte dem Militär Konkurrenz, und ihr Zusammenhalt war so eng, dass man sie bisher nicht erfolgreich hatte infiltrieren können.
    Amanda erklärte: » In den Anfangszeiten waren Los Texicanos jeden Tag auf dem Titelblatt der Zeitung, manchmal in beiden Ausgaben. Schießereien auf den Straßen, Heroin, Hasch, Zahlenlotto, Prostitution, Raub. Ihr Markenzeichen war das Verstümmeln von Kindern. Sie nahmen sich nicht einfach die Person vor, die sich mit ihnen angelegt

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