Hartmut und ich: Roman
Moment eintreffen«, sage ich, und in der Tat geht in dem Augenblick die Klingel. Ich verdränge den Stolz über meine logistischen Fähigkeiten, atme einmal tief durch, gehe zur Tür, öffne sie, lächele und höre, wie meine Überraschung sagt: »Puh, das ist aber eine ganz üble Luft bei euch, heute!« Ich lache und flüstere: »War einmal nötig, um ihn aus seinem Bau zu locken … « Die Überraschung sagt: »Ist er …?« und deutet mit dem Kopf zur Küche. Ich nicke. Dann sage ich: »Hartmut, komm mal her!«, und er schleicht vorsichtig in den Flur. Das Glitzerlicht der Discokugel schimmert herüber, und als ich die Tür ganz öffne, steht da Hartmuts alte Liebe Susanne, die er damals verstoßen hat, weil sie ihm all das riet, was er heute seinen Kunden über eMail schreibt und was er so gut zu leben versteht, wenn er mal gerade nicht vom Weg abgekommen ist. Er hat sich nie getraut, sie mal wieder anzurufen. Also hab ich es getan. Susanne war beeindruckt, dass sich ein Mann so verändern kann. Und sie war neugierig. »Bring ihn zurück«, bat ich sie. »Bring ihn zurück, und du wirst deine Freude mit ihm haben.« Hartmut steht im Flur und starrt Susanne an wie eine Fata Morgana. Er zittert leise. Er weiß nicht, was er sagen soll. »Hallo!«, sagt Susanne, und ich sage: »Es geht um das wirklich Wichtige, Hartmut. Um Liebe und so.« Dann zieht Susanne wie geplant ein Paar getigerte Plüschhandschellen aus der Tasche und hält sie wie einen Köder in die Wohnung. Ihr Lächeln ist zauberhaft. Ich könnte neidisch werden. »Kann ich reinkommen, Hartmut?«, fragt sie. Ich bin stolz auf mich.
Am nächsten Morgen stehe ich in der Küche, höre R.E.M. und befreie den Boden gerade von der dritten Schmutzschicht. Fünf leere Kisten Bier stehen im Flur gestapelt, und zwei Müllsäcke habe ich zusammengebunden. Yannick spielt mit den Zotteln des Wischmopps, und ich pfeife »Losing my religion« mit, als ich noch mehr Wasserblumenputzmittel verteile und Hartmut und Susanne Händchen haltend aus dem Ostflügel der Wohnung kommen.
»Ihr seid spät dran«, sage ich lächelnd und blicke auf die Uhr. Es ist elf.
»Na ja, man sollte das Leben halt nicht so eng sehen«, sagt Hartmut, küsst Susanne und holt Geschirr aus dem Schrank. Wenig später sitzen wir am Frühstückstisch und essen frisch zubereitete Vollwertkost samt fertigem Schokoladenkuchen aus der Tüte. Susanne hat die Plüschhandschellen neckisch an der Hose hängen. Hartmut schielt herüber. Es ist ein guter Tag.
DANKSAGUNG
Mein Erdbeercrêpe!
Ohne Dich hätte es dieses Buch nie gegeben.
Du bist großartig und das Beste, was mir jemals passiert ist!
Yannick schnurrt auf den Terrakottafliesen …
… und freut sich auf alles, was da kommt.
Die Hui-Welt
Mehrere hundert Treffer verzeichnet Google mittlerweile für den Gebrauch des Adjektivs »hartmutesk«. Hartmutesk sein bedeutet, die Welt wie ein Videospiel zu betrachten, in dem alle Handlungsoptionen offen sind, solange man sich traut, sie auszuführen. Hartmutesk sein bedeutet, das Rauschen der öffentlichen Meinung zu ignorieren, den Kanon zu düpieren und zu leben, wie man will. Hartmutesk ist, wer sich gerne in Details verstrickt, alles hinterfragt und lieber aus dem Fluss steigt, als gegen den Strom zu schwimmen.
Sylvia Witt und Oliver Uschmann sind hartmutesk. Gemeinsam erschaffen sie seit 2004 die Hui-Welt, in der alles mit allem zusammenhängt. Romane, Homepages, Hörbücher, improvisatorische Multimedia-Live-Auftritte und aufwendige Aktionen. Unter www.hartmut-und-ich.de laden sie in die Bochumer WG der ersten Romane ein und geben den Figuren eine Stimme. Jochen veröffentlicht dort seinen »Trashtest«, Hartmut und »Ich« diskutieren regelmäßig in der »Wannenunterhaltung« dialektisch über Musik. Auf www.wandelgermanen.de zum gleichnamigen Roman kann man zehn Spiele spielen und beim Quizzen diffizilste Details zur Hui-Welt erfahren. Unter www.haus-der-kuenste.de finden sich die Bilder der Künstler, die bei Sylvia Witt ausstellen und ihren Weg inzwischen auch in die Hartmut-und-ich-Bücher finden. Oliver Uschmann wiederum betätigt sich unter www.wortguru.de ähnlich wie Hartmut als Ratgeber, allerdings nicht für das Leben, sondern für das Schreiben. Hier bietet er Seminare und Textprüfungen an und entdeckt ab und an ein hartmuteskes Schriftstellertalent. Auf der Bochumer Hui-Seite kann man Requisiten aus den Romanen erwerben, jede Leserpost wird persönlich beantwortet, wer mit
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