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Hartmut und ich: Roman

Hartmut und ich: Roman

Titel: Hartmut und ich: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Uschmann
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Flasche Wein und eines dieser bebilderten Bücher mit erbaulichen Sprüchen von Hermann Hesse bis Konfuzius in der Hand. Ich hielt es ja für übertrieben, fremden Menschen zur Vorstellung als neue Nachbarn eines dieser weisen kleinen Geschenkbüchlein mitzubringen, aber Hartmut hatte für alle Nachbarn ein Exemplar gekauft, mit Rabatt.
    »Ja, also, was sagt man an so einer Stelle?«, fragt jetzt unsere Vermieterin und lacht so halb ironisch, den Blick abwesend auf den Karton mit Playstation-Spielen gerichtet, die ich noch ins Wohnzimmerregal sortieren muss. »Haben Sie halt Spaß mit der Wohnung und schauen Sie, dass alles vernünftig bleibt.« Während sie das sagt, lacht sie unterschwellig, als wüsste sie, dass sie gerade Unsinn redet und selbst jedes zufällige Abrutschen mit dem Bohrer dieses Haus nur verbessern kann. »Ja!«, sagt jetzt der kleine Mann und steht schwungvoll von dem Bierkasten auf, auf dem er trotz freier Stühle die ganze Zeit gehockt hat. Sein zum Aufbruch animierendes Grinsen wird von einem kurzen Zusammenkneifen der Augen getrübt, da sich beim Aufstehen die Flaschenköpfe stärker in seinen Hintern drücken, doch als er sich wieder gefangen hat, zieht er seine kraftlose Frau sanft aus dem Stuhl und schiebt sie in den Flur. Gelbes Licht fällt aus dem Bad auf unsere Verabschiedung, ich schiele zu meinem Badewannen-Anbau-Projekt und freue mich aufs Weiterbasteln. Als die Vermieter durch den Hausflur verschwinden, sehen Hartmut und ich uns an und schütteln lachend die Köpfe.
    Zwei Stunden später ist es so weit. Die Ablage ist fertig, ich habe Kerzen, zwei Romane, drei Comics, Wein und Plätzchen darauf positioniert und gleite in das heiße, gut duftende Wasser. Man muss ein wenig klettern, um in diese Wanne zu kommen, sie ist außerordentlich hoch gebaut, ich throne in ihr wie der König des Hauses. Ich denke an mein Leben, als ich bis zur Nasenspitze in der Wärme versinke, und muss lächeln. Die Außenstelle Herne hat mich angenommen, wir haben diese Riesen-WG für kleines Geld, ich liege in einer herrlichen Wanne, die Playstation im Wohnzimmer ist angeschlossen und die 350 Spiele sind ins Regal sortiert. Ich kann zufrieden sein. Kaum habe ich ein paar Mal tief und entspannend geatmet und will gerade zur Flasche greifen, als die Tür aufspringt und Hartmut vor mir steht. Das Bad ist bei uns ein Durchgangsraum, und Hartmuts Zimmer schließt direkt daran an. Zwar hat Hartmut einen eigenen Ausgang nach draußen sowie eine Tür in den Hausflur durch den Lagerraum hinter seinem Zimmer, aber durchs Bad sind es nur ein paar Schritte zum Flur und in den Ostflügel, wo Küche, Wohnzimmer und ich residieren. »Das glaubst du nicht!«, sagt er und sieht mich mit großen Augen an. Ich seufze und lasse langsam das Heft sinken. Es plätschert.
    »Was?«
    »Das musst du sehen!«
    »Hartmut, ich bade gerade!«
    »Aber nicht mehr lange, wenn wir Pech haben!«
    Ich stutze. Ist Hartmut wirklich panisch oder tut er nur so?
    »Schnell, schnell, komm, du musst dir das ansehen!«
    Ich steige aus der Wanne, ziehe mir meinen Bademantel über und folge Hartmut in den Flur, als der plötzlich die Wohnungstür öffnet. »In den Keller, wir müssen in den Keller!«, sagt er hastig und zieht mich hinter sich her, um mich im Bademantel in den Keller zu führen. Die alten, schmalen Treppenstufen knirschen. Ich tropfe. Weberknechtleichen bleiben in meinen nassen Haaren hängen. Ich bete für Hartmut, dass er einen guten Grund hat, mich aus meinem ersten Bad in der neuen Wohnung zu reißen.
    Er hat ihn.
    Hartmut richtet den Spot seiner Taschenlampe auf eine Bombe.
    Kaum erkennbar, zwischen alten Autoteilen, zerbeulten Blechwannen und verrostetem Schrott eingeklemmt, streckt sie uns ihre freche stählerne Rundung entgegen. Wir erkennen so was, da wir eine Menge Trash-Reportagen über Bombenentschärfer gesehen haben.
    Eine Bombe.
    Ich stehe im Bademantel, mit Weberknechtleichen in den Haaren im Keller meiner neuen Behausung und starre auf eine Bombe. Oben wartet warmes, nach Eukalyptus, Lavendel und blauer Lagune duftendes Badewasser auf mich, und hier unten liegt eine alte Bombe aus einem Weltkrieg.
    »Was machen wir jetzt?«, frage ich, doch Hartmut hat schon einen Monolog begonnen.
    »Das kann doch nicht sein, dass das noch keiner gesehen hat. Haben die denn alle noch nie in diese Räume geguckt? Benutzen die denn alle nur die Scheune als Abstellraum?« Ich sehe Hartmut an, wie wir hier gekrümmt in einem Keller

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