Haschisch - Konsum, Wirkung, Abhängigkeit, Selbsthilfe, Therapie
dem Schulstress standzuhalten.
Von den vielen Situationen, die Kinder und Jugendliche mit Angst erfüllen, greife ich einige mir mit Hoffnung auf Hilfe erzählte Beispiele heraus. Sie zeigen einerseits die Alltäglichkeit der Angst und andererseits, wie hoffnungslos alleingelassen die Betroffenen sich oftmals lange Zeit fühlen.
Einem 13-jährigen Schüler sah ich seine Angst schon an, kaum dass er vor mir saß. Er war mit einem Freund in eine schulische Kleingruppenberatung gekommen. Ängstlich bis in die Körpersprache erzählte er, was ihn umtrieb. In seiner Klasse waren fast alle Jungen sowie einige Mädchen mit Marihuana oder Haschisch zugange. Ich kannte die Klasse. Es gab zwei sich beharkende Gruppierungen: eine Gruppe deutscher und eine Gruppe türkischstämmiger Jungen. Beide Gruppen trafen sich regelmäßig an ihren bevorzugten Aufenthaltsorten im Stadtviertel. In jeder kreiste der Joint oder der Bong. Unzufriedenheit mit der Situation vor Ort, Langweile, Lustlosigkeit und Orientierungslosigkeit prägten das Zusammensein. Das gemeinsame Kiffen war das verbindende Element in den Cliquen, milderte die unangenehmen Gefühle und hielt die schwelende Aggressionsbereitschaft in Schach. Jeder wartete indes auf den Tag des »Showdowns«, an dem die Cliquen aufeinander losgehen würden.
An beiden Gruppen musste der 13-jährige Klassenkamerad auf seinen täglichen Wegen vorbei. Die türkischen Jungen ließen ihn unbehelligt. Spürbare Angst hatte er vor seinen deutschen Mitschülern, die ihn als ruhigen, strebsamen Außenseiter fortwährend hänselten und anpöbelten. Der Junge war nicht wie sie, gehörte nicht zu ihnen, wurde ausgegrenzt und gemobbt. Er fühlte sich von der Clique bedroht. Seine größte Angst war, dass seine Altersgenossen ihn eines Tages unter Androhung körperlicher Gewalt zwingen würden, Haschisch zu rauchen: »Und dann würde ich wohl mitrauchen. Ich kann mich gegen die doch nicht wehren«, meinte er kleinlaut mit Tränen in den Augen. Der Junge verspürte wenig Zuversicht, Erwachsene könnten ihm in seiner Bedrängnis hilfreich sein. Sein Problem ließ sich jedoch innerhalb des präventiven Gesamtkonzepts der Schule regeln. Bei den Cliquen, die ihn einschüchterten, handelte es sich um ihrerseits verunsicherte Jungen auf der Suche nach Halt. Ihre »starken Arme« waren bloßer Ausdruck von Gefühlen eigener Wertlosigkeit. Alle waren froh und dankbar, mit mir als außenstehendem Dritten über ihre Kiffergewohnheiten sowie ihre sonstigen »Aktivitäten« reden zu können. Völlig unspektakulär erfuhr die Lage über Respekt und Ernsthaftigkeit Entspannung.
Das geschilderte Beispiel ist kein Einzelfall. In schöner Regelmäßigkeit erzählen mir Schüler von ihren Ängsten, in bestimmten Situationen zum unfreiwilligen Konsum von Drogen gezwungen zu werden. In aller Regel sind die Ängste irreal und von der Sache her völlig unbegründet. Zudem werden sie den Jungen und Mädchen häufig von Eltern oder Lehrern eingeimpft, die eigene Ängste und sachlich unhaltbare Fehlinformationen als Tatsachen ausgeben. In solchen Fällen sind die Verunsicherungen der Kinder und Jugendlichen durch entsprechende Richtigstellungen sowie konkrete Verhaltenshinweise auszuräumen. Sie erfahren mithin einen unmittelbaren Zuwachs an Sicherheit.
Einer Lösung harrt derweil noch die begründete Angst eines 14-jährigen Schülers, der auf seiner Suche nach Halt und Zugehörigkeit in eine rechtsradikale, gewaltbereite Gruppe geraten ist, die er als seine Freunde bezeichnet. Der Junge, dem das Gewaltpotenzial seiner Neonazifreunde zu bedrohlich wird, würde sich gern wieder von der Gruppe lösen, hat aber real berechtigte Angst, dass seine Freunde das nicht zulassen werden: »Die machen mich platt.« Seinen Angstpegel dämpft er mit Haschisch und Alkohol.
Die doppelte Panik eines 18-jährigen Schülers ist zweifach durch Cannabis hausgemacht. Nach einem ersten quälenden Entzug von Haschisch wurde er heftigst rückfällig. Er gehört zu den Typen, die Cannabis eigentlich überhaupt nicht vertragen. Es macht ihn rasend schnell so abhängig, dass er sich auf einen unumkehrbar scheinenden Trip der Selbstzerstörung begibt. Ungefähr alle zwei Stunden muss er seinem Suchtdruck nachkommen:
»Wenn ich dann nichts zu rauchen habe, drehe ich total durch. Das halte ich gar nicht aus. Am liebsten würde ich dann alles kaputt schlagen oder den Kopf gegen die Wand hauen. Gestern habe ich mit der Pinzette auf dem Boden die
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