Harter Schnitt
getan.«
» Das ist mein Junge.«
Will sah die Bäume am Rand des Highways zu einer grünen Mauer verschmelzen. » Glauben Sie, es wird eine Lösegeldforderung geben?«
» Ich hoffe es.« Sie wussten beide, dass eine Forderung auf eine lebende Geisel hindeutete oder zumindest eine Möglichkeit war, einen Lebensbeweis zu fordern.
Er sagte: » Es fühlt sich nach etwas Persönlichem an.«
» Inwiefern?«
Er schüttelte den Kopf. » Das Haus war völlig verwüstet. Es gibt Zorn, und es gibt Raserei.«
» Ich kann mir nicht vorstellen, dass das alte Mädchen still dabeisaß, während sie ihr Haus auf den Kopf stellten.«
» Wahrscheinlich nicht.« Evelyn Mitchell war keine Amanda Wagner, aber Will konnte sich gut vorstellen, wie sie die Männer verspottete, die ihr Haus verwüsteten. Man wurde nicht einer der ersten weiblichen Captains der Polizei von Atlanta, indem man nett und freundlich war. » Sie suchten offensichtlich nach Geld.«
» Warum sagen Sie das?«
» Muscheln– das letzte Wort, das Ricardo zu Faith sagte, bevor er starb. Sie sagten, das ist der Slang-Ausdruck für Geld. Das heißt, sie suchten nach Geld.«
» In der Besteckschublade?«
Ein gutes Argument. Bargeld war nett, aber es war auch lästig. Eine Menge, die es wert war, eine ehemalige Führungskraft der Polizei von Atlanta zu entführen, würde mehrere Besteckschubladen füllen.
Er sagte: » Der Pfeil zeigte in den Hinterhof.«
» Was für ein Pfeil?«
Will unterdrückte ein Stöhnen. So offensichtlich machte sie es normalerweise nicht. » Der Pfeil aus Evelyns Blut auf der Unterseite des Stuhls, an den sie mit Klebeband gefesselt war. Ich weiß, dass Sie ihn gesehen haben. Sie haben gezischt wie ein Kompressor.«
» Sie sollten wirklich an Ihren Metaphern arbeiten.« Sie schwieg einen Augenblick, überlegte sich wahrscheinlich die umständlichste Route, um ihn nirgendwohin zu führen. » Glauben Sie, Evelyn hat in ihrem Garten einen Schatz vergraben?«
Er musste zugeben, dass das unwahrscheinlich schien, vor allem, da ihr Hinterhof für alle Nachbarn gut einsehbar war, von denen die meisten Rentner waren und viel Zeit zum Spionieren hatten. Außerdem konnte Will sich Faith’ Mutter nicht mitten in der Nacht mit Schaufel und Taschenlampe vorstellen. Allerdings war es auch nicht so, dass sie es auf die Bank hätte bringen können.
» Bankschließfach«, gab Will zu bedenken. » Vielleicht suchten sie nach dem Schlüssel.«
» Evelyn würde zur Bank gehen und unterschreiben müssen, um Zugriff zu bekommen. Sie würden die Unterschriften vergleichen, sie nach ihrem Ausweis fragen. Unser Kidnapper müsste wissen, dass von dem Augenblick ihrer Entführung an jeder Fernsehsender ihr Foto bringen würde.«
Will dachte schweigend darüber nach. Außerdem traf hier dasselbe zu wie zuvor. Ein große Menge Bargeld nahm viel Platz ein. Diamanten und Gold waren eher etwas für Hollywood-Filme. Im realen Leben brachten gestohlene Juwelen nur einen Bruchteil ihres wahren Werts ein.
Sie fragte: » Was ist mit dem Tatort? Glauben Sie, Charlie hat alles richtig interpretiert?«
Will schaltete auf Abwehr. » Geredet hat ja vorwiegend Mittal.«
» Okay, Sie haben sich vor Charlie gestellt. Jetzt beantworten Sie meine Frage.«
» Der Texicano im Kofferraum des Malibu, Evelyns Freund. Das wirft alles über den Haufen.«
Sie nickte. » Er wurde nicht erstochen. Er starb an einem Kopfschuss, und außerdem ist er B-positiv. Das heißt, wir haben da draußen immer noch einen B-negativen mit einer hässlichen Wunde.«
» Davon rede ich nicht.« Will verkniff sich den Zusatz: » Und das wissen Sie.« Amanda fesselte ihm nicht nur die Hände hinter dem Rücken, sie verband ihm auch die Augen und führte ihn an den Rand eines Abgrunds. Ihre Weigerung, über Evelyn Mitchells schmutzige Vergangenheit zu reden oder sie auch nur anzuerkennen, würde Faith nicht helfen, und mit absoluter Sicherheit würde sie ihre Mutter nicht heil zurückbringen. Evelyn hatte in der Drogenszene gearbeitet. Sie war fast täglich in Kontakt mit einem ranghohen Mitglied der Los Texicanos gewesen, der Gang, die den Drogenhandel in und um Atlanta kontrollierte. Eigentlich müssten sie jetzt in der Stadt sein, mit Gangmitgliedern reden und die letzten Wochen in Evelyns Leben rekonstruieren, und nicht unterwegs zu einem Kerl, der nichts mehr zu verlieren hatte und für sein stures Schweigen berüchtigt war.
» Also kommen Sie, Dr. Trent, muss ich Ihnen denn alles aus der Nase
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