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Harter Schnitt

Harter Schnitt

Titel: Harter Schnitt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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» Wo sind Sie?«
    » Bin eben nach Hause gekommen. Auf der 675 hatte sich ein Wohnwagen quergestellt. Es dauerte drei Stunden, bis die Straße wieder frei war.«
    » Warum waren Sie dort unten?«
    » Wir waren im D&C .«
    Faith’ Magen zog sich zusammen.
    Will redete nicht lange herum. Er erzählte ihr von seinem Gefängnisbesuch und dem Mord an Boyd Spivey. Faith legte sich die Hand auf die Brust. Als sie noch jünger war, war Boyd ein häufiger Gast bei Familienessen und Grillpartys gewesen. Er hatte Jeremy das Radfahren beigebracht. Und dann hatte er so offen mit Faith geflirtet, dass Bill Mitchell vorgeschlagen hatte, er solle sich eine andere Wochenendbeschäftigung suchen. » Weiß man, wer es war?«
    » In diesem Teilbereich war zufällig die Überwachungskamera ausgefallen. Der ganze Laden ist abgeriegelt. Alle Zellen werden durchsucht. Der Direktor ist nicht sehr zuversichtlich, dass sie irgendetwas finden werden.«
    » Da muss es Hilfe von außen gegeben haben.« Vermutlich war ein Wachmann bestochen worden. Kein Insasse hätte die Zeit, eine in einem Gefängniskorridor montierte Kamera außer Betrieb zu setzen.
    » Das Personal wird befragt, aber die Anwälte sind schon vor Ort. Diese Jungs sind nicht gerade alltägliche Verdächtige.«
    » Geht es Amanda gut?« Faith schüttelte über ihre eigene Dummheit den Kopf. » Natürlich geht es ihr gut.«
    » Sie hat bekommen, was sie wollte. Dadurch haben wir jetzt eine Hintertür zu dem Fall Ihrer Mom entdeckt.«
    Das GBI war zuständig für alle Todesermittlungen innerhalb staatlicher Gefängnisse. » Schätze, das ist so was wie eine gute Nachricht.«
    Will schwieg. Er fragte nicht, ob es ihr gut gehe, weil er die Antwort bereits kannte. Faith dachte daran, wie er ihr heute Nachmittag die Hand gehalten und sie so dazu gebracht hatte, ihm genau zuzuhören, während er ihr einschärfte, was sie zu sagen hatte. Seine Zärtlichkeit war unerwartet gewesen, und sie musste sich so heftig aufs Wangenfleisch beißen, dass sie blutete, um nicht zusammenzubrechen und zu weinen.
    Will sagte: » Wissen Sie, dass ich Amanda noch nie auf die Toilette gehen sehen habe?« Er unterbrach sich. » Ich meine, nicht direkt beim Pinkeln, aber als wir das Gefängnis verlassen hatten, fuhr sie zur nächsten Tankstelle und ging hinein. Ich habe noch nie erlebt, dass sie eine solche Pause brauchte. Sie?«
    Faith war an Wills merkwürdige Abschweifungen gewöhnt. » Nein, ich auch nicht.« Amanda war bei diesen Familienessen und Grillpartys mit Boyd ebenfalls dabei gewesen. Sie hatte mit ihm gescherzt, wie Polizisten es eben tun– hatte seine Männlichkeit infrage gestellt, seine Karriere bei der Truppe trotz seiner mangelnden intellektuellen Fähigkeiten gelobt. Sie war nicht völlig aus Stein. Boyd sterben zu sehen, das hatte sie sicher mitgenommen.
    Will sagte: » Es war sehr verwirrend.«
    » Kann ich mir vorstellen.« Faith stellte sich Amanda an der Tankstelle vor, wie sie in die Kabine ging, die Tür schloss und sich zwei Minuten der Trauer um einen Mann gestattete, der ihr früher etwas bedeutet hatte. Danach hatte sie wahrscheinlich ihr Make-up und ihre Frisur kontrolliert, dem Tankwart den Schlüssel zurückgegeben und ihn dabei gefragt, ob sie die Toilette abschlossen, damit sie auch wirklich niemand putzen könne.
    Will sagte: » Wahrscheinlich betrachtet sie Urinieren als Schwäche.«
    » Das tun die meisten.« Faith setzte sich auf die Couch. Er hatte ihr das beste Geschenk gemacht, das sie im Augenblick erhalten konnte: einen Moment der Ablenkung. » Danke.«
    » Wofür?«
    » Dass Sie heute hier waren. Dass Sie Sara dazugeholt haben. Dass Sie mir gesagt haben, was ich…« Ihr fiel ein, dass das Telefon abgehört wurde. » Dass Sie mir gesagt haben, dass alles wieder gut wird.«
    Er räusperte sich. Ein kurzes Schweigen entstand. Er war schrecklich in solchen Situationen, fast so schlimm wie sie. » Haben Sie darüber nachgedacht, wonach die Männer gesucht haben könnten?«
    » Ich kann über nichts anderes nachdenken.« Sie hörte, wie die Kühlschranktür geöffnet und geschlossen wurde. Zeke schrieb wahrscheinlich eine Liste von Lebensmitteln, die sie nicht im Haus haben sollte. » Was kommt als Nächstes?«
    Er zögerte.
    » Sagen Sie’s mir.«
    » Gleich morgen früh fahren Amanda und ich nach Valdosta.«
    Das Valdosta State Prison. Ben Humphrey und Adam Hopkins. Sie redeten mit jedem aus dem alten Team ihrer Mutter. Faith hätte das erwarten müssen, aber die

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