Haschisch - Konsum, Wirkung, Abhängigkeit, Selbsthilfe, Therapie
Probleme haben. Solange jemand da ist, mit dem ich kiffen kann, ist alles in Ordnung.«
Alles im Leben wird gleich-gültig, oder umgekehrt: gleich unbedeutend. Das Einzige, was zählt, ist das Kiffen; und ein leiser innerer Restzweifel, wie wiederum Amon Barth bestätigt:
»Manchmal denke ich, dass ich mir nichts dazukiffe, keine neue Welt, … sondern dass ich mir etwas wegkiffe: meine wirklichen Interessen.«
In aller Regel finden sich die Ursachen für die demotiviert-resignative Lebenshaltung in einer familiären oder sonstigen sozialen Vorgeschichte der Kiffenden. Nicht selten sind sie bereits depressiv herabgestimmt und gebrauchen Cannabis anfangs mit dem Ziel, das Leid ihrer gequälten Seele zu lindern. Unglücklicherweise erfahren Gewohnheitskiffer mit hoher Wahrscheinlichkeit durch die Verminderung der Anandamidrezeptoren im Gehirn eine zusätzliche zweite Down-Regulierung. Ihr nicht von der Hand zu weisendes Risiko besteht folglich darin, dass sie durch ihren Cannabisgebrauch in einen schwer zu durchbrechenden Teufelskreis gelangen. Haschisch ist zwar in der Regel nicht der alleinige Verursacher ihrer Schwierigkeiten, aber es beschert ihnen aufgrund seiner spezifischen Wirkungen zusätzliche Probleme. Für junge Menschen mit depressiver oder amotivationaler Vorbelastung ist Cannabis im wahrsten Sinne des Wortes ein Gift, das die Nutzung von Lebenschancen empfindlich behindert.
Wie belastend die Wesensveränderungen junger Menschen unter dem ständigen Einfluss von Cannabis für deren Angehörige sein können, beschreibt mir eine Mutter in einem Brief, der für sie ein Notruf ist:
»Mein Sohn, 20 Jahre, verhält sich seit fast 3 Jahren konstant unmotiviert, sehr antriebslos, tagsüber ständig müde, schlecht gelaunt, launisch. Zu Hause zieht er sich zurück, weicht den Gesprächen aus, findet alles blöd hier, geht jeden Abend zu Freunden, wo die meisten auch kiffen, kommt spät nach Hause, schwänzt die Berufsschule. Körperlich lässt er sich auch schon lange hängen. Morgen … sagt er, alles möchte er ›morgen‹ beginnen, verändern – aber nichts tut sich. Ich habe Angst, dass er gar nicht mehr aus dieser Antriebslosigkeit rauskommt und vielleicht noch ganz depressiv wird. Aber er weicht jedem Gespräch aus. Nichts hilft – kein Streiten, Drohen, Sprechen, Mutmachen – nichts. Es liegt eine Spannung in unserem Familienleben. Jedes Mitglied leidet auf seine Weise. Nichts hat bis jetzt geholfen.«
Es gehört leider zum Gesamtbild der downregulierten Kiffer, dass ihnen die Befindlichkeiten ihrer Eltern oder Geschwister entweder gleichgültig sind, sie nicht einmal ein Gespür dafür haben oder dass heimliche Scham- und Schuldgefühle deswegen schlichtweg wieder weggekifft werden. Trifft chronischer Cannabiskonsum mit seiner Sogwirkung nach unten auf die altersspezifischen hochsensiblen Umstände der hirnorganischen Entwicklung bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen, kann sich für alle Beteiligten eine wahrhaft schwierig zu ertragende Gesamtsituation ergeben. Um diese Mechanismen noch besser verstehen zu können, verweise ich auf die entsprechenden Kapitel zur Entwicklung der Hirnstrukturen Heranwachsender in meinem Buch »Drogen & Sucht. Ein Handbuch über alles, was Sie wissen müssen«.
Menschlich unzulässig wie sachlich verfehlt ist es, bei jenen Menschen einen ursächlichen Zusammenhang zwischen Cannabiswirkung und Demotivation herleiten zu wollen, die im Vollbesitz ihrer geistigen und seelischen Kräfte dem Leistungsgedanken in unserer Gesellschaft ein entschiedenes »Nein« entgegenhalten. Karriere ist für sie kein Lebensziel mehr. Sie reden nicht nur von notwendigen Veränderungen des Lebensstils, sondern leben sie vor. Cannabis ist ihnen dann ein gelegentlich willkommener und angenehmer Begleiter für genussvolle Stunden. Das amotivationale Syndrom existiert für sie nicht.
Als willkommener Sündenbock für die wachsenden Lebensschwierigkeiten einer Großzahl jugendlicher Kiffer ist Cannabis die falsche Adresse. Bei einer differenzierten Betrachtung der mit Cannabiskonsum einhergehenden Realitäten dürfen und müssen wir Haschisch und Marihuana aufgrund ihrer eigenmächtigen Wirkungsdynamik jedoch eine verantwortlichere Rolle beim Herunterregulieren von Motivation und aktiver Lebensteilhabe bei zahlreichen Kiffern zusprechen, als wir dies in der Vergangenheit getan haben. Die Zahl der Cannabisgebraucher, die in ihrem Leben phasenweise überhaupt nichts mehr geregelt
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