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Haschisch - Konsum, Wirkung, Abhängigkeit, Selbsthilfe, Therapie

Haschisch - Konsum, Wirkung, Abhängigkeit, Selbsthilfe, Therapie

Titel: Haschisch - Konsum, Wirkung, Abhängigkeit, Selbsthilfe, Therapie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: beltz Verlag
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Unbill drohte, sprangen sie plötzlich in die Bresche, um nach dem Motto »So etwas macht doch unser Sohn nicht« Probleme zu verniedlichen. Jener ging währenddessen zu Hause zwei Leidenschaften nach: »Zocken« an seinem hochgerüsteten Computer und Kiffen. Spielemäßig war er überdurchschnittlich erfolgreich. Er »knackte« alsbald jedes Spiel, was ihm folglich langweilig wurde. Beständig war er auf der Jagd nach neuen virtuellen Herausforderungen. Geld genug konnte er ja dafür ausgeben. Hatte er für den Tag genug vom Spielen, zog er sich »eine dicke Tüte rein, um mich dicht zu machen. Wenn ich gar nichts mehr mitkriegen will, rauche ich meinen Bong. Dann bin ich nur noch platt und alles interessiert mich nicht mehr.« Seinen Freunden, die seinen wachsenden Haschischbedarf aufmerksam registrierten und von ihm wissen wollten, weswegen er so viel kiffe, antwortete er, ohne zu zögern:
    »Kiffen ist das Einzige, was ich noch habe. Damit komme ich von Tag zu Tag. Sonst weiß ich nicht mehr, was ich tun soll. Eigentlich langweile ich mich auch, wenn ich allein mit meinem Computer spiele. Aber ich weiß mit mir nichts anderes anzufangen. Und meinen Eltern ist das eh egal. Die sind sowieso nur mit sich selbst beschäftigt und meinen bloß, ich soll’s nicht übertreiben.«
    Etliche ehemalige Freunde hatte der junge Mann mit seiner wachsenden Interessenlosigkeit bereits vor den Kopf gestoßen. Die noch verbliebenen, die ihn nicht fallen lassen wollten, erkundigten sich besorgt bei mir, was sie denn tun könnten, um seinen Weg nach unten zu stoppen.
    Diesen Freunden hat der junge Mann viel zu verdanken. Sie verhinderten seine soziale Verwahrlosung. Als wirkliche Freunde blieben sie mit Hartnäckigkeit beharrlich am Ball und setzten die gemeinsam besprochenen Handlungsmöglichkeiten mit wachsendem Erfolg in die Tat um. Vor allem bildeten sie eine kleine Gruppe, die zusammen für die Schule arbeitete, wobei jeder von den jeweiligen Stärken des anderen profitierte. Zudem waren sie darauf bedacht, ihren Freund von seinen einsamen Gewohnheiten abzulenken. Sie spielten zwar auch gemeinsam mit ihm an dessen Computer, aber der Charakter des Spielens veränderte sich. Begünstigt wurden die Chancen, ihrem Freund hilfreich zu sein, durch die simple Tatsache, dass jener zwar viel Zeit mit Spielen totschlug, aber niemals dem Spiel mit dem höchsten Suchtpotenzial, »World of Warcraft«, erlegen war. So ließ er sich häufiger wieder in aktivere Formen der Freizeitgestaltung einbinden. Es brauchte dennoch seine Zeit, bis er wirklich »über den Berg« war. Danach war er jedoch nicht mehr der bloß passiv konsumierende Stubenhocker, der sich in seinem Leben maßlos langweilte.
    Der junge Mann steht für einen beobachtbaren Trend, der in den letzten Jahren rasend um sich greift. »Zocken«, also das Spielen mit allem, was die Technik hergibt, und Kiffen oder Kiffen und Zocken gehen Hand in Hand, ergeben eine unglückselige Melange. Die durch Cannabis drogierte Welt und die virtuelle Spielewelt addieren sich zu einem doppelten Ausstieg aus der als unerträglich empfundenen realen Welt. Die Wahrnehmung der Realität wird zunehmend fluide, sie verschwimmt. Ganz abgedrehte User wirken einerseits entgrenzt, andererseits völlig eingeschlossen in ihre Scheinwelten. Wird die doppelte Suchtstruktur nicht aufgebrochen, droht die psychosoziale Verwahrlosung. Das Symptom kann nicht bloß die Betroffenen selbst an den Rand des Wahnsinns und darüber hinaus treiben, sondern entwickelt in zunehmend mehr Familien eine suchtdynamische Sprengkraft, die Eltern an den Rand der Verzweiflung und darüber hinaus treibt. Als akute Notfallmaßnahmen haben sich bereits vielerorts Selbsthilfegruppen zusammengefunden.
    Im präventiven Vorfeld ist das Motiv des Nichts-mit-sich-anzufangen-Wissens und der daraus sich ergebenden Langeweile ein Ansatzpunkt bei der Schnittstelle zwischen Motivationsarbeit mit antriebsarmen Cannabiskonsumenten und Beratung oder Therapie. Insbesondere draußen bei der Arbeit vor Ort treffe ich regelmäßig auf sich innerlich leer und gelangweilt fühlende Kiffer. Vor dem Hintergrund der heute verbreiteten Konsummuster ist es von zentraler Bedeutung, einen Fuß in die Tür gewohnheitsmäßig Haschisch konsumierender Cliquen zu bekommen, zumal wenn es sich bei ihnen um erschreckend junge 13- oder 14-jährige männliche Jugendliche handelt. Deren Drogengebrauch ist vielfach so eng mit Langeweile und sinnentleerter Freizeit

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