Haschisch - Konsum, Wirkung, Abhängigkeit, Selbsthilfe, Therapie
lernen«
Es ist egal, wie du dich bewegst.
Die Hauptsache ist,
dass du nicht stehen bleibst.
(Konfuzius)
Das folgende Kapitel ist für selbst Cannabis konsumierende Leser sicherlich eines der schwierigsten und unangenehmsten. Es ruft leicht innere Widerstände hervor und wird nur verstanden, wenn es mit der gebotenen inneren Distanz sowie ohne ideologische Scheuklappen gelesen wird. Wichtig für das Verständnis ist, dass die Aussagen des Kapitels der praktischen Alltagsarbeit in der Drogenberatung entstammen und sich auf gewohnheitsmäßige Cannabiskonsumenten beziehen. Jugendliche Konsumenten werden den Wahrheitsgehalt der Worte nur mit Widerwillen an sich heranlassen, Altkonsumenten unter Umständen eine schmerzhafte Rückschau auf verlorene Lebensjahre oder vertane Lebenschancen halten. Bei Eltern konsumierender Jugendlicher kann es die besorgte Frage verstärken, was mittel- wie langfristig aus ihren Kindern werden wird.
Viele der regelmäßig Haschisch und Marihuana gebrauchenden jungen Menschen teilen ein gemeinsames Problem: Sie sind in unterschiedlichem Ausmaß, aber immer deutlich wahrnehmbar, in ihrer inneren Reifung blockiert. Cannabis kommt in solchen Fällen eine doppelte Funktion zu: Zum einen sind die Schwierigkeiten vieler Heranwachsender, selbstbewusst in die Welt zu gehen, häufig Ursache wie Auslöser für den Umgang mit der Rauschdroge. Zum anderen werden mit den Wirkungen der Substanz die Probleme, welche die Anforderungen des Lebens bereiten, überspielt. Entfaltet Cannabis seine wachsende Eigendynamik und werden Haschisch und Marihuana zu einem bestimmenden Lebensmittelpunkt, verdoppeln sich die Schwierigkeiten, mit Neugier auf das Leben und voller Tatendrang in die Welt zu ziehen.
Der Cannabisgebrauch junger Menschen führt uns mitten hinein in die Turbulenzen von Pubertät, Adoleszenz und Erwachsenwerden. Der Lebensfluss der Heranwachsenden wird hier von einer gänzlich neuen Dynamik erfasst. Keine zweite Lebensphase stellt in so kurzer Zeit so und so geballt eine vergleichbare Menge an mühselig zu bewältigende Lebensaufgaben. Zwar drängen relativ plötzlich ungeahnte, bisher nicht verfügbare Entwicklungsmöglichkeiten an. Doch der für eine angemessene geistig-seelische wie körperliche Entwicklung stimmige Gang der Dinge vollzieht sich geradlinig und ohne eigenes Zutun. Die wachsenden Lebensmöglichkeiten wollen bestimmungsgemäß genutzt werden, um die Zeit der Lebensstürme, Krisen, Risiken und Chancen erfolgreich zu durchlaufen. Der zu bewältigende Abschied von der Kindheit führt Schritt für Schritt in die Welt des Erwachsenseins. In der sich modern verstehenden Zivilisation werden die Heranwachsenden auf ihrem mit Stolpersteinen und Fallstricken versehen Weg weitgehend alleingelassen. Folglich gleicht Erwachsenwerden in unserer Kultur vielfach einem »Zufallsgeschehen«. Es fehlen uns die Initiationsriten »primitiverer« Kulturen, auf die wir mit verbreiteter zivilisatorischer Überheblichkeit so gern herabsehen. Viel zu sehr alleingelassen und auf sich selbst gestellt, schaffen sich junge Menschen ihre eigenen Rituale. In der gefühls- wie beziehungsmäßig verarmten Konsumgesellschaft erfüllt der Cannabisgebrauch in der Phase des Heranwachsens mithin den Zweck eines verkümmerten Aufnahmerituals: zuerst in die Gruppe der Gleichaltrigen, danach in die Welt des Erwachsenseins.
Die praktische Arbeit mit Cannabisgebrauchern erweist immer aufs Neue, wie schwer sie sich auf dem Weg ins Leben tun. An Weichen stellenden Weggabelungen verharren sie unschlüssig, antriebs- und orientierungslos. Nicht selten bleiben sie stehen, weichen sogar lieber zurück, um in den Kinderschuhen stecken zu bleiben, als den nächsten Schritt nach vorn zu wagen. Die Übernahme altersgemäßer Rollen wird zur unüberbrückbaren Hürde. Das Hineinwachsen in die Erwachsenenrolle wird gar vollends gescheut. Die Abneigung dagegen ist nicht einmal nur negativ zu bewerten. Fragwürdige männliche wie weibliche Erwachsenenrollen, wie sie unsere hinsichtlich wirklich menschlicher Substanz kranke Konsumgesellschaft vorgibt, innerlich abzulehnen, zeugt durchaus von sehr gesunden seelischen Kräften. Das Weiterwachsen in das Erwachsenendasein ist allerdings trotzdem zu bewältigen, nur wird die persönliche Orientierung unter Umständen zweifach schwieriger, wenn man eine eigenwillig gelebte Erwachsenenrolle auszufüllen bestrebt ist. »Seines eigenen Glückes Schmied« zu sein stellt an die private wie
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